Willy Wimmer zum Tod von Valentin Falin: "Im alttestamentarischen Sinne ein Seher"

Willy Wimmer zum Tod von Valentin Falin: "Im alttestamentarischen Sinne ein Seher"
Valentin Falin im Jahr 2016 bei einem Treffen anlässlich seines 90. Geburtstags und dem 75. Jahrestag von Sovinformburo.
Am 22. Februar starb im Alter von 91 Jahren der langjährige sowjetische Diplomat und Publizist Valentin Falin in Moskau. Falin hatte unter anderem den sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung beraten. 
 
Am Donnerstag starb der bekannte sowjetische Diplomat und Autor Valentin Falin im Alter von 91 Jahren in Moskau. Falin war von 1971 bis 1978 Botschafter der Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland. Er spielte auch eine bedeutende Rolle beim Aushandeln des Moskauer Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion im Jahr 1970. Nach dem Ende seiner Botschaftertätigkeit wechselte er in die sowjetische Innenpolitik und wurde Berater des späteren Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow.


Falin stand Gorbatschow dabei unter anderem in den Verhandlungen mit dem damaligen Kanzler Helmut Kohl zur deutschen Wiedervereinigung zur Seite. Er hatte bereits Mitte der 1980er Jahre Gorbatschow zu dessen politischer und ökonomischer Reformpolitik ermuntert und sagte früh einen möglichen Zusammenbruch der DDR voraus. Nach dem Ende der Sowjetunion lehrte Falin bis 2000 am Institut für Friedensforschung der Universität Hamburg, zuletzt war er am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) tätig.

Der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär und langjährige Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer hat anlässlich des Todes Valentin Falins ein Schreiben an RT Deutsch gerichtet, das wir auf diesem Wege dokumentieren:

von Willy Wimmer

Diese Nachricht erfüllt mich mit großer Trauer. Mit Valentin Falin ist ein großer Europäer und bedeutender Sohn des russischen Volkes heimgegangen. Er ist nicht mehr unter uns und er wäre für uns gerade jetzt so ungeheuer wichtig. Valentin Falin war das historische Gewissen eines geschundenen Kontinentes und er hat die globalen Herausforderungen wie kein zweiter Mensch gesehen.

Er war Deutschland und dem deutschen Volk verbunden und das in der ganzen Dimension, die man nur ermessen kann, wenn man sich nicht der Propaganda, sondern der Geschichte verpflichtet fühlt.
Wenn es nach ihm gegangen wäre, stünde das gemeinsame Haus Europa schon längst. Stattdessen müssen wir erleben, dass wir in Europa wieder gegeneinandergehetzt werden und man sich in Moskau fragen muss, warum das russische Volk nach allen Leiden dieses Jahrhunderts sich so für das Ende des Kalten Krieges und die Einheit des ehemaligen Kriegsgegners Deutschland eingesetzt hat?

Sprengung eines ehemaligen FDGB-Erholungsheimes in Klink nahe Waren Müritz (Mecklenburgische Seenplatte) am 28. September 2017. Das Heim wurde 1974 gebaut, nach der Wende privatisiert und in ein Hotel umfunktioniert. Jetzt muss das Hotel einem Neubau weichen.

Wenn ich an Valentin Falin denke, sehe ich seine Gattin, die ihn stets begleitete und die die deutsche Sprache so spricht wie der werte Verstorbene sie geschätzt hatte. Wir trauern mit ihr und das von ganzem Herzen.

Ende September 1989 habe ich den langjährigen sowjetischen Botschafter in Bonn, Herrn Valentin Falin, zum ersten Male in Moskau sprechen können. Er sprach über die deutsche Einheit, als - außer Kohl und Genscher - das in Bonn kaum jemand hören wollte. 

Er sprach aber auch über gewaltige Migrantenbewegungen, die unseren gemeinsamen Kontinent heimsuchen würden. Valentin Falin war im alttestamentarischen Sinne ein Seher.
Was machen wir aus dem, was er uns hinterlassen wollte?

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