Quelle: Reuters
Donald Trump erste Europareise hat keine Entspannung
gebracht. Doch die Gräben bleiben tief - und speziell über Deutschland
soll der US-Präsident sich in Brüssel bitterlich beklagt haben. Beim
Verhältnis zu Russland sei man sich "nicht hundertprozentig sicher",
eine gemeinsame Position zu haben.
EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker stellten im Gespräch mit dem US-Präsidenten höchst unterschiedliche Ansichten zu Russland, Klimaschutz und Handel fest. Die Europäer hoffen, dass ein gemeinsamer Aktionsplan drohende Schutzzölle der USA abwenden kann. Trump soll seinen Gesprächspartnern gesagt haben
Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen.Beim Nato-Gipfel beharrte Trump auf höhere Rüstungsausgaben der Mitgliedstaaten. Ein klares Bekenntnis zur Beistandsverpflichtung der Nato-Partner, das viele von Trump erwartet hatten, fehlte hingegen in seiner einzigen öffentlichen Rede. Der offene Schlagabtausch in Brüssel dürfte auch den G7-Gipfel auf Sizilien prägen, der an diesem Freitag beginnt.
Selbst mit Großbritannien, dem engsten europäischen Verbündeten der USA, gab es Krach: Premierministerin Theresa May ging die Amerikaner hart an, weil dort Ermittlungsergebnisse zum Attentat von Manchester offenbar an Medien durchgestochen wurden. Trump sah sich genötigt, die Lecks öffentlich zu verurteilen und Ermittlungen anzukündigen.
Bundeskanzlerin Merkel drohte dem Nato-Partner Türkei mit dem Abzug der deutschen Soldaten vom Stützpunkt Incirlik, weil Bundestagsabgeordneten der Besuch dort verwehrt wurde. Merkel traf am Rande des Nato-Termins den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die EU betonte nach Gesprächen von Juncker und Tusk mit Erdogan, man müsse und werde die Zusammenarbeit mit der Türkei fortsetzen.
US-Präsident Trump kam zum ersten Mal nach Brüssel - wenige Stunden, nachdem Merkel mit dessen Vorgänger Barack Obama in Berlin beim Evangelischen Kirchentag aufgetreten war und Harmonie demonstriert hatte. Seit dem Amtswechsel im Januar ist das transatlantische Verhältnis angespannt, weil Trump die Nato und auch die EU zeitweise infrage stellte, im Handel mit Schutzzöllen drohte und auch das Pariser Klimaabkommen in Zweifel zog.
Zuletzt hatte sich Trump versöhnlicher gezeigt. Am Rande seiner Brüssel-Gespräche war auch die Rede von offener und freundlicher Atmosphäre. Nach EU-Angaben vereinbarten die Europäer mit Trump eine gemeinsame Arbeitsgruppe für einen Aktionsplan zum Handel. Doch in der Sache blieben die Fronten erkennbar hart.
So bekräftigte Trump bei der Nato seine Forderung, dass alle Mitglieder mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Rüstung aufwenden müssten. Eigentlich reiche das noch nicht einmal, das sei das absolute Minimum, sagte er. «Die Nato-Mitglieder müssen endlich ihren gerechten Anteil beitragen und ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen», sagte Trump. Er kritisierte erneut, dass Zuwanderer unkontrolliert in Massen kämen. Und er verlangte einen entschlosseneren Kampf gegen den Terrorismus.
Die Nato-Verbündeten kamen Trump entgegen, indem sie zwei seiner Forderungen erfüllten: Sie billigten den formalen Beitritt der Nato zur Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Und sie kündigten Pläne zum Erreichen des Ziels an, zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigung auszugeben.
Bundeskanzlerin Merkel betonte, die Nato-Beschlüsse zur Steigerung der Verteidigungsausgaben würden nur bestätigt.
Bestätigen heißt: Nicht mehr und nicht weniger, sagte Merkel.
Die geplante Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben sei ausreichend, sagte sie - auch wenn die Zwei-Prozent-Marke nicht erreicht wird.
Vor dem Nato-Termin hatte Trump erstmals Tusk und Juncker getroffen. Tusk sagte danach, er habe das Gefühl, man sei sich bei vielem nahe, etwa beim Kampf gegen Terror. Über Russland sagte Tusk, er sei "nicht hundertprozentig sicher", dass man eine gemeinsame Position habe. Bei der Nato sprach Trump später von einer Gefahr, die von Russland ausgehe.
Tusk mahnte zudem, für Europa und Amerika müssten Werte und Prinzipien wie Freiheit, Menschenrechte und Menschenwürde an erster Stelle stehen. Trump äußerte sich nach dem Treffen nicht öffentlich, sondern fuhr zu einem Mittagessen mit Frankreichs neuem Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser bezeichnete das Gespräch als "sehr direkt und offen", doch habe man nicht bei allen Themen die gleiche Lesart.
Kommentare