Verfassungsschutz: Immer mehr gewaltbereite Salafisten in Berlin

Verfassungsschutz: Immer mehr gewaltbereite Salafisten in Berlin
Symbolbild. Nach Angaben des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, von Dezember 2017 war die Zahl der Salafisten in Deutschland mit 10.800 auf ein Allzeithoch angestiegen.
Die Zahl der Salafisten in Berlin ist in vergangenen Jahren stark gestiegen. Rund 950 Menschen sollen der Szene angehören, mehr als doppelt so viele wie 2011. Fast die Hälfte wird als gewaltorientiert eingestuft. Die Zahl der Flüchtlinge in der Szene ist allerdings gering. 
 
Wedding, Neukölln und Kreuzberg zählen zu den Berliner Hochburgen radikaler Salafisten. Die Szene dominieren Männer mit fast 90 Prozent. Im Schnitt seien sie 33,9 Jahre alt und damit ein Jahr älter als die Frauen. Das zeige eine Lageanalyse des Berliner Verfassungsschutzes, berichtet der Tagesspiegel. Demnach sei die Gruppe der Ultrafrommen in der Hauptstadt stark gewachsen. Der Verfassungsschutz zähle aktuell 950 Personen zur salafistischen Berliner Szene. Das sei mehr als doppelt so viel wie 2011. Zudem sei der Anteil der gewaltorientierten Fanatiker noch stärker gewachsen. Vor sechs Jahren waren es etwa 100 Personen. Bis heute habe sich die Zahl mehr als vervierfacht, auf 420 dschihadistische Salafisten. Die Zahl derer, die in die Kriegsregion Syrien-Irak gereist sind, wurde ebenfalls erfasst: 127 Berliner Salafisten, darunter 22 Frauen, unternahmen diese Reise. Mindestens 17 überlebten sie nicht.

Moscheen und Lebensmittelläden als Teile der „salafistischen Infrastruktur“
Unter dem Titel „Hintergründe zu den Angehörigen des salafistischen Spektrums“ soll die 29-seitige Broschüre heute im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses präsentiert werden. Für den Bericht wurden Daten von 748 Salafisten ausgewertet. Die Erkenntnisse zu den weiteren Ultrafrommen in Berlin seien für eine systematische Auswertung teilweise zu vage gewesen.
Trotzdem kam man zu einem detailreichen Bild der Szene. Im Schnitt seien die Männer 33,9 Jahre, Frauen ein Jahr jünger. Bei weiblichen Mitgliedern sei die Altersspanne nicht so breit wie bei männlichen. Sie bewege sich vornehmlich zwischen 25 und 37 Jahren. 25 Jahre und jünger seien nur 16 Frauen. Bei den Männern hingegen kommt der Verfassungsschutz im Alter von 18 bis 25 Jahren auf 138 Personen. Und „im Alter ab 38 Jahren ist der Salafismus in Berlin männlich“, schreibt die Behörde.

Bericht: Zahl der Reichsbürger auf 15.600 gestiegen (Symbolbild)

Ein Grund für diese Altersstruktur sei, dass die Szene schon lange existiere und viele Mitglieder mit ihr älter würden. Außerdem habe sich in Berlin früher als in anderen Städten eine „salafistische Infrastruktur“ etabliert, mit Moscheen, Kleidergeschäften, Buchhandlungen und Lebensmittelläden.

Der Mangel an Frauen stelle zudem ein gravierendes Problem im Milieu dar: Die Männer müssten lange suchen, bis sie eine Partnerin für ein salafistisches Ehe- und Familienleben, das die Frau weitgehend auf Haushalt und Kindererziehung reduziere, finden. „Erst im Alter von über 46 Jahren sind nahezu alle Berliner Salafisten verheiratet“, zitiert der Tagesspiegel aus der Analyse.

Pässe arabischer Länder und der Türkei dominieren, kaum Flüchtlinge darunter
Wenn es um die Herkunft geht, so sollen fast die Hälfte der Szenenangehörigen Deutsche sein. Doch von diesen habe aber knapp ein Drittel eine doppelte Staatsangehörigkeit. Dem Bericht zufolge dominieren die Pässe arabischer Länder und der Türkei. „Auffällig“ sei laut Verfassungsschutz, dass bei den rein ausländischen Salafisten russische Staatsangehörige die größte Gruppe bildeten. In den meisten Fällen handele sich um Personen aus dem Nordkaukasus: Tschetschenen, Inguschen, Dagestaner und Osseten. Die Zahl der Flüchtlinge in der Berliner Szene sei allerdings gering. Der Verfassungsschutz spreche von aktuell 27 Personen. Gezählt wurden allerdings nur Flüchtlinge, die von 2014 an in Deutschland ankamen und nach Berlin gelangten. Sie stammten vor allem aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Russland.

Wenn es um die Wohnorte der Berliner Salafisten geht, weise der Bericht vor allem darauf hin, dass sie ein West-Phänomen seien, also in den Bezirken des ehemaligen West-Berlin leben würden. Mehr als die Hälfte der Szenenangehörigen sei in Wedding, Kreuzberg und Neukölln wohnhaft. Weiße Flecken seien die meisten Ortsteile im Osten der Stadt, aber auch die teureren Gegenden im Berliner Südwesten. Die Zentren der salafistischen Szene in Berlin seien „ein Spiegel der Migrationsgeschichte im einst geteilten Berlin“, so der Nachrichtendienst.

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