Nach Visite eines Fernsehteams: Rätsel über Sergej Skripals Verbleib im Krankenhaus von Salisbury

Nach Visite eines Fernsehteams: Rätsel über Sergej Skripals Verbleib im Krankenhaus von Salisbury
Der Eingang des Krankenhauses in Salisbury, wo Sergej Skripal noch immer liegen soll.
Ein russischer Journalist konnte im Krankenhaus von Salisbury bis zu jener Abteilung gelangen, wo Sergej Skripal liegen soll - ohne auf Sicherheitskräfte zu stoßen. Die laxen Sicherheitsmaßnahmen widersprechen dem angeblichen Gefährdungsgrad der Skripals. 
 
Am 11. April veröffentlichte das zweitgrößte britische Medienportal, The Daily Mail, einen Bericht über den nächtlichen Besuch zweier russischer Medienvertreter im Krankenhaus von Salisbury. Der Fernsehreporter des russischen Kanals REN TV,Witali Khanin, und sein Kameramann Sergej Resnischenko konnten spät nachts unbehelligt das Gebäude betreten und dort 15 Minuten lang in den Gängen verschiedener Abteilungen umhergehen. Erst dann wurden sie von Wachleuten gestoppt.
Fazit: Im Krankenhaus von Salisbury herrschen keine Sicherheitsmaßnahmen, die der Anwesenheit des russisch-britischen Ex-Agenten Sergej Skripal gerecht würden.

Salisbury: Nach dem Anschlag auf Sergej Skripal und dessen Tochter sperrte die Polizei Fußwege in der Nähe seines Wohnhauses ab.

Julia Skripal, die Tochter des vormaligen Doppelagenten, wurde sofort in eine Militärbasis verbracht, nachdem sie sich von dem angeblichen Attentat mit militärischem Giftgas erholt hatte - aus "Sicherheitsgründen", so die offizielle Begründung dazu, und "zu ihrem Schutz". Seitdem ist sie von der Außenwelt abgeschottet. Niemand kann sie sehen, besuchen oder mit ihr in Kontakt treten.

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Erst auf dem Rückweg auf Wachleute gestoßen

Ein zumindest gleiches Sicherheitsrisiko müsste jedoch auch für ihren Vater bestehen, denn das Attentat hat nach gängiger Lesart in erster Linie diesem gegolten. Vor einem Monat gaben die behandelnden Ärzte bekannt, Sergej Skripal sei auf dem Weg der Besserung und bei Bewusstsein.
Seitdem dringt keine Information mehr über sein weiteres Schicksal an die Öffentlichkeit. Das Schweigen der Ärzte und die mangelnden Sicherheitsmaßnahmen im Krankenhaus lassen berechtigte Zweifel dahingehend aufkommen, ob Skripal sich überhaupt noch dort aufhält.

Der Videobericht zeigt, wie der Reporter durch die Gänge schlendert und mit vorbeikommenden Krankenschwestern spricht. Er fragt sie nach dem Aufenthaltsort und der Genesung von Skripal, doch das medizinische Personal wusste keine Antwort. Schließlich gelangt er bis zur Eingangstür der Abteilung, in der Skripal untergebracht sein sollte. Dort filmt er das Schild "Mikrobiologie und Cytopathologie" über der Tür. Man sieht eine Klingel am Türrand.

Kein Wachpersonal schützt den Eingang vor unbefugten Besuchern oder kontrolliert Ausweise. Hier kehrte der Journalist wieder um. Auf dem Rückweg trifft der Journalist auf zwei Wachhabende, die er ebenfalls befragt. Sie zucken mit den Schultern. Offenbar benachrichtigen sie Polizeibeamte, die nach kurzer Zeit eintreffen. Diese verlangen in harschem Ton, die Kamera abzustellen und die Filmaufnahmen zu zerstören. So bleibt nur eine "technische Kopie" in den Händen der Journalisten zurück.

Haus der Skripals: Zum Abriss freigegeben

Der Reporter weist in seinem Beitrag auf den Widerspruch zwischen den laschen Sicherheitsvorkehrungen einerseits und den Plänen der Regierung andererseits hin, das Restaurant und die Kneipe aus Sicherheitsgründen womöglich abzureißen, in denen sich die Skripals nach ihrer Vergiftung aufhielten.

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Tatsächlich hat am 8. April die Zeitung The Irish Mail on Sunday in ihrem Artikel "The Novichok time bomb" darüber berichtet, dass das 400.000 Dollar teure Haus der Skripals wahrscheinlich abgerissen werde. Ein Abriss sei kosteneffektiver als eine Suche nach Restbeständen des Nervengiftes Nowitschok an weiteren Stellen des Hauses. Auch das italienische Restaurant Zizzi, in dem die Skripals zu Mittag aßen, und die Kneipe The Mill könnten ebenfalls abgerissen werden.


Zudem wurden weitere Pläne bekannt, die vor allem darauf zielen dürften, die Bevölkerung weiter in Alarmstimmung zu halten. So seien neun kritische Zonen in der Stadt mit hohen Schutzzäunen umgeben worden. Das Gift würde erst in einem halben Jahr vollständig verschwinden, erklärt dazu das britische Umweltministerium. Experten seien vor Ort tätig, um nach versteckten Restbeständen zu suchen und diese unschädlich zu machen.

Doch alle wissenschaftlichen Experten haben verdeutlicht, dass sich Nowitschok unter den klimatischen Bedingungen dieser Wochen in England in kurzer Zeit verflüchtigt. Im März hatte es in Salisbury heftig geregnet und geschneit, am Tattag herrschte starker Nebel.

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Sowohl am 4. März, dem Tag des Anschlags auf die Skripals, als auch am darauffolgenden Tag haben noch Hunderte von Menschen das Restaurant und den Pub besucht. Niemand ist krank geworden. Das Gesundheitsministerium verkündete nach einer Woche, die Besucher sollten ihre Kleider und Habseligkeiten mit warmem Wasser und Seife waschen – da sich das Gift in Wasser auflöst.

Interessant ist dabei auch, dass laut Aussagen von Nachbarn noch am gleichen Abend der Nowitschok-Attacke Polizisten das Haus der Skripals öffneten und sich dort aufhielten. Zu dem Zeitpunkt war der Vorfall noch weitgehend unklar, weswegen sie ohne Schutzanzüge arbeiteten.
Keiner der damals anwesenden Polizisten zeigte jedoch Symptome einer Vergiftung mit dem Nervengas.

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