Es gibt die wichtigsten 4 Tugenden: die
sicht Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mass nennen.
Dem gegenwärtigen Sprach- und Denkgebrauch
scheint die Klugheit weniger eine Vorraussetzung als vielmehr eine Umgehung des
Guten zu bedeuten. Das Gute ist das Kluge; dieser Satz klingt für uns fast
absurd. Oder wir missverstehen ihn als die Formel einer ziemlich unverhüllten
Nützlichkeitsethik. Denn Klugheit glaubt man ihrem Begriff nach dem bloss
Nützlichen, verwandter zu sein als dem Edlen. In der landläufigen gewordenen
Vorstellung von Klugheit existiert die Bedeutung einer ängstlichen bedachten
Selbstbewahrung und einer irgendwie eigensüchtigen Besorgtheit um sich selbst.
Beides aber, ist für den Edlen Menschen
ungeeignet. Es fällt uns eben schwer, zu verstehen, dass die Gerechtigkeit, die
zweite Kardinaltugend, und alles, was darin eingeschlossen ist, auf die
Klugheit gegründet sein soll. Klugheit und Tapferkeit sind im Bewusstsein der
Allgemeinheit, fast unvereinbare begriffe geworden. Klug ist, wer dafür zu
sorgen versteht, dass er nicht in die Verlegenheit kommt, tapfer sein zu müssen.
Für das durchschnittliche Verständnis des Menschen, schliesst also der Begriff
des Guten den des Klugen eher aus als ein. Es gibt, so scheint mir, keine gute
Tat, die nicht unklug, und keine böse, die nicht klug sein könnte. Lüge und
Feigheit wird oft genug klug, Wahrhaftigkeit und tapfere Selbsthingabe ebenso
oft unklug heissen.
Wer z.B. die alltägliche begegnende
Realität an dem Anspruch der Gerechtigkeit misst, dem wird deutlich, wie sehr
das Unheil in der Welt zwar viele Namen hat, hauptsächlich aber den Namen
Ungerechtigkeit. Das grösste Elend der Menschen beruht mehr auf dem Unrecht der
Menschen als auf dem Unglück. Aristoteles geht indem er die verschiedenen
Grundgestalten der Gerechtigkeit darzustellen unternimmt, ausdrücklich von dem
erfahrungsmässige Nächsten aus, von denen des Unrechts: Er sagt „Die
Vielgestalt der Ungerechtigkeit macht die Vielgestalt der Gerechtigkeit
deutlich“.
Tapferkeit setzt Verwundbarkeit voraus,
ohne Verwundbarkeit gibt es nicht einmal die Möglichkeit der Tapferkeit. Eben
ein Engel kann nicht tapfer sein, weil er nicht verwundbar ist. Tapfer sein
nämlich heisst: eine Verwundung hinnehmen können. Weil der Mensch verwundbar
ist, kann der Mensch tapfer sein. Verwundung, und darunter verstehe ich, jeder
Eingriff gegen den Willen der
natürlichen Unversehrtheit, jeder Eingriff in die Unversehrtheit des in sich
selbst ruhenden Seins, also was gegen unseren Willen an uns und mit uns
geschieht, also alles irgendwie Negative, alles Schmerzliche und Schädigende,
alles Beängstigende und Bedrückende.
Was meint die heutige Rede von Mässigkeit
und Mässigung? Der Sinn von Mässigung ist zusammengeschrumpft auf die banale Bedeutung der Mässigung im Essen
und Trinken, rein auf das Mengen-Mass bezogen. Wenn wir Unmässigkeit und die Völlerei
einzig auf das Zuviel und den vollen Bauch hindeuten, bedarf es keines Wortes,
weil in diesem Sinne Mässigkeit eine eingeschränkte Bedeutung bekommt.
Mässigung erreicht eigentlich den richtigen Sinn erst dann, wenn es den Rang
der Mässigung im Zusammenhang mit dem Zorn erwähnt wird. Einem zornigen
Menschen ruft man zu, er solle sich mässigen. Die Mässigung des Zornes ist
natürlich nur ein Teilbereich, was Mässigung im gesamten einschliesst. Aber
auch die Völlerei ist darin einzuschliessen.
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