Palästinenser dürfen ihre „israelischen Eroberer“ anklagen


Am 18. November ist ein israelischer Grenzpolizist vom Jerusalemer Bezirksgericht zu einer 45-tägigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Gerichtshof hatte ihn für schuldig befunden, den 15-jährigen Palästinenser Tareq Abu Khadir vor einem Jahr sinnlos verprügelt zu haben. Der Vorfall war aufgezeichnet und im Netz verbreitet worden. Tareq hatte sich an den Unruhen im Juli 2014 beteiligt, die nach dem Mordanschlag auf seinen Cousin, Mohammed Abu Khadir in Ostjerusalem ausgebrochen waren. Für den Mordanschlag sind zwischenzeitlich drei Israelis in Jerusalem verurteilt worden. In Israel wird diese Tat als „jüdischer Terror“ betrachtet.

Tareq hatte während besagter Unruhen mit einer Steinschleuder israelische Sicherheitskräfte angegriffen und wurde deshalb von dem nun verurteilten Grenzpolizisten in Gewahrsam genommen. Es handelte sich um einen gewalttätigen Ausbruch mit Steinen, Molotowcocktails und brennenden Autoreifen. Vor diesem Hintergrund wurde Tareq vom Grenzpolizisten, dessen Name nicht veröffentlicht werden darf, verprügelt.

Vor dem Gericht bat der Soldat um Entschuldigung: „Es tut mir wirklich leid, was passiert ist. Ich möchte dem Staat Israel auch weiterhin dienen“. Richterin Dana Cohen-Lekach schrieb in ihrem Urteil, dass sie die Hingabe und den loyalen Einsatz des jungen Soldaten für den Staat Israel zu schätze wisse, der oft dafür seine eigenes Leben riskiert und das Leben anderer Menschen gerettet hat. Aber gleichzeitig betonte die Richterin, dass man ein Verhalten in der Form nicht dulden darf, wenn ein Verdächtiger von Soldaten oder Polizisten verprügelt werden.

Die Familie von Tareq hatte anfänglich eine längere Strafe verlangt, zeigte sich aber zufrieden, dass in Israel selbst Soldaten unter die Lupe genommen und sogar angeklagt werden können.

Israelische Soldaten und Polizisten sind nicht immun und werden oft wegen unverhältnismäßigem Verhalten angeklagt, das nicht zu den Anweisungen der israelischen Sicherheitskräfte gehört. Die Palästinenser haben dafür die Freiheit, israelische Soldaten und Polizisten anzuklagen. Arabische Knessetabgeordnete begleiten solche Gerichtsverfahren sehr gerne. Das gibt ihnen neben ihrem parlamentarischen Dienst in der Knesset eine weitere Bühne, Israel in den israelischen Medien anzuklagen.

Übrigens handelt es sich hier nicht um den einzigen Fall, bei dem israelische Soldaten gemaßregelt werden. Dies beweist einmal Selbstkritik und zum anderen die Freiheit, die Palästinenser genießen. Sie dürfen den „israelischen Eroberer“ anklagen.

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