Im Kampf gegen Gewaltextremismus hat das Bundesamt für Polizei in der Schweiz zurzeit etwa 60 Personen besonders genau im Visier. Ihr Hass auf die hiesige Gesellschaft mache sie zum grösseren Sicherheitsproblem als Dschihad-Reisende, sagt Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle.
Gotteskrieger, so genannte
Dschihadisten, stellen auch in der Schweiz eine zentrale Bedrohung dar. Dies
unterstreicht Verteidigungsminister Ueli Maurer bei verschiedensten
Gelegenheiten.
Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle:
Wenn ein Fall beim Nachrichtendienst landet, ist es schon sehr spät.
Im Zentrum des Interesses beim
Bundesamt für Polizei (Fedpol) sind aber nicht jene 66 Schweizer, die laut
Nachrichtendienst in Syrien, Somalia und Afghanistan kämpfen. Mehr Sorgen
bereiten vielmehr rund 200 Verdächtige in der Schweiz, wie Fedpol-Chefin
Nicoletta della Valle feststellt. «Darunter sind 50 bis 60 Personen, die wir
von sehr nahe beobachten.»
Auf dem Radar hat das Fedpol
ausschliesslich gewaltbereite Extremisten. Wer einzig seinen Gefallen am
Kalifat kundtue, gehöre nicht dazu, sagt della Valle unter Hinweis auf die
Meinungsäusserungsfreiheit.
Von
Jugendlichen bis zu Familienvätern
Gemeinsame Erkennungsmerkmale oder
Raster beim Aufspüren von möglichen Terroristen gebe es allerdings nicht. Den
Islam erwähnt die Fedpol-Direktorin denn auch mit keiner Silbe. Doch sie sagt
klar: «Was wir hier vor uns haben, ist ideologisch veredelter Hass auf unsere
Gesellschaft.»
Die Profile reichen laut della Valle
von destabilisierten, verunsicherten, identitätssuchenden Jugendlichen bis hin
zu über 30-jährigen Familienvätern, die sich radikalisieren und nach Syrien
reisen.
Internet als
wichtige Quelle
Entsprechend komplex und schwierig
sei es, solche Personen rechtzeitig zu erkennen. Sehr wichtig ist laut della
Valle die Überwachung des Internets, wo die Führung beim Nachrichtendienst
liegt. Dieser schaltet die Polizei jeweils ein, wenn Internet-Diskussionen
strafrechtlich relevant werden.
Wenn ein Fall oder eine Person dem
Nachrichtendienst auffalle, hätten vorher schon ganz viele versagt, sagt della
Valle weiter. «Versagt», weil doch das private und berufliche Umfeld der
Extremisten die Wandlung zum Gotteskrieger miterlebten.
« Der
Vorteil unseres Föderalismus ist, dass wir die Probleme erkennen können oder
sollten, wenn sie noch klein sind. »
Nicoletta della Valle
Direktorin des Bundesamtes für Polizei (Fedpol)
Direktorin des Bundesamtes für Polizei (Fedpol)
Anzeichen für eine Radikalisierung
müssten möglichst früh erkannt werden, um Gegensteuer zu geben. Nur mit
polizeilichen Massnahmen allein werde die Schweiz das Problem nicht lösen. «Der
Vorteil unseres Föderalismus ist, dass wir die Probleme erkennen können oder
sollten, wenn sie noch klein sind. Wenn sie einmal in Bundesbern sind, ist es
schon sehr spät.»
Della Valle betont denn auch die
Bedeutung einer engen Zusammenarbeit aller amtlichen und zivilen Stellen wie
Lehrerschaft, Sozialhilfebehörden und Sportclubs.
Optimale
Zusammenarbeit besser als «Programme»
Skeptisch steht die Fedpol-Chefin
Programmen zur De-Radikalisierung von Extremisten gegenüber, wie sie Dänemark,
Grossbritannien und die Niederlande kennen.
Ein Programm zu haben, klinge zwar
gut, doch letztlich müsse jeder einzelne Rückkehrer gesondert betrachtet
werden: «Der eine kommt völlig traumatisiert von der Gewalt und desillusioniert
zurück. Mit dem müssen wir anders umgehen als mit einem, der noch
radikalisierter und verhärteter heimkehrt und allenfalls sehr gefährlich ist.»
Statt neuen Programmen werden alle
Sicherheitsbehörden in den nächsten Wochen einen gemeinsamen Bericht
vorstellen. Dieser soll aufzeigen, wie der Dschihadismus durch eine engere
Verzahnung der vorhandenen Ressourcen besser bekämpft werden kann.
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