Von Susan Bonath.
Föderalismus war gestern, ein »starker Staat« ist angesagt: Innenminister will exekutive Macht auf Bundesebene verlagern.
Das
Spiel mit der Angst vor Terror in Deutschland trägt »Früchte«. Zwei
Wochen nach dem LKW-Anschlag in Berlin fordert Bundesinnenminister
Thomas de Maizière (CDU) erheblich mehr »sicherheitspolitische
Kompetenzen« für den Bund. So avisierte er in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(FAZ) am Montag eine »Neuordnung der Sicherheitsstrukturen«: Die
Landesverfassungsschutzämter gehörten komplett unter Verwaltung der
Bundesbehörde. Zudem will er eine »echte Bundespolizei« sowie
»Ausreisezentren für abgelehnte Asylbewerber« – auf deutsch: riesige
Abschiebeknäste – aufbauen.
Sein Ziel
stellt de Maizière deutlich klar: »Wo Bund und Länder in
Angelegenheiten der Sicherheit zusammenarbeiten, braucht der Bund eine
Steuerungskompetenz über alle Sicherheitsbehörden.« Ziel solcher
Maßnahmen sei es, »Deutschland angesichts aktueller Herausforderungen
durch Terrorismus, Zuströme von Asylsuchenden und Cyberangriffe
krisenfest zu machen«. Kurzum: Die Länder sollen Kompetenzen, etwa bei
Fahndungen nach Straftätern, Überwachungsaktionen oder geplanten
Abschiebungen, an Bundeskriminalamt und -geheimdienst abtreten.
Der
Minister bezeichnet dies als »ergänzende Vollzugszuständigkeit« in
Verbindung mit einem »echten Massenzustrom-Mechanismus«. Leichter hätte
es de Maizière mit der Parole »Ausländer raus!« ausdrücken können. Um
Massenabschiebungen mithilfe der Bundespolizei reibungslos durchsetzen
zu können, will er zudem »die hohen Anforderungen an eine Einstufung
eines Landes als sicherer Herkunftsstaat« aushebeln. Sobald festgestellt
werde, dass eine »menschenwürdige Aufnahme« an einem »legal
zugänglichen Ort« gewährleistet sei, sollten demnach Flüchtlinge »ohne
Asylsachprüfung« dorthin verfrachtet werden können. Möglich sei es dann,
mit weiteren Drittstaaten ähnliche Asylabkommen wie mit der Türkei zu
schließen.
Was de Maizière
verschweigt ist, dass deutsche Rüstungskonzerne – dank der
Bundesregierung – in steigenden Exportprofiten geradezu baden. Saudi
Arabien, Katar und die Türkei standen auch im vergangenen Jahr weit oben
auf den Empfängerlisten – zusammen mit der Beteiligung der Bundeswehr
an NATO-Kriegseinsätzen eine im wahrste Sinne explosive Förderung von
Terrorismus und Fluchtursachen.
Den
Forderungen des Innenministers ist vor allem zu entnehmen: Es geht im
Kern darum, außenpolitische imperiale Aggressionen des deutschen Staats
nach innen zu erweitern. Das passiert seit Jahren schleichend:
Aufrüstung und Umbau der Bundeswehr in eine Söldner- und Kriegsarmee,
Ausweitung ihrer Einsatzmöglichkeiten im Inland, Ausbau umfassender
Überwachungsmechanismen, Errichtung eines repressiven Enteigungs- und
Zwangssystems gegen sozial Abgehängte mit der Agenda 2010 und so weiter.
Der
Imperialismus nach außen zeigt sich in zunehmend aggressiverer
Exportpolitik und dafür forcierte Eroberungen neuer Märkte durch
Destabilisierung und Kriegstreiberei im NATO-Verbund. Der Kampf um die
Marktbeherrschung geht jedoch nicht ohne Verwerfungen im Inneren einher.
Denn dafür braucht es billige Arbeitskräfte. Löhne werden niedrig
gehalten, soziale und Arbeitnehmerrechte gnadenlos abgebaut. Wo Massen
abgehängt werden, wächst auch die Kriminalität.
Die
Folge: Föderalismus, also die Verlagerung eines Teils der Staatsgewalt
auf kommunale Ebenen, reicht aus Sicht der Herrschenden nicht mehr zu
Kontrolle und umfassenden Ausbeutung der Masse aus. Ein repressiver
»starker Staat« soll her. Wohin ein solcher führte, zeigt die
Entwicklung Deutschlands in den zwölf Jahren nach der Machtübernahme
Hitlers und der NSDAP am 30. Januar 1933. Schon damals ging der »Umbau«
einher mit einer Aufhetzung der Bevölkerung gegen ethnische und
religiöse Feindbilder. Fakt ist: Aus einer kapitalistischen
»parlamentarischen Demokratie« kann im Handumdrehen eine faschistische
Diktatur werden.
Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.
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