2015: Die letzte Unverschämtheit


2015: Die letzte Unverschämtheit
Die USA brachten Frieden und Sicherheit nach Syrien, für das Übel dort ist natürlich Russland verantwortlich. So sieht die Bilanz zum Ende des Jahres aus, wenn John Kerry sie zieht. RT Deutsch verabschiedet sich mit einer anderen Bilanz und verspricht, auch das kommende Jahr frech und hinterfragend zu begleiten.
 
Es war ein ereignisreiches Jahr 2015. Wie schon im Vorjahr 2014 bewegten Deutschland vor allem Themen der internationalen Politik. Im Interview mit RT sah der Außenminister der Russischen Föderation, Sergei Lawrow, kürzlich auch erste positive Tendenzen. Mit Blick auf das stärkere Engagement seines Landes im Syrienkonflikt bilanzierte er:
"Das Ergebnis war, dass sich das gesamte Bild des Geschehens klarer abzeichnet. Man konnte sehen, wer tatsächlich gegen die Extremisten vorgeht, wer als ihr Handlanger fungiert und sie zu eigenen egoistischen Zwecken ausnutzt."
Die russische Politik habe wesentlich dazu beigetragen, dass der Wiener Prozess eingeleitet wurde, um endlich eine politische Regelung für den Frieden in Syrien zu erreichen. Schon im Januar werden sich Opposition und Regierung in Syrien erstmals direkt zusammensetzen. Der positiven russischen Interpretation werden wohl nur wenige widersprechen können.

Wie schon 2013, als die russische Initiative dazu beitrug, die syrischen Bestände an Giftgas zu beseitigen, und mit ihnen eine berüchtigte "Rote Linie" der amerikanischen Außenpolitik, dürften die meisten Beobachter sich einig sein, dass Russland eine eher ordnende Rolle im Chaos um Europa herum spielte.

Aber Lawrow erinnerte auch daran, dass die Russische Föderation im vergangenen Jahr Ziel einer "äußerst hitzigen Medienkampagne" wurde. Kaum hatte er es ausgesprochen, schon kam der nächste Stein geflogen. Der Sprecher des US-Außenmisteriums, Mark Toner, brachte in Washington kurz vor Jahresende die "Besorgnis" seines Arbeitgebers zum Ausdruck.

Angeblich seien Russlands militärische Operationen in Syrien verantwortlich für zahlreiche Verbrechen gegen die Menschenrechte. Wie üblich belegte das US-Außenmisterium seine Anschuldigungen nicht, ja genau genommen behaupteten sie es nicht einmal. Mark Toner sprach gar nicht davon, dass die Zahl der Toten steigt, sondern nur davon, dass "die Zahl der Berichte" darüber zunimmt. Geschulte Zuschauer werden den Unterschied erkennen.

Schon zu Weihnachten hatte das amerikanische Außenmisterium eine Grosteske abgeliefert. Die "USA haben Syrien Frieden und Sicherheit gebracht", bilanzierte das Kerry-Ministerium vor wenigen Tagen sein Jahr 2015. So verabschiedet sich die US-Außenpolitik mit den letzten Unverschämtheiten aus diesem Jahr.

Andererseits: Das wichtigste Magazin für US-Außenpolitik, Foreign Affairs, liefert in seiner Ausgabe zum Jahresanfang 2016 einen interessanten Hintergrund zur Politik der Regierung Obama in Syrien. Über den Beitrag zu "Frieden und Sicherheit" heißt es dort:
"Obama forderte seine Militärs und Geheimdienstchefs auf, Pläne vorzulegen, wie die Geschichte sich beschleunigen lässt, und im Sommer des Jahres 2012, präsentierte CIA-Direktor David Petraeus einen Entwurf, um Gruppen von ´moderaten´  syrischen Rebellen zu bewaffnen. Der Plan, den Petraeus zusammen mit dem saudischen Prinzen Bandar bin Sultan und einigen anderen arabischen Sicherheitschefs formuliert hatte, bestand darin, Kleinwaffen, vor allem Gewehre, an einen kleinen, ausgewählten Teil der syrischen Opposition zu verschiffen."
Autor Fred Kaplan behauptet zwar, der Präsident habe diesen Plan abgelehnt. Leser der New York Times erfuhren allerdings bald, dass die CIA genau diese massive Operation zur Bewaffnung syrischer Rebellen durchführte. Ob sie das hinter dem Rücken des Präsidenten tat oder mit seinem Segen, dürfte für die Geschichte unerheblich sein. Der Geldsegen für syrische Söldner schwoll jedenfalls derartig an, dass sogar die Führung der Organisation "Islamischer Staat im Irak" sich entschloss, in das Nachbarland Syrien umzuziehen. Mit einigem Erfolg, wie wir wissen.

US-Außenminister John Kerry zusammen mit seinem saudischen Kollegen Adel bin Ahmed Al-Jubeir bei einem Treffen im New Yorker Palace Hotel am 17. Dezember 2015.
US-Außenminister John Kerry zusammen mit seinem saudischen Kollegen Adel bin Ahmed Al-Jubeir bei einem Treffen im New Yorker Palace Hotel am 17. Dezember 2015. 
 
Genaue Zahlen sind, wie oft bei solch heiklen Geschichten, schwer zu bekommen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen zahlte allein das Pentagon jährlich 500 Millionen US-Dollar an islamistische Söldner in Syrien. Saudi-Arabien legte jährlich 700 Millionen drauf. Nicht berücksichtigt sind CIA und andere Geheimdienste, auch "private" Spender fehlen. So lässt sich immerhin feststellen, dass sich ihre Schöpfer diese geniale Initiative für "Frieden und Sicherheit" in Syrien jährlich mindestens 1,2 Milliarden Dollar kosten ließen.

Das Ergebnis dieser wenig originellen Strategie ist bekannt. Bisher starben mindestens 280.000 Menschen in Syrien. Etwa vier Millionen mussten flüchten. Die Ausläufer dieses großen Krieges erreichten in diesem Jahr auch Deutschland - zu Fuß und in Decken gehüllt. Mehr als die Hälfte der so genannten Aufständischen sind Ausländer, die aus Frankreich und anderen Ländern dem Glitzern der Luxusarmbanduhr von IS-Chef Abu Bakr folgten. Was unternahmen die EU-Staaten in den vergangenen Jahren, um den Strom der Söldner nach Syrien zu unterbinden? Genau so viel wie die Türkei: Nichts.

Der russische Militäreinsatz brachte nun endlich, nach drei Jahren der Agonie, Bewegung in die internationale Politik. Das ist positiv. Aus Washington kommen Unverschämtheiten zu Jahresende. Das kennt man. Mit RT Deutsch werden wir auch 2016 am Puls der Ereignisse bleiben. Natürlich stets frech und hinterfragend.

Ein genau so lebhaftes, aber friedlicheres Jahr 2016 wünscht die RT Deutsch-Redaktion allen Leserinnen und Lesern!

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