1984: Wie US-Nachrichtendienste die Medien beeinflussten

1984: Wie US-Nachrichtendienste die Medien beeinflussten
Symbolbild
Aufgrund freigegebener CIA-Dokumente kann nun erstmals das Ausmaß nachvollzogen werden, mit dem US-Nachrichtendienste daran arbeiteten, die öffentliche Meinung und Wahrnehmung zu beeinflussen. Demnach handelt es sich bei neuen Erkenntnissen womöglich nur um die Spitze des Eisbergs. 
 
Bei den nun zugänglichen Dokumenten handelt es sich demnach um über 900.000 interne Notizen aus dem Jahr 1984. Diese sind Teil der jüngsten Veröffentlichung von über 900.000 ehemals als geheim klassifizierte Dokumente im Rahmen von CREST (CIA Records Search Tool) und wurden von der investigativen arbeitenden Organisation MuckRock veröffentlicht. Die Inhalte der jüngsten Enthüllungen waren demnach als Antwort auf eine Studie über unautorisierte Enthüllungen gedacht. Diese waren von der CIA-Beamtin Eloise Page angefertigt worden.

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Wie dachte die französische Intelligenzija? Und wie konnte man sie für einen pro-US-amerikanischen Kurs gewinnen?

Um die Verwundbarkeit der Central Intelligence Agency (CIA) gegenüber Enthüllungen der Medien zu untersuchen, beauftragte der Nachrichtendienst den CIA-Generalinspekteur (IG). Page hatte Vermutungen laut werden lassen, wonach die CIA und ihr wohlgesonnene Individuen Anstrengungen unternahmen, um an Universitäten und Journalistenschulen an Einfluss zu gewinnen. Ziel war es demnach, Lehrpläne zu verändern und anzupassen.

Muck Rock führt aus:
Der IG übertrug die Aufgabe an einen Mitarbeiter, der ein vierseitiges geheimes Memo für den Generalinspekteur James Taylor verfasste. Dieser reichte es weiter an [CIA-] Direktor Casey. Der Generalinspekteur billigte das Programm, wonach die Agentur bei Journalistenschulen eingreifen würde."
Die aufsehenerregendsten, aber als geheim eingestuften Abschnitte der CIA-Memos decken dabei die Einstellung der CIA gegenüber dem 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten und die sogenannte Pressefreiheit auf:
Absolute Macht korrumpiert absolut, und die Macht der Medien in diesem Lande zu veröffentlichen, ist so gut wie absolut“, heißt es da etwa.

Mit diesen Worten wurden ironischerweise bisher vor allem die US-Nachrichtendienste selbst bedacht, um deren oftmals äußerst fragwürdigen Praktiken zu charakterisieren. Doch für die CIA waren es vielmehr die angehenden US-Journalisten, deren vermeintliche Korrumpierbarkeit zur Gefahr heranreifen könnte. Nicht zufällig setzte sie daher den investigativen Journalismus mit „feindlicher Spionage“ gleich:
Wir können präzise Parallelen im Bereich der Methodik, der Resultate und Motive benennen, in denen die Absichten der Medien, uns zu durchdringen und den Versuchen unserer Opponenten aufzeigen. Vielleicht ist es an der Zeit für eine Offensive [gegen die Medien]“, heißt es weiter.
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Die 1980er Jahre waren geprägt von Anschuldigungen gegen die CIA im Rahmen des Church Committees der Jahre 1975 bis 1976. Das Kongress-Komitee unter Vorsitz von Frank Church deckte damals die Gesetzlosigkeiten der CIA und weiterer Regierungsbehörden wie des FBI und der NSA auf. Diese Enthüllungen beinhalteten etwa Mordanschläge im Ausland, illegale Abhöraktionen, Spionage, die Platzierung von heute „Fake News“ genannten Meldungen und die Unterbringung von Spionen und CIA-Sympathisanten in US-amerikanischen und ausländischen Nachrichtenagenturen.

Etliche dieser Programme wurden demnach in den 1980er Jahren zurückgefahren oder eingestellt.
Die Dokumente aus dem Jahr 1984 repräsentieren dabei mutmaßlich eine Periode, in der die CIA eine Phase der Restrukturierung erlebte, um die öffentliche Meinung effektiver beeinflussen zu können. Dazu heißt es in den nun veröffentlichten Unterlagen:

Eine US-Ehrenformation der Ramstein Luftwaffenbasis erweist fünf im Jemen gefallenen Kamerade die letzte Ehre.
Erinnern Sie sich daran, dass die Organisation [CIA] über offizielle Kontakte zu einflussreichen Leuten da draußen verfügt. (…) Wir veranstalten periodische Treffen mit College- und Universitätspräsidenten, von denen einige ohne Zweifel an Journalistenschulen arbeiten.
Demnach handelte es sich bei diesem Memo um den Teil, der den damaligen CIA-Direktor Casey am meisten erfreute und dem er die meiste Aufmerksamkeit zukommen ließ. Bei der Idee der direkten Einflussnahme auf dem Campus ging es darum, bereits in einem sehr frühen Stadium Einfluss auf die zukünftigen Journalisten auszuüben. Das Vorgehen diente dabei dem Zweck, die Praxis der „willkürlichen“ Berichterstattung zu beeinflussen, indem Konsultationen mit der CIA den jeweiligen Veröffentlichungen vorangestellt werden:

In einer der aufschlussreichsten Passage heißt es, dass die „Abänderung der Lehrpläne“ es ermöglichen könnte,
dass die nächste Generation von Reportern ein höheres ethisches Verständnis zeige."
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Ebenso wird anhand der deklassifizierten Dokumente nun ersichtlich, dass die CIA ein Handbuch anfertigte, um aufzuzeigen, auf welche subtile Art und Weise die Medien bekämpft werden könnten - ohne den Kongress auf den Plan zu rufen. Zu der entsprechenden Strategie zählte es demnach, die Öffentlichkeit mit einer „gesäuberten Liste an Beispielen“ zu versorgen, die die vermeintliche Gefährlichkeit von CIA-Enthüllungen für die Aufgabeerfüllung des Nachrichtendienstes vermitteln sollte. Doch damit nicht genug.

Mohammad Mossadegh wurde nach dem Putsch 1953 wegen Landesverrats angeklagt und zu drei Jahren Gefängnis und anschließendem Hausarrest verurteilt. Bis zu seinem Tod lebte er auf seinem Landgut in Ahmad Abad.

Zur CIA-Strategie gehörte es darüber hinaus ebenso, Organisationen zu gründen, um die Medien indirekt mit dem Ziel zu formen, die Aktivitäten der CIA zu verschleiern. In den nun zugänglichen Dokumenten geht es ebenfalls um die Strafverfolgung eines prominenten Journalisten, wobei die US-Schlapphüte ihre Hoffnung zu Ausdruck brachten, dass dieser Prozess sich für sie positiv auswirken könne:
Eine öffentlich gut vermittelte Verurteilung auf hoher Ebene würde viel bewirken“, heißt es etwa.
Nicht durch Zufall bezeichnete der amtierende CIA-Direktor Mike Pompeo WikiLeaks jüngst als einen „nichtstaatlichen Nachrichten-Service“. Demnach arbeite die CIA aktuell daran, die Medien- und Whistleblower-Organisation zu zerstören.

Im Sinne des taktischen Umgangs mit den eigenen Medien wird Bedachtsamkeit mit den Medien angemahnt:
Kündigen Sie kein Programm an, um den Medienzugang zu drosseln. (…) Vergesst nicht, dass das öffentliche Vertrauen in die Presse niedrig ist."
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Der ehemalige irakische Präsident Saddam Hussein vor Gericht in Bagdad.

Spätere CIA-Dokumente und historische Studien bestätigen, dass ein beachtlicher Teil der in den Memos aufgedeckten Strategie sorgfältig umgesetzt wurde. Ein Beispiel unter vielen ist eine CIA-Studie aus dem Jahr 1997 namens „Managing a nightmare: CIA Public Affairs and the Drug Conspiracy Story“ (Einem Albtraum Herr werden: Die CIA-Öffentlichkeitsarbeit und die Geschichte der Drogenverschwörung“). Das nun zugängliche Dokument wurde seinerzeit von dem CIA-Center for the Study of Intelligence verfasst. Bei diesem handelt es sich um einen internen Think Tank, der ebenfalls eng mit der CIA-Abteilung für Public Affairs zusammenarbeitet – der offiziellen Abteilung auch für die Beziehungen zu den Medien.

„Managing a nightmare“ beschreibt die von der CIA unternommenen Schritte, um die investigative Dokumentation „CIA-Nicaraguan Contra drug running“ des kalifornischen Journalisten Gary Webb zu unterdrücken. Dabei griff die CIA auf eine „Basis bereits produktiver Beziehungen mit Journalisten“ zurück. Demnach bezog sich die Behörde auch auf Organisationen und wohlgesonnene Journalisten in großen Nachrichtenredaktionen, um Webb und seine investigative Dokumentation anzugreifen.

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