Die vergrabene Antisemitismusstudie des EUMC ist kein
Einzelfall. Ein Jahr lang blieben die Erkenntnisse über antisemitische Ausfälle
in 15 EU Staaten bei dem Wiener Institut unter Verschluss, weil den
Auftraggebern die Ergebnisse nicht ins Konzept passten. Das Institut wurde
gegründet, um die Ausländerfeindlichkeit in Europa zu beobachten. 250 Millionen
Euro liess sich die EU die Arbeit dieser Wächter der Xenophobie kosten. Über 17
Millionen „Ausländer“, im Wesentlichen Moslems aus Nordafrika und der Türkei
leben inzwischen in Europa und sind zunehmend seit dem 11. September auch
Verfolgungen und Beschimpfungen ausgesetzt. Drei Studien des EUMC bestätigten
die weit verbreitete „Islamophobie“. Zur Ergänzung wurde nun die angesehene
Berliner Zentrale zur Erforschung des Antisemitismus gebeten, Material über die
älteste Form der Fremdenfeindlichkeit in Europa zu sammeln, der „Judeophobie“.
Aber da gab es Probleme. Werner Bergmann, mit der Studie betraut, beklagte sich
über die unterschiedliche Qualität der für ihn gesammelten Zahlen und Angaben
zu Antisemitismus in einem Teil der Länder. Aus England zum Beispiel wurde ihm
zunächst überhaupt kein Material geschickt. Noch ehe das gesammelt Material
ausgewertet werden konnte, so Bergmann, gab es grundsätzliche Differenzen
zwischen dem Auftraggeber in Wien und den Forschern. Die Unterscheidung
zwischen „legitimer Kritik an Israel“ und echtem Antisemitismus wurde immer
enger gefasst. Für Bergmann steht fest, dass eine Infragestellung des
Existenzrechts des jüdischen Staates gleichzusetzen sei mit den fast 2000
jährigen Bestrebungen christlicher Kirchen, das Judentum durch Zwangstaufe
abzuschaffen wie während der Inquisition. Das Verbrennen ihrer Heiligen Bücher
und ihrer selbst auf Scheiterhaufen komme einem Entzug des Existenzrechts der
Juden gleich. Das die Nazis schliesslich mit ihrer moderneren
antisemitisch-rassistischen Ideologie die Juden völlig ausrotten wollten,
bedarf keines Kommentars. Doch in Wien war man der Meinung, dass die
Existenzberechtigung Israels, von arabischen Staaten und islamistischen
Propagandisten teilweise mit den gleichen Argumenten wie der Nazis und der
christlichen Judenhasser begründet, als „politische Frage“ auszuklammern sei.
Aber selbst das Verwässern der Kriterien eines Antisemitismus
konnte letztlich nicht das wenig überraschende Ergebnis der Untersuchungen
ändern: muslimische Jugendliche, vor allem in Frankreich, Belgien, Holland und
England, waren aktiv an vielen „antisemitischen“ Anschlägen in Europa
beteiligt. Im Frühjahr 2002, dem vielleicht zu kurz gewählten Zeitraum der
Studie, wurde Israel zunächst von einer präzedenzlosen Welle von
Selbstmordattentaten erfasst, die allein im März über 120 Tote forderten, während
im April israelische Truppen in die palästinensischen Gebiete einmarschierten,
um diesem Spuk ein Ende zu setzen. In diese Zeit fielen die Gerüchte über ein
angebliches israelisches Massaker in Dschenin mit hunderten oder gar tausenden
Toten, was später ein offizieller Bericht der UNO dementierte. Die arabische
Welt war von Hass auf Israel ergriffen. In Frankreich, aber auch in anderen
europäischen Ländern mit einem grossen arabischen Bevölkerungsanteil,
vergriffen sich daraufhin Jugendliche aus dem Maghreb an Synagogen und Juden,
während die drei Millionen Moslems in Deutschland, im Wesentlichen Türken, an
diesen Aktivitäten nicht teilnahmen. Die EUMC betrachtete es als Formfehler,
ausgerechnet diese Periode besonders blutiger Ereignisse im Israel/Palästina-Konflikt
zu verwenden, um antisemitische Überfälle in Europa zu erfassen.
Der EUMC passte es nicht ins Konzept, dass ausgerechnet ihre
Schützlinge, die diskriminierten „Ausländer“, nun selber als aktive
„Fremdenhasser“ blossgestellt wurden. Dabei hatten die Berliner Forscher
eigentlich nichts Neues entdeckt. Die verbrannten Synagogen in Frankreich und
die Anschläge auf jüdische Einrichtungen wurden in den Medien ausgiebig gezeigt
und von israelischen wie französischen Politikern auf höchster Ebene thematisiert.
Dass auch in Belgien, Holland und England die Dinge ausser Kontrolle geraten
waren, dass die Integrationspolitik gescheitert war und dann Juden das erste
Opfer der arabischen Minderheiten waren, wusste freilich jeder, der sich mit
dem Thema regelmässig beschäftigte.
Erst im Dezember 2003 wurde bekannt, dass es die Studie gab
und dass sie nicht veröffentlicht werden durfte. Jüdische Organisationen und
Abgeordnete im Europaparlament reagierten lautstark und mit Empörung. Schliesslich
gelang es dem Europäisch-jüdischen Kongress in den Besitz der geheimen Studie
zu gelangen und veröffentlichte sie auf ihren Internetseiten. Der „rote Dany“,
Dany Cohn-Bendit, übernahm sie ebenfalls auf seine Internetseite, während die
deutschen Medien vornehme Zurückhaltung übten. An jenem Tag, an dem der
jüdische Kongress am frühen Nachmittag die 104 Seiten der Studie im weltweiten
Netz für jedermann zugänglich machten, griffen nur dänische Zeitungen zu,
während in Deutschland verbreitete Agenturen die Information erst gegen 23:00
Uhr verbreiteten. Das war lange nach Redaktionsschluss der Zeitungen. So erfuhr
die breite Öffentlichkeit in ihren Printmedien erst zwei Tage nach der
Veröffentlichung von dem Inhalt der Studie. Bei einem rechtzeitig informierten
Fernsehsender sagte ein Redakteur: „wir können doch nicht ein Thema zum
Aufmacher machen, über das sonst noch keiner redet, weil es keine Agentur
aufgegriffen hat.“
Immerhin war den Europa-Abgeordneten das Verhalten der EUMC
dann doch etwas übertrieben. Sie sperrten dem Institut das Geld. Eine Zensur
und politisch motivierte Einschränkung der Meinungsfreiheit in einer
offiziellen europäischen Institution störte die Parlamentarier offenbar mehr
als die Erkenntnis, dass die gehassten Fremden selber vom Makel des
Fremdenhasses erfasst waren.
Doch die Geheimhaltung der EU Studie ist in Europa kein
Einzelfall. Es gibt noch andere Phänomene einer „politischen Korrektheit“ in
den Medien. Unbekannt ist natürlich, was in den Medien nicht veröffentlicht
wird. Das wissen meistens nur die Korrespondenten und ihre Redakteure, denn
gemeint sind jene Berichte, die im „grossen Papierkorb“ landen.
Dieses Phänomen wurde in den USA zu einem öffentlichen
Skandal nach dem 11.9., als man plötzlich feststellte, dass man fast nichts
über die Stimmungen in der arabischen Welt wusste. New York und Washington traf
es im wahrsten Sinne des Wortes aus „heiterem Himmel“, weil sich die
Verantwortlichen nicht die Mühe machten, den Hass-Predigten der muslimischen
Imame zu lauschen, deren giftige Hetze letztlich jedem Interessierten
zugänglich waren. Denn was da im Nahen Osten per Lautsprecher von den
Minaretten in die ganze Nachbarschaft verbreitet wird, kann jeden Freitag live
im Fernsehen mitgeschnitten, im Radio gehört oder wenig später im Internet
teilweise sogar in Englischer Übersetzung abgerufen werden. Das
Informationssystem in der Welt des Islam funktioniert fast perfekt.
So hat schon lange vor dem 11.9. hatte ein gewisser Murray
Kahl damit begonnen, die Sermonen aus den Moscheen in Nahost zu sammeln und
seinen Abonnenten per Email regelmässig zuzuschicken. Kahl ist angeblich (man
weiss ja nie bei den elektronischen Informationslieferanten) ein
rechtsgerichteter Israeli, der sich darauf konzentrierte, vor allem die
Predigten bekannter Imame in Jerusalem, in der El Aksa Moschee, zu sammeln.
Seinem Beispiel folgten nach dem 11.9. aus dem Boden gesprossene amerikanische
und internationale Institutionen wie Memri, gegründet von dem ehemaligen
israelischen Geheimdienstmann Yigal Carmon. In den Filialen in Jerusalem,
Washington, Berlin und jetzt sogar in Bagdad, werden regelmässig
Zeitungsartikel aus der arabischen Presse ins Englische oder Deutsche übersetzt
und einem breiteren Leserkreis zugänglich gemacht. Auch Predigten, in Jemen,
Oman, Bagdad und Kairo gehalten, werden in Englischer Sprache dem erstaunten
Leser zur Verfügung gestellt. Die blumigen Verfluchungen der Ungläubigen
übersteigen die vornehme europäische Zurückhaltung und die Aufrufe zu
Völkermord könnten in Deutschland vermutlich strafrechtlich verfolgt werden.
In den USA herrschte Nachholbedarf und seit dem 11.9. werden
diese „unabhängigen“ Übersetzungsdienste fleissig gelesen. In Israel freilich
war man schon vorher darauf getrimmt, die Stimmung unter den Palästinensern
aber auch der arabischen Welt recht genau zu verfolgen.
Doch in Europa will man offenbar bis heute diese Gedankenwelt
im Islam nicht wahrnehmen. Da wird weiterhin an den Chancen eines aufgeklärten
„Dialogs“ mit „gemässigten Kräften“ festgehalten, obgleich es im Islam bis
heute keine „Aufklärung“ gegeben hat, wie im christlichen Westen vor
zweihundert Jahren. Wie Bernard Lewis in seiner vorzüglichen Analyse über das
„Scheitern“ des Islam beschreibt, ist es vor allem die mangelnde Fähigkeit zur
Selbstkritik, die letztlich auch einen „Dialog“ sinnlos macht. Solange der
Koran und die mündliche Tradition als Gottes Wort und damit als „Wahrheit“
empfunden werden, ohne dass da Zweifel angeführt werden dürfen, können Respekt
für die „Ungläubigen“ nur so weit gehen, wie es die Religion vorgibt.
Wenig bekannt ist auch die Kraft der Fatwas, der
Richterurteile von Geistlichen. Im Islam gibt es keine Hierarchie, wie in der
katholischen Kirche. Fatwas können einander durchaus widersprechen. So gab es
in den letzten drei Jahren eine recht faszinierende Auseinandersetzung unter
den Geistlichen zur Frage der Selbstmordattentate. Dürfen sich auch Frauen als
lebende Bombe einsetzen lassen, sind diese Kämpfer wirklich Gotteskämpfer und
„Märtyrer“ mit freier Fahrt direkt ins Paradies, ist es akzeptabel, gezielt
gegen Zivilisten vorzugehen usw. Diese Fatwas widersprechen teilweise den
europäischen Vorstellungen derart, dass sie in deutschen Redaktionen als
„Quatsch“ abgetan werden, wobei wohl kaum jemand einen päpstlichen Aufruf zu
Keuschheit ohne Kondome als wirksames Kampfmittel gegen die grassierende
Aids-Epidemie in Afrika ebenfalls als „Quatsch“ unveröffentlicht lassen würde.
Die Fatwas sind teilweise so abstrus, dass manche Redakteure
wohl befürchten, durch deren Veröffentlichung Hetze gegen den Islam zu
betreiben oder den Islam in ein schiefes Licht zu setzen. Dabei handelt es sich
teilweise um Richtsprüche, die von sehr einflussreichen und angesehenen
Geistlichen stammen, wie etwa dem Scheich Tantawi von der El Azhar Universität
in Kairo. Wenn er sich für einen Dialog mit Christen und Juden ausspricht, wie
im Rahmen des „Alexandien-Papiers“, so findet das Beachtung in der westlichen
Presse. Wenn er aber schon am Tag nach der Unterzeichnung dieses Papiers in
einer Fatwa theologische Rechtfertigungen für Selbstmordanschläge findet, die
er am Tag zuvor noch als „Sünde“ abgetan hat, so wird das tunlichst
unterschlagen.
Ein anderer bedenklicher Fall von Unterschlagung einer
bemerkenswerten Fatwa war der Richtspruch des einflussreichen Scheich Kardawi
in Qatar. Der hatte vor einigen Monaten verkündet, dass der Islam
Konstantinopel schon vor Jahrhunderten erobert habe. Jetzt sei Rom an der
Reihe, womit er Westeuropa meinte. Es seien genügen Moslems über ganz Europa
verteilt, um „ohne Schwert“ auch den alten Kontinent durch den Islam „befreien“
zu lassen. Diese Fatwa wurde per Internet in vielen Sprachen in alle Welt
verteilt. Amerikanische und israelische Medien griffen sie auf und warnten vor
ihren Folgen. Sie entsprach durchaus den Attacken radikaler Geistlicher in
Moscheen in der arabischen Welt, die nicht müde werden, den Untergang des
dekadenten Westens zu prophezeien, mit den USA an der Spitze, mit Israel als
greifbarem Gegner im Nahen Osten und mit Europa als Endziel. Auch die Türkei
wird da als Ketzerstaat genannt.
Doch in Deutschland herrschte eisernes Schweigen. Scheich
Kardawi und seine „Quatsch-Idee“ kamen schlicht nicht vor. Fast identische
Sprüche eines Osama bin Laden wurden deshalb als Produkt eines „krankhaften
Geistes“, als Grössenwahn, abgetan. Weder der 11.9. noch die jüngsten
Bombenanschläge in Istanbul und schon gar nicht der Krieg der
Selbstmordattentäter in Israel überzeugten, dass es sich hier um ein weit
verbreitetes, unter Geistlichen des Islam fest eingebettetes Phänomen handelte.
Wer im Laufe der Jahre die Hasspredigten in den Moscheen verfolgt hat, wusste,
dass Osama bin Laden weder ein Einzelfall war, noch die Spitze des Eisbergs.
Dieses in den europäischen Medien darzustellen war bisher
fast unmöglich. Denn wenn die Berichte aus Israel oder aus den USA kamen,
wurden sie als „Propaganda“ betrachtet. In den arabischen Ländern gibt es nur
wenige Pressevertreter und die üben sich in falsch verstandener Solidarität mit
der arabischen Welt. „Der Mann wusste offenbar nicht, was ein westlicher
Journalist hören wollte“, schrieb kürzlich ein deutscher Korrespondent, als er
im Irak einen Richter interviewte, der sich über die „sanfte“ Behandlung von
irakischen Gefangenen durch die Amerikaner beklagte.
In Deutschland selbst gibt es nur wenige Journalisten, die
sich auch inhaltlich mit muslimischen Extremisten befassen. Wer interessiert
sich schon dafür, was im Kalifenstaat in Aachen, in der saudischen Akademie in
Bonn oder unter den Hamburger Studenten gedacht und diskutiert wurde, jenen die
dann in den USA Flugkurse nahmen und kein Interesse hatten, neben dem Start des
Flugzeugs auch dessen sichere Landung zu erlernen. Bei Metin Kaplan dreht sich
das öffentliche Interesse nicht um dessen Gedankenwelt und Lehren, sondern eher
um die Frage, ob sich die Türkei vielleicht der Menschenrechtsverletzungen
schuldig machen könnte, falls er nach Ankara ausgeliefert wird. Der deutsche
Rechtsstaat feiert einen Sieg, wenn Kaplan wieder auf freien Fuss gesetzt wird,
obgleich sich die Türkei zu Recht oder Unrecht darüber beklagt, dass der
gleiche Kaplan im freien Deutschland die Fäden für einen ungeheuerlichen
Massenmord in Istanbul zieht, so wie sich Muhamad Atta und seine Freunde in
Deutschland ungestört auf ihren Todesflug vorbereiten konnten.
Dieser Rechtsstaat kennt nur Meinungsfreiheit. Gedanken über
eine künftige Straftat sind frei und nicht strafbar. Einem Muhammad Atta hätte
wohl kein Verbrechen nachgewiesen werden können, selbst wenn er im Kaffee an
der Alster geprotzt hätte, das World Trade Center in Schutt und Asche legen zu
wollen. Niemand hätte ihm geglaubt, weil der Gedanke zu ungeheuerlich klang.
Deutsche Ankläger wären in Beweisnot geraten, wenn sie versucht hätten, den grössten
Terroranschlag der Weltgeschichte zu verhindern.
So entsteht eine fast absurde Situation. Die Eingeweihten,
darunter Otto Schilly, der BND und ein paar Experten wissen, dass es mitten in
Europa unter den muslimischen Gemeinden einen harten Kern von Fanatikern gibt,
die an gewissen Orten sogar tonangebend sind und die gesamte muslimische
Gemeinschaft, die wie in Deutschland mehrheitlich tolerant, gemässigt und
desinteressiert ist, in Verruf bringen könnte. Sie wissen auch, dass hier mit
harten emotionalen wie schwer widerlegbaren religiösen Sprüchen die Zerstörung
des Rechtsstaates und seiner freiheitlichen Werte aktiv betrieben wird. Der
Rechtsstaat bindet aber die Hände, gegen dieses giftige Gedankengut vorzugehen,
weil das im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Das ist im Prinzip auch gut so. Denn die Unterscheidung
zwischen willkürlicher politischer Verfolgung von „Andersdenkenden“ und einer
legitimen Verteidigung dieses Rechtsstaates ist gemäss der historischen
Erfahrung in Deutschland nur schwer zu machen.
Israel und die USA setzen völkerrechtlich höchst fragliche
Methoden ein, um sich gegen die nachweisliche Gefahr zu schützen. Sie scheuen
auch keine Verstösse gegen Grundregeln der Menschenrechte, indem sie
Talibankämpfer und El Kaeda Leute in Guantanamo monatelang ohne Prozess
einsperren, oder indem die Israelis ohne fairen Prozess Palästinenser jeweils
für sechs Monate in „Vorbeugehaft“ nehmen. Die palästinensischen Delinquenten
wissen oft nicht, welche „Schuld“ sie auf sich geladen haben, denn ihrem Anwalt
wird nur ein nichtiges Vergehen wie Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung mitgeteilt, während dem Richter geheimdienstliche Erkenntnisse
vorgelegt werden, die der Angeklagte nicht sehen darf. So soll verhindert
werden, dass dem Betroffenen geheimdienstliche Quellen preisgegeben werden.
Nach Angaben des israelischen Militäranklägers würden nur die „ganz dicken
Fische“ in Vorbeugehaft genommen. In einem vom Militärsprecher abgehörten und
mitgeschnittenen Telefongespräch sagte Colonel R., dass diese „Drahtzieher“
beste Chancen hätten, von einem zivilen Gericht, sogar in Israel,
freigesprochen zu werden, denn „Gedanken sind frei“. So gestehen die
israelischen Militärs offen, mit ihren Militärgerichtshöfen gegen
rechtsstaatliche Prinzipien zu verstossen. Gleichzeitig sagt Colonel R.: „Wir
wissen genau, was die Leute tun, was sie sagen und wie sie hier die
mörderischen Anschläge auf Israelis organisieren. Da sie nicht unmittelbar
beteiligt sind, kann man ihnen nur schwer eine Straftat nachweisen. Der Erfolg
der israelischen Geheimdienste, mehr als 90 Prozent aller versuchten Anschläge
zu verhindern, liegt auch an unserer Fähigkeit, jene Leute hinter Gitter zu
setzen, die ideologisch die Fäden zu dem Terror ziehen.“
In Europa sind solche Methoden (noch) undenkbar. Solange
ausgerechnet Deutschland als sicherer Ort für „Schläfer“ und für den Transfer
der Terrorgelder benutzt werden kann, glaubt man sich relativ sicher, nicht die
Erfahrung zu machen, die kürzlich Istanbul heimgesucht hat.
Gleichwohl sollte man auch in Europa aufmerksamer als bisher
verfolgen, was in der Welt des Islam gesagt, gedacht und gepredigt wird, denn
da ist das „dekadente“ Europa schon längst zum Ziel des „Dschihad“ erklärt
worden.
Der Beschluss des EUMC, seine Antisemitismusstudie unter
Verschluss zu halten, weil sie „politisch unkorrekt“ radikale Exzesse unter
muslimischen Ausländern aufdeckte, ist nur die Spitze eines Eisbergs. Denn all
das, was in Europa in den Medien aus gleichen Gründen nicht veröffentlicht
wird, könnte die Europäer aufschrecken und aus einem falschen Gefühl der
Sicherheit erwecken.
Das Problem liegt in der wohl falschen und vielleicht gar
gefährlichen Furcht, dass durch eine breitere Veröffentlichung der gedanklichen
Exzesse radikaler islamischer Geistlicher eine Verunglimpfung aller Moslems
befürchtet wird. Da wird allerdings mit einem doppelten Standard gemessen.
Fühlt sich etwa ein deutscher Christ verunglimpft oder auch nur persönlich
angesprochen, wenn er einen Artikel über den Ku-Klux-Klan liest? Oder überträgt
er den dort gepredigten Rassenhass sogleich auf alle Amerikaner? Würde jemand
ein Interview mit dem Hamas-Scheich Ahmed Jassin sogleich als repräsentativ als
„alle Palästinenser“ auffassen? Oder käme jemand auf den Gedanken, Horst Mahler
als vornehmsten Vertreter des Volkes Stimme in Deutschland zu betrachten? Wohl
kaum.
Deshalb sollte die EUMC Studie ebenso wenig verheimlicht
werden, wie die Aussagen islamischer Geistlicher, weil durch Verschweigen deren
Gedankengut nicht ungeschehen gemacht wird. Nur durch Wissen kann auch
realistisch dagegen angegangen werden. Das böse Aufwachen der Amerikaner am
11.9. kann, wie inzwischen jederzeit weiss, an jedem Ort der Welt geschehen, in
Bali wie in Casablanca und Istanbul. Europa dürfte da nicht immun sein. Eine
Kenntnis dieser vorerst nur verbalen Attacken auf die westliche Wertegesellschaft
sollte eine ernsthafte Diskussion rechtzeitig auslösen, damit es nicht nach der
Katastrophe zu Kurzschlussreaktionen kommt, wie das manche Kritiker an dem
Beschluss der Amerikaner bemängeln, Afghanistan und Irak angegriffen zu haben.
Eine rechtzeitige Auseinandersetzung muss auch nicht gleich bedeuten, dass
fortan Menschenrechte, Völkerrecht und die rechtsstaatlichen Prinzipien mit den
Füssen getreten werden, wie das den USA und Israel vorgeworfen wird. Vielmehr
sollte man sich auch in Europa darüber Gedanken machen, dass die Pläne
muslimischer Extremisten für sich schon eine Kriegserklärung gegen den
Rechtsstaat sind, unter völliger Missachtung von Menschen- und Völkerrecht.
Ebenso muss gewährleistet sein, dass die Masse der Ausländer, vor allem die
Moslems in Europa nicht in einen Topf geworfen werden mit den wenigen
Extremisten.
Die Europäer können die arabische Welt nicht eines Besseren
belehren. Die Fähigkeit zu Selbstkritik kann nur aus ihr selber hervorgehen.
Aber die Moslems in Europa unterliegen anderen Gesetzen. In dem Augenblick, wo
sie sich entschieden haben, europäische Bürger zu werden, unterliegen sie auch
der Pflicht, sich in Europa an die geltenden Staatesgesetze zu halten. Da
gelten Toleranz und ein Verbot von Rassenhetze. Die Behörden in den
europäischen Ländern sollten deshalb darauf achten, dass die Kinder der
Einwanderer in diesem Geiste der geltenden Gesetze erzogen werden. Auch der
Islam ist eine Religion, die Toleranz predigt. Die Kinder der Einwanderer aus
muslimischen Ländern sollten vor den radikalen Fatwas beschützt werden, die
letztlich eine höchst gefährliche Instrumentalisierung der Religion für rein
politische Zwecke bedeuten. Genauso wurden auch im christlichen Europa in der
Vergangenheit die schlimmsten Verbrechen, vor allem an Juden, mit der Bibel und
mit theologischen Lehren gerechtfertigt. Seit dem Holocaust üben sich die EKD
und der Vatikan in einem historischen Wandel ihres Verhältnisses zu den Juden.
Christlicher Judenhass ist also durchaus kein vorgeschriebener Glaubenssatz,
sonder lässt sich durch Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit, durch
Aufklärung und Dialog durchaus ändern. Erst 1962, mit dem zweiten Konzil. hat
die katholische Kirche abgeschafft, was fast 2000 Jahrelang gängige Lehre war:
dass „die“ Juden Gottesmörder seien.
Genauso kann und muss in Europa den neuen Bürgern
muslimischen Glaubens klar gemacht werden, dass Tendenzen unter wahabitischen
Geistlichen in Saudi Arabien, bei Kardawi und Tantawi eher politisch motiviert
sind, als gängige Lehren des Islam. Die Aufrufe zu Genozid werden zwar unter
Berufung auf den Koran gepredigt, aber hier sollte man in Europa einen Riegel
vorschieben und das nicht in europäischen Koranschulen zulassen. Um zu dieser
Erkenntnis zu gelangen, sollte freilich offen diskutiert werden, was im Islam
gepredigt und gedacht wird. Es unter den Teppich zu kehren, wie im Fall der
EUMC Studie, kann nicht nur ein böses Erwachen bedeuten. In Holland ist man
sich viel zu spät bewusst geworden, dass die bisherige Politik der Eingliederung
von Einwanderern gescheitert ist und in Frankreich merkt man erst jetzt, dass
trotz aller Bemühungen die Dinge schneller als erwartet ausser Kontrolle
geraten. Und in England war man überrascht zu erfahren, dass zwei junge
Pakistanis mit britischem Pass sich im Namen der Hamasbewegung in einem Tel
Aviver Pub als Selbstmordattentäter betätigten.
Als Beobachter und Berichterstatter aus dem Nahen Osten
können wir nicht unbedingt die guten und richtigen Vorschläge machen, wie mit
diesem Problem am besten umzugehen sei. Das müssen die Politiker entscheiden.
Die Patentlösungen dürften von Land zu Land unterschiedlich ausfallen. Wir
können lediglich auf ein Phänomen hinweisen, das gemäss unserer eigenen
Erfahrung lieber verschwiegen als an die Grosse Glocke gehängt wird. Uns geht
es keinesfalls um eine anti-islamische oder gar anti-arabische Propaganda. Wir
können nur den kleinen Rat geben, doch das zu lesen und zu studieren, was in
der arabischen Welt gesagt und gepredigt wird und was dank Internet inzwischen jedermann
in englischer und sogar in deutscher Sprache zugänglich ist, vorausgesetzt, man
WILL diese Dinge sehen. Und die Kenntnis dieser Hasspropaganda aus der Welt des
Islam bedeutet noch längst nicht, dass man sich dem mit kriegerischen Mitteln
widersetzen müsste. Es bedeutet auch nicht, dass man nun den Islam oder die
arabische Welt verachten sollte. Im Gegenteil. Durch eine rechtzeitige
Auseinandersetzung mit dem Phänomen lässt sich vielleicht verhindern, dass noch
mehr Moslems, diesmal auch in den Grenzen Europas, von dieser Tendenz erfasst
werden. Denn letztlich geht es hier schon um das Überleben unserer eigenen
Werte, um all das, was für uns Europäer das Leben so lebenswert macht:
Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Toleranz und im extremen Fall sogar uns
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