Neo-Faschismus und „Sturmtruppen“ wieder auf dem Vormarsch

Neo-Faschismus und „Sturmtruppen“ wieder auf dem Vormarsch
Kinder werden zu Soldaten im Asow-Sommercamp.
Das Phänomen Faschismus schien für viele Jahre der Vergangenheit anzugehören. Kapitalismus und Globalisation, die tragenden Säulen der "Freie Markt Demokratie", haben den europäischen Faschismus und Kommunismus vermeintlich besiegt, und sie in die Geschichtsbücher verbannt. 
 
von Zlatko Percinic

Osteuropäische Staaten die während des Kalten Krieges hinter dem Eisernen Vorhang lagen, haben den Mantel des "deutschen Wirtschaftswunders" übergezogen und sich den selben Idealen einer Konsumgesellschaft verpflichtet, mit Polen an der Spitze dieser Entwicklung.

Eine rasante Modernisierung und Bildungsmöglichkeiten hielten Einzug in diese Länder. Mondäne Großstädte mit eindrücklichen Kulissen entstanden, internationale Unternehmen und Großkonzerne haben Standorte errichtet, eine größere und vermögendere Mittelschicht als jemals zuvor erwuchs.

Was sich auf den ersten Blick zurecht wie eine sensationelle Erfolgsgeschichte anhört, wirft aber auch enorm dunkle Schatten hinterher. Typische osteuropäische Gesellschaftsstrukturen - wie starke und enge Familienbande, Nachbarschaftshilfe, Konservatismus, Religion, kulturelle Traditionen, und ja, auch Sozialismus - mussten den neuen Heilsbringern in Form von Globalisierung und riesigen Kaufhäusern Platz machen. Die meisten Staaten verfügten zuvor über kein oder nur ein sehr rudimentäres Sicherheitsnetz für sozial benachteiligte Menschen. Dieses Bild hat sich bis heute in einigen Staaten nicht wesentlich geändert.

Die Auflösungserscheinungen einer Gesellschaftsform, die über Jahrhunderte hinweg sämtliche Krisen überstanden und für Sicherheit gesorgt hat, sorgen heute für eine steigende Zahl von Menschen, die angesichts von Arbeits- und Perspektivlosigkeit teilweise auch ihre traditionellen Stützen verloren haben. Die relativ gute Arbeitslosenstatistik der osteuropäischen Länder darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine sehr hohe Quote an Arbeitnehmern auf der Suche nach Arbeit nach Westeuropa gegangen ist, und deshalb natürlich in der nationalen Statistik fehlt.


Die auf dem Fuße folgende Enttäuschung über die Nicht-Erfüllung der Versprechungen jener Politiker, die eine rosige Zukunft bei einer Aufnahme ihrer Länder in die Europäische Union gemalt haben, und die Feststellung, dass durch die Globalisierung und "Freie Markt Demokratie” der Erfolg ungerecht verteilt wurde, sorgte für ein Klima von Frust und oft auch Wut. Strömungen, von denen man glaubte, sie ein für alle Mal besiegt zu haben, stiegen plötzlich wieder aus ihren Niederungen hervor. Nationalismus, Rassismus und Militarismus, die inhärenten Ingredienzen des Faschismus, wurden wieder massentauglich.

Doch was ist überhaupt Faschismus?
Bis heute gibt es keine anerkannte Definition dieses aus Italien stammenden Begriffes. Es gibt sehr wohl einige Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Definitionen, genauso wie es maßgebliche Differenzen gibt. Eine Zusammenfassung der modernen Faschismusforschung von Chuck Anesi ergab folgende Definition:
"Faschismus ist eine Form des politischen und sozialen Verhaltens, welches aufkommt, wenn die Mittelschicht ihre Hoffnungen durch wirtschaftliche Instabilität und politischer Polarisation und Stillstand zerstört sieht, traditionellen Ideologien den Rücken kehrt und sich mit Billigung von Polizei und Militär einer schwammig formulierten, aber emotional ansprechender Erlösungsformel von nationaler Einheit hinwendet, (sowie) sofortiger und direkter Lösungen von Problemen, und Intoleranz für Meinungsverschiedenheit."
Geschichtsrevisionismus, paramilitärische Einheiten und eine gefährliche Symbiose von Wirtschaft und Regierung, sind noch weitere Punkte die allen Formen des Faschismus gleich sind. Diese Entwicklung kann man heute insbesondere in der Ukraine, aber auch in Polen und Litauen beobachten. Und bis zu einem gewissen Grad auch in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Benito Mussolini, der italienische Duce, gilt als der 'Vater des Faschismus'. Seinem spanischen Kollegen Franco erklärte er im Jahr 1936:
"Ein Regime, das gleichzeitig autoritär, sozial und populär ist, ist die Basis des universellen Faschismus".
Ukraine kultiviert Faschismus nach dem Zweiten Weltkrieg weiter mit Unterstützung der USA 
In keinem anderen Land in Europa wurde der Faschismus nach dem Zweiten Weltkrieg so kultiviert und insbesondere von den USA unterstützt, wie in der Ukraine. Obwohl die Kampfhandlungen in Europa 1945 eingestellt wurden, führten die Vereinigten Staaten von Amerika weiterhin einen Krieg gegen die Sowjetunion, für welchen sie natürlich eine Armee brauchten. In der Planung des US-Generalstabs von 1948 wurden Fragen diskutiert, in welchen Ländern Osteuropas es wohl die "exzellentesten Aussichten" geben würde, um Untergrundgruppierungen nach dem Vorbild von GLADIO aufzubauen. Polen, Litauen und die Ukraine rangierten diesbezüglich an vorderster Stelle.
 Dazu hieß es:

"Eine psychologische Offensive zur Unterminierung der Roten Armee wird als Hauptziel betrachtet. Diese Art von Offensive, wie sie die deutsche Armee im Zweiten Weltkrieg organisiert hatte, war als "Wlassow-Armee" bekannt. Sie resultierte in einer Widerstandsbewegung von ungefähr einer Million Menschen. [...] Aussichten in Ungarn und Rumänien sind wenig verheißungsvoll, doch mit Deutschlands Hilfe und Führung könnten begrenzte Potenziale für Untergrundoperationen erwartet werden."

Reichskanzler Adolf Hitler beim Unterschreiben des Münchner Abkommens am 30. September 1938 mit dem britischen Premierminister Neville Chamberlain (2. von links) und dem Ministerpräsidenten Italiens, Benito Mussolini (3. von links).

Deutschland, in Form der Vorgängerorganisation des heutigen Bundesnachrichtendienstes (BND), die so genannte Gehlen-Org, sollte also den Amerikanern helfen, ehemalige Faschisten und Nazi-Kollaborateure aus der Ukraine, Polen, Litauen, Ukraine und Ungarn für die Stay-Behind-Armeen in diesen Ländern auszubilden. Und deren führende Köpfe im Rahmen der Operation Bloodstone in die USA, Kanada und Großbritannien zu schleusen.

Zu diesen führenden Köpfen gehörte unter anderem der heute in der Ukraine als Nationalheld verehrte Stepan Bandera. In einem CIA-Dokument (Originalquelle ist vermutlich der britische Geheimdienst) wird bestätigt, dass im Jahr 1948 die Entscheidung fiel, die "stärkste der verschiedenen ukrainischen nationalistischen Gruppierungen", die OUN (Organisation of the Ukrainian Nationalists), "operationell zu nutzen". Aus diesem Grund setzte man sich mit deren Anführer im deutschen Exil in München zusammen. Die bayrische Landeshauptstadt, damals innerhalb der US-Besatzungszone, galt für Bandera und seine Mitstreiter als idealer Rückzugsort, wo sie "semi-offiziell" in Sicherheit vor sowjetischen Agenten lebten. In München wurde 1945 auch die Ukrainische Freie Universität (UFU) gegründet, welche über zwanzig Jahre lang von Faschisten der OUN geleitet wurde.

Stepan Bandera, ein "Banditentyp mit brennendem Patriotismus"
Wie in jeder Organisation, die über eine Exilführung verfügt, entbrannte bald ein Machtkampf zwischen dem in der Ukraine ansässigen Ukrainischen Obersten Befreiungsrat (UHVR) und dem Anführer Stepan Bandera. In einem weiteren CIA-Bericht aus dem Jahr 1954 wird ersichtlich, dass jene OUN/UPA-Kämpfer (UPA = Ukrainian Patriotic Army), die in der Zentral- und Ostukraine gekämpft haben, das Führerprinzip der OUN aufgelöst haben wollten. Diese Forderung setzten sie während dem UHVR-Kongress von 1943 durch, jedoch ohne Zustimmung der Exilführung. Diese erklärte nach dem Krieg die Abschaffung des Führerprinzips für ungültig und forderte unbedingten Gehorsam der OUN-Mitglieder in der Ukraine gegenüber Stepan Bandera.

Obwohl es sich um eine nationalistisch-faschistische Organisation handelte, die in den 1920er Jahren von Galiziern gegründet wurde und sich hauptsächlich aus ihnen rekrutierte, fand der Kampf gegen Bolschewismus, Nazismus, Polen- und Judentum auch Anhänger aus anderen Gebieten der heutigen Ukraine. Doch die Trennlinien zwischen West- und Ostukraine wurden bereits in diesem frühen Stadium gezogen.

Mit wem es die Amerikaner und Briten bei Bandera zu tun hatten, war ihnen von Anfang an klar und man machte sich keinerlei Illusionen darüber:
"Wir müssen ihn so akzeptieren, wie er ist; ein professioneller Untergrundarbeiter mit einem terroristischen Hintergrund und gnadenloser Ansicht über die Spielregeln, (die er) durch harte Erfahrung erworben hat.... (...) Ein Banditentyp, wenn Sie möchten, mit brennendem Patriotismus, der einen ethischen Hintergrund und Rechtfertigung für sein Banditentum bietet."
In einem weiteren Dokument heißt es dazu:
"Bandera und seine Gruppe sind natürlich von tiefgreifendem Hass gegen alle Feinde einer ukrainischen Unabhängigkeit animiert, Polen, Russen, Deutsche. Deshalb ist er vielleicht ein 'Terrorist', aber es scheint auch offenkundig zu sein, sollte er erfolgreich sein, selbst moderate und konservative Ukrainer zu einem Erfolg applaudieren und diesen akzeptieren würden. Die von Bandera unterstützte Gruppe wird von solchen ukrainischen Politikern wie dem sehr einflussreichen Mudryi und Shulgin als die Avantgarde ihrer Nation betrachtet."
Um dieses historische Foto geht es.

Im Oktober 1959 starb Stepan Bandera in München. Während seine Verehrer und die offizielle Legende es als einen sowjetischen Mord betrachten, gibt es auch solche Stimmen, die über einen Selbstmord sprechen. Auf jeden Fall liegt der Mann, der für den Mord an Polens Innenminister Pieracki 1934 verantwortlich ist, auf dem Münchner Waldfriedhof begraben. Sein Grab erfreut sich seit seiner Ernennung im Jahr 2010 zum "Nationalhelden" der Ukraine jährlich immer größerer Bekanntheit und wird von ukrainischen Nazis des Asow-Regiments und dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk besucht.

"Zu Beginn meines Besuchs in München traf ich die Ukrainische Gemeinschaft und legte Blumen nieder am Grab unseres Helden Stepan Bandera."

Obschon verschiedene rechtsradikale, nationalistische und neonazistische Gruppierungen stets im Untergrund operieren mussten, waren sie nie wirklich weit von der Oberfläche entfernt. Erst die sogenannte "Maidanrevolution" und der darauffolgende Putsch gegen Präsident Viktor Janukowitsch im Februar 2014, ließen diese Elemente unbehelligt an die Öffentlichkeit kommen. Die meisten von ihnen taten dies mit Duldung der Regierung und sogar Unterstützung durch den ukrainischen Geheimdienst SBU, wie jetzt ein Mitglied der Neonazigruppe C14 (oder "Sich") bekannt gab.

Der größte Nutznießer innerhalb der faschistischen Szene in der Ukraine ist eindeutig Andrij Bilezkyj, obwohl er selbst die "Revolution" nur durch Gitterstäbe hindurch verfolgen konnte. Er saß nämlich wegen seiner Tätigkeit für die neonazistischen Patrioten der Ukraine (PU) seit 2011 hinter Schloss und Riegel. Das hinderte ihn aber nicht daran, nur kurz nach seiner Freilassung im Rahmen eines allgemeinen Amnestieurteils nach dem Putsch, dort weiterzumachen wo er 2011 aufgehört hatte. Allerdings tat er das unter einem neuen Namen: Asow. Dass der harte Kern der Patrioten der Ukraine nun unter der Flagge von Asow firmierte, interessierte in Kiew niemanden.

Den Namen "Asow" entnahm die ehemalige PU vom neuen Standort in Ursuf in der Nähe von Mariupol, der wichtigsten Hafenstadt am Asowschen Meer mit knapp einer halben Million Einwohner. Dort haben sich Andrij Bilezkyj und sein Gefolge in einer Villa des gestürzten Präsidenten Janukowitsch eingenistet und ihr Hauptquartier aufgeschlagen, obwohl sie eigentlich aus der zweitgrößten Stadt und dem bedeutendsten Wissenschafts- und Bildungszentrum der Ukraine, Charkow, stammen. Da in Charkow die russischsprachige Bevölkerung die absolute Mehrheit bildet, war es für Bilezkyj vermutlich nicht sicher genug, ein paramilitärisches Bataillon aufzubauen, auch wenn in der Stadt durchaus ein Pool von Rekruten aus der Ultraszene des örtlichen Fußballvereins Metalist 1925 vorhanden ist.


Mit Nazisymbolen wie die Wolfsangel und der Schwarzen Sonne und einem regelrechten Führerkult rund um die Person Andrij Bilezkyj folgt Asow den Spuren von OUN und Stepan Bandera. Bei Anlässen wie in Bela Cerkva (Weiße Kirche), wo die Hauptstraße der Ortschaft in Stepan-Bandera-Straße umbenannt und mit einem UPA-Veteran des Zweiten Weltkrieges "gewürdigt" wurde, sind stets Asow-Vertreter anwesend. Kinder ab neun Jahren werden in Sommerlagern mit dem Namen "Asowez" aufgenommen, wo sie mit Sport, patriotischem Gesang und der Heranführung an die Waffe indoktriniert werden. Bei pro-ukrainischischen Webseiten wird diese Indoktrination von kleinen Kindern so formuliert:

"Asow Sommercamp. Die Kinder haben sehr viel Spaß während sie spielen. Und sie sitzen nicht vor dem Fernseher oder einer Playstation ..."


Wer auch immer diese Apologeten des Asow-Regiments sind. Sie spielen bewusst oder unbewusst der Propagandaabteilung in die Hände. Denn sie selbst benutzen dieselben Slogans, um Eltern eine vermeintliche Alternative für die Gestaltung der Freizeit und Ferien ihrer Kinder zu bieten. Dass aus ihren Kindern aber die nächste Generation von Faschisten, getreu der nationalsozialistischen Doktrin von "Blut und Boden" entsteht, scheint die Eltern ganz offensichtlich nicht im Geringsten zu beunruhigen. Gerade in der West-Ukraine, insbesondere in Galizien, haben Nazi-Symbole seit Ausbruch des Krieges Hochkonjunktur und erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Vizegouverneur von Lemberg, Wladimir Kharchuk hält Nazisymbole für ungefährlich, "solange sie (die Menschen die sie benutzen/Anm.) für die Freiheit der Ukraine kämpfen."

Das Asow-Regiment, welches unter anderem auch von der amerikanischen 173. Luftlandebrigade (offiziell bestritten) und sogar von Offizieren der israelischen Armee ausgebildet wurde, gehörte zur größten paramilitärischen Einheit mit schwerem Kriegsgerät, bevor es in die Nationalgarde unter der Kontrolle des Innenministeriums integriert wurde.Es ist aber weit mehr als nur eine Kampftruppe.
Unter dem Asow-Banner versammelt sich ein Sammelsurium von Neonazis und Faschisten aus verschiedenen Ländern, die über die obskure Misanthropic Divisionrekrutiert werden, einer eigenen Division des Asow-Regiments, welche über Landesorganisationen in ganz Europa und sogar Südamerika verfügt. Das Motto lautet: Töten für Wotan. So soll laut Asows Selbstauskunft jeweils vor einem Einsatz auch ein Gebet in Richtung Perun erfolgen, der obersten Gottheit der slawischen Mythologie.

Wie krank dieses Weltbild ist, zeigt beispielsweise die deutsche Landesorganisation, die sich eindeutigem Nazi-Gedankengut hingibt.

Während Spiegel Online eine wichtige Reportage über die Rekrutierung von deutschen Neonazis und Faschisten für das Asow-Regiment gebracht hat - wichtig deshalb, weil Spiegel Online als Teil des Mainstreams gilt -, geht diese Reportage nicht weit genug. Es wird nicht nur auf deutschen einschlägigen Konzerten für Kämpfer geworben, sondern über Partnerorganisationen wie Der III. Weg, Reconquista und Misanthropic Division aktiv an der Basis gearbeitet. Das Zehn-Punkte-Programm des Dritten Weges gibt Auskunft darüber, was die Ziele in Deutschland sind. Reconquista, welche die Wiedereroberung der "Weißen Rasse" im Verbund mit einer geopolitischen Vereinigung im Sinne des Intermarium führt, verfügt in der ukrainischen Hauptstadt Kiew über einen eigenen Klub. Zusammen organisieren sie auch das größte Neonazi-Spektakel in Europa, das "Asgardsrei", welches ebenfalls in Kiew stattfindet.

Unterstützung erhielt Asow auch von ausländischen Söldnern mit rassistischem und nationalsozialistischem Hintergrund. Bekannteste Beispiele sind der amerikanische Blackwater-Söldner Stan Patton, der schwedische Scharfschütze Michael Skilt und der Franzose Gaston Besson, einem Fremdenlegionär und Spezialisten der Guerillakriegsführung. Besson war von der ersten Minute an in der Geschichte des Asow-Regiments dabei, begleitete die Geburtswehen bereits bei der Maidan-Revolution, als in Deutschland niemand etwas von Nazis auf dem Maidan hören wollte. Er ist das militärische Gehirn hinter Bilezkyjs „historischer Mission“ der ukrainischen Nation, die weißen Rassen in einen „Kreuzzug für das eigene Überleben“ zu führen. Einen Kreuzzug „gegen die von Semiten geführten Untermenschen.“

Das Gebäude des ukrainischen Parlaments Werchowna Rada.

Besson, der mit seiner kroatischen Frau und drei Kindern in der wunderschönen Stadt Pula an der kroatischen Adria lebt, schloss sich bereits 1991 dem kroatischen Gegenstück von Asow an: HOS.
Als paramilitärische Brigade der rechtsradikalen Partei HSP (Hrvatska Stranka Prava oder Kroatische Rechte Partei), kämpfte HOS oft als letzte Verteidigungslinie gegen eine überlegene jugoslawische Armee und serbische Tschetniks. Gaston Besson wurde damals in Kroatien bekannt, als er kurz vor dem Einmarsch der Tschetniks in das Dorf Cerić ein verletztes sechsjähriges Mädchen aus den Trümmern ihres Hauses befreite und in das sechs Kilometer entfernte Nuštar trug. Dieses Mädchen, Ivana, sollte er 16 Jahre später wieder treffen und sich in sie verlieben.

Aus Kroatien koordinierte er den weiteren Aufbau und die Rekrutierung von kroatischen Freiwilligen für das Asow- Regiment, die sich in der "kroatischen Legion" sammeln und zumeist aus Anhängern der faschistischen HSP bestehen. Nach Angaben eines kroatischen Anwärters, der es sich dann aber doch anders überlegt hat, bekommen die Kämpfer der "kroatischen Legion" bei Asow umgerechnet rund 150 Euro pro Monat. Das war wohl der Hauptgrund weshalb er sich dagegen entschieden hat, weil er nicht wegen dieser Summe als "Kanonenfutter" enden wollte.


Dass Andrij Bilezkyj keine kleinen Brötchen backt, zeigte er mit der Gründung der Partei "Nationaler Körper" im Oktober 2015. Während sich die Plattform der Partei betont nationalistisch gibt, versteht Bilezkyj sich und die Partei entsprechend seinem Manifest der "historischen Mission" als "Erbauer einer neuen Welt". In dieser Welt soll die Ukraine eine führende Nation werden, ausgestattet mit Nuklearwaffen, "wirklich hohen Löhnen", der "interessantesten Kultur" und einem eigenen Raumfahrprogramm. Der "Nationale Körper" will für die Ukraine den richtigen Weg gehen.
Die Ukraine soll von innen heraus wachsen. Die Oligarchie soll zerstört, der Staatsapparat schlanker, das Militär stärker, die Gesellschaft traditioneller und die Geburtenrate erhöht werden.

Sozialleistungen für junge Familien sollen erhöht und für jene, die einen "resistenten antisozialen Lifestyle" verfolgen, gänzlich gestrichen werden. Gemeint sind damit chronisch alkoholabhängige Menschen, Drogenabhängige und Drogendealer, "professionelle" Bettler sowie Personen ohne festen Wohnsitz. Religionsfreiheit soll gewährleistet bleiben, allerdings ohne die russisch-orthodoxe Kirche sowie "zerstörerische Sekten und Kulte". Großer Wert wird auf die Gesundung des Volkes gelegt, mit einem Ausbau von Sportinfrastruktur und staatlichem Anreiz zu sportlichen Betätigungen, sowie dem Verbot von Alkoholverkauf zwischen 23 und 7 Uhr und einem allgemeinen Werbeverbot für Alkohol und Tabakwaren.

Szenen der Verwüstung in Warschau.

Während Asow selbst, beziehungsweise die Partei "Nationaler Körper", national noch schwach und Umfragen zufolge lediglich auf 0,3 Prozent der Stimmen käme, sieht es bei einer Koalition der größten ultranationalistischen Parteien anders aus. Zusammen mit der bereits etablierten Partei Svoboda und dem faschistischen Rechten Sektor kämen die drei Parteien aktuell auf 5,3 Prozent, was einem Einzug in das ukrainische Parlament gleichkäme.

Angesichts dieser gefährlichen Entwicklung in der Ukraine, die in der Tat eine Vorreiterrolle des Faschismus in Osteuropa eingenommen hat, darf die Entwicklung in Polen nicht überraschen. 60.000 Polen marschierten zum Unabhängigkeitstag durch Warschau und skandierten "Juden raus", "Sieg Heil" oder "Weißes Europa". Innenminister Mariusz Błaszczak nannte es gar einen "wunderschönen Anblick". Vergangenes Wochenende fand in Warschau eine Veranstaltung unter dem Motto "Europa der Zukunft" statt, die zweite Veranstaltung dieser Art. Organisiert durch die neue Gruppierung "Szturmowcy" (Sturmtruppen), diskutierten nationalistische Delegierte aus verschiedenen Ländern - einschließlich der USA - mit 150 anwesenden Gästen über die Zukunft Osteuropas. Steigender Antisemitismus der mit einer Islamophobie einhergeht, ist das Resultat einer verfehlten Flüchtlingspolitik Europas, aber auch von nationalen Parteien, die die Ängste der Menschen für ihre eigenen machtpolitischen Ziele ausnutzen.

Patrik Hermansson, ein schwedischer Student, verbrachte zwölf Monate als V-Mann für eine britische Organisation bei verschiedenen nationalistischen Gruppierungen in Europa. Seine Erkenntnisse aus diesen zwölf Monaten sind alarmierend:
Viele Menschen unterschätzen wie ernst das alles ist. Sie denken, dass Nationalsozialismus ein Relikt der 1930er Jahre ist. Ich kann ihnen sagen, dass es das definitiv nicht ist. (....) Diese Leute sehen sich bestätigt. Sie sehen das als Kulturkrieg an, und sie glauben, dass sie gewinnen werden."
Dass dann auch noch die Ukraine und die USA die einzigen Länder waren, die einer Resolution der Vereinten Nationen zur Verurteilung von Nazi-Glorifizierung nicht zugestimmt haben, sollte bei allen Regierungen die Alarmglocken klingeln lassen, die diesen Vormarsch des Faschismus insbesondere in der Ukraine zugelassen haben.

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