Hacking-Vorwürfe nach Wahlen in Kenia: Bangen um die Zukunft Kenias

Hacking-Vorwürfe nach Wahlen in Kenia: Bangen um die Zukunft Kenias
Kenianer warteten geduldig um ihre Stimme bei den Präsidentschaftswahlen 2017 abzugeben
Nach den Wahlen in Kenia herrscht vor allem ein Gefühl vor: Gespannte Unruhe. Zwar gewann Amtsinhaber Uhuru Kenyatta offiziell mit einem komfortablen Vorsprung, doch die Opposition spricht von Wahlbetrug. Die Wahlkommission sei gehackt worden, heißt es. 
 
Zehn Jahre ist es her, da machte das Urlaubsparadies Kenia negative Schlagzeilen: Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2007 unterlag Herausforderer Raila Odinga seinem Herausforderer, dem damaligen Präsidenten Mwai Kibaki. Dieser reklamierte den Wahlsieg für sich – trotz erheblicher Zweifel. Odinga und seine Anhänger witterten Wahlbetrug, es kam zu 1.200 Toten und Zehntausenden intern Vertriebenen. Herausforderer Odinga wurde schließlich Premierminister einer großen Koalitionsregierung.

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Vor vier Jahren dann kam es zum Duell zwischen dem Sohn des Staatsgründers Uhuru Kenyatta und dem erneuten Herausforderer der Opposition Raila Odinga. Dessen Vater Jaramogi Oginga Odinga war unter Jomo Kenyatta Vizepräsident des Vaters. Erneut verlor Odinga das Duell der Dynastien.

Kenyatta hatte die Wahlen denkbar knapp mit 50,05 Prozent im ersten Wahlgang gewonnen.
Erneut kam es zu Manipulationsvorwürfen. Doch diesmal blieb es ruhig im Land. Die Kenianer waren selbst erschrocken über die gewaltsamen Folgen der letzten Wahl. Zu groß auch die Gefahr, dass der wirtschaftliche Aufschwung des ostafrikanischen Wirtschaftsmotors ins Stocken geraten und das Image des Landes als Urlaubsparadies weiteren Schaden nehmen könnte.

Ein Anwohner posiert auf Deck anlässlich der Feierlichkeiten zum Stapellauf von Chinas erstem Flugzeugträger.

Am Mittwoch hatten die 19,6 Millionen registrierten Wähler erneut Gelegenheit, zwischen Kenyatta und Odinga zu wählen. Die EU entschied sich bereits vor Monaten dazu, etwa 100 Beobachter zu den kenianischen Wahlen zu entsenden. Das Commonwealth setzte den früheren Präsidenten Ghanas, John Mahama, an die Spitze seiner Wahlbeobachtungstruppe. Mit dem früheren südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki fuhr die Afrikanische Union ein respektiertes politisches Schwergewicht auf, um die Wahlen zu beobachten.

Claudia Wiedley, Leiterin der Ostafrika-Sektion der Wahlbeobachtermission des Europäischen Diplomatischen Dienstes (EEAS) betonte:
Kenia ist sehr wichtig für uns, da es ein stabiles Land in einem sehr schwierigen Umfeld ist.
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In der Tat erlebte das afrikanische Vorbild, ein „Role Model“ so Wiedley, in den letzten Jahren immer wieder Anschläge durch die somalische Al-Shabaab-Miliz, nachdem Kenia sich entschlossen hatte, eigene Truppen in das bürgerkriegsversehrte Land am Horn von Afrika zu schicken. Nach den gewonnenen Wahlen im Jahr 2007 wiederum hatte die sogenannte „Internationale Gemeinschaft“ versucht, Staatspräsident Kenyatta vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen. Die Anklage warf Kenyatta vor, für die blutige Gewaltwelle nach den Präsidentschaftswahlen 2007 mitverantwortlich zu sein.


Kenyatta wies die Vorwürfe zurück, sprach von einem neokolonialen Komplott gegen seine Regierung und verweigerte die Kooperation. Im Vorfeld hatte der US-amerikanische Afrikabeauftragte Johnny Carson die Wähler in Kenia davor gewarnt, einen Angeklagten vor dem Strafgerichtshof an die Staatsspitze zu wählen – damit war Kenyatta der Wahlsieg nicht mehr zu nehmen.

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Am Donnerstagmorgen stand der Wahlsieger nach Auszählung der Stimmen fest: Demnach kam der amtierende Staatschef Uhuru Kenyatta auf 54 Prozent der Stimmen, Herausforderer Odinga auf nur 44 Prozent. Mit diesem komfortablen Vorsprung hatten nur die wenigsten Beobachter gerechnet. Letzte Meinungsumfragen hatten beide Kontrahenten Kopf-an-Kopf gesehen, mit einem Abstand von lediglich drei Prozentpunkten. Odinga sprach im Zuge dessen von „massivem Wahlbetrug“. Demnach seien die veröffentlichten Zahlen „fiktiv“ und „gefälscht“:
Wir haben unsere eigenen Hochrechnungen von unseren Leuten, und die zeigen, dass wir weit vorne liegen“, ergänzte Odinga.
Der konkrete Vorwurf: Die Wahlkommission sei gehackt worden. Nach Ansicht des Herausforderers hätten sich Hacker Zugang zum elektronischen Wahlsystem verschafft. Dazu hätten diese sich Passwörter vom für Technik verantwortlichen Chef der Wahlkommission, Chris Msando, verschafft. Der war vor einer Woche ermordet aufgefunden worden. Mutmaßlich wurde er gefoltert.

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Der Leiter der Wahlkommission, Wafula Chebukati, erklärte, dass die Vorwürfe der Wahlmanipulation überprüft würden. Das digitale Wahlsystem, bei dem die Identität der Wähler per elektronischem Fingerabdruck überprüft wird, sei jedoch sicher. Der entsprechende Wahlprozess wurde zu diesem Ziel optimiert. Im Fall eines System-Versagens stehen entsprechende Backup-Systeme zur Verfügung. Auch der Ex-US-Außenminister John Kerry mischte sich mit dem Hinweis ein, dass Kenia offensichtlich „sehr gut in der Lage“ sei, „sein Wahlsystem zu sichern“.

Weiß, wohlhabend und renditeorientiert: Als einer der Hauptredner des Treffens zur Partnerschaft mit Afrika im Juni in Berlin trat Jens Weidmann auf, Präsident der Deutschen Bundesbank.

Als Folge der willkürlichen Grenzziehungen auf der sogenannten „Afrika-Konferenz“ im Jahr 1884 in Berlin ist auch Kenia ein künstlich geschaffener Vielvölkerstaat. Aufgrund eines oftmals noch mangelnden kenianischen Identitätsgefühls, wählen viele Bürger nach wie vor entlang ethnischer Grenzen. Um gewaltsame Auseinandersetzungen wie nach den Wahlen 2007 zu verhindern, wurde ein Gesetz erlassen, dass Volksverhetzung und sogenannte „Hate Speech“, also Hassrede, unter Strafe stellt.

Beide Kontrahenten gehören zu verschiedenen Volksgruppen. Hier der Kikuyu Kenyatta, dort der Luo Odinga. Nach seiner nun offensichtlichen Niederlage, rief Odinga seine Anhänger zur Besonnenheit auf – um gleichzeitig zu erklären, dass er nicht die Macht besitze die Menschen zu kontrollieren.

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Gewählt wurde in Kenia ebenfalls ein neues Parlament, sowie Senatoren, Gouverneure, die Parlamente der Landkreise und Frauenvertreterinnen.

Während der Wahl waren mehr als 150.000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Trotz zum Teil langer Wartezeiten blieben die meisten Wähler geduldig. Nach den Vorwürfen der Wahlmanipulation ereigneten sich bisher vereinzelte Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der Kontrahenten. Mindestens zwei Menschen sollen demnach ums Leben gekommen sein. Der Vorname Uhuru des alten und scheinbar neuen Präsidenten Kenias entstammt der Sprache Kiswahili und bedeutet "Freiheit".

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