Die gut geschmierte Propagandamaschine Saudi-Arabiens in den USA


Übersicht über den Propaganda-Apparat des saudischen Königreiches in den USA, erstellt von The Intercept im Dezember 2015.
Übersicht über den Propaganda-Apparat des saudischen Königreiches in den USA, erstellt von The Intercept im Dezember 2015.
Nach der zunehmenden Kritik an der Politik Saudi-Arabiens setzt das Könighaus seine PR-Maschine in Gang. The Intercept analysiert, wie amerikanische Journalisten sich in die Propaganda einspannen lassen. 
 
Die gut ausgestattete Öffentlichkeitsarbeit Saudi-Arabiens reagiert schnell. Nach der Hinrichtung des schiitischen Dissidenten Nimr al-Nimr versuchen politische Schreiberlinge die öffentliche Meinung in den USA zu beeinflussen. Dies zeigt eine aktuelle Analyse der Autoren Lee Fang und Zaid Jilani für das Online-Magazin The Intercept. Bereits im Dezember hatte Lee Fang für Intercept einen ausführlichen Bericht über den Propagandaapparat Saudi-Arabiens in den USA geschrieben.
Die saudische Version der Geschichte erhält in den amerikanischen Medien einen besonderen Schub, indem bezahlte Experten die Hinrichtung rechtfertigen. Dabei erwähnen sie natürlich nicht, dass sie vom saudischen Königshaus finanziert werden, oder sogar direkt zur saudischen Regierung gehören.

Außerdem hosten die amerikanischen Lobbyisten Saudi-Arabiens in Sozialen Medien englischsprachige Infografiken, Tweets und Online-Videos, mit denen die saudische Sichtweise verbreitet werden sollen.

Das Magazin Politico veröffentlichte beispielsweise einen Artikel über die zunehmenden Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Der Autor, Nahal Toosi, zitiert nur drei Quellen: das amerikanische Außenministerium, das zurückhaltend auf die Hinrichtung reagiert, die saudische Regierung, und den Experten Fahad Nazer. Er wird als „politischer Analyst“ vorgestellt und verteidigt die massenhaften Hinrichtungen. Seiner Meinung nach dienen sie dazu, politische Extremisten in Saudi-Arabien einzuschüchtern.

Was Politico verschweigt: Naser arbeitete zuletzt als politischer Analyst direkt für die saudische Botschaft in Washington. Derzeit wird er als Fellow am „Arab Gulf States Institute“ geführt, einer im vergangenen Jahr gegründeten Denkfabrik, die vollständig von der saudischen Botschaft und den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziert wird.

Die Washington Post zitiert den Experten Theodore Karasik von der Organisation „Gulf State Analytics“ mit den Worten, dass die Hinrichtungen eine „kraftvolle Botschaft waren, dass Saudi-Arabien entschlossen ist, seinem regionalen Rivalen standzuhalten.“ Karasik ist Kommentator bei Al Arabiya, einem englisch sprachigen Nachrichtensender. Die Berichterstattung von Al Arabiya über die aktuelle Krise nimmt „fast komische“ pro-saudische Züge an, so Lee Fang und Zaid Jilani, etwa mit Schlagzeilen wie „Sturm auf Botschaften .. eine iranischen Spezialität.“

Sie fanden heraus, dass Theodore Karasik außerdem für das „Middle East Broadcasting Center“ arbeitet, eine private Nachrichtenagentur, die seit langem von Mitgliedern der saudischen Königsfamilie finanziert wird. Der aktuelle Vorsitzende der Agentur ist Sheikh Waleed bin Ibrahim, ein saudischer Geschäftsmann und Milliardär, dessen Schwager der verstorbene König Fahd war.
Ein Leitartikel des Wall Street Journal zitiert Joseph Braude vom „Foreign Policy Research Institute“. Er behauptet, dass Nimr al-Nimr ein gewalttätiger Extremist gewesen sei, der „militärische Optionen“ gegen Saudi-Arabien befürwortet habe. Dabei lässt sich das Wall Street Journal auch nicht davon beeindrucken, dass zeitgleich andere Journalisten, etwa im Guardian und der BBC, an prominenter Stelle berichten, dass al-Nimr ausdrücklich Gewaltlosigkeit prdigte und seine Anhänger ermutigte, friedlich zu protestieren. Natürlich legt Joseph Braude keinerlei Beweise für seine Behauptungen vor.

Lee Fang und Zaid Jilani identifizieren Joseph Braude als regelmäßigen Autor in mehreren saudischen Medien, darunter Al Arabiya und Al Majalla, einem Magazin, das ebenfalls einem Mitglied der saudischen Königsfamilie gehört. Keine dieser Verbindungen wurde im Wall Street Journal redaktionell offen gelegt.

Zu diesen fehlenden Informationen gehört auch, dass Joseph Braude im Jahr 2004 verurteilt wurde, weil er versucht hatte, 4.000 Jahre alte Kunstgegenstände in die USA einzuführen, die nach dem amerikanischen Einmarsch in Bagdad aus dem irakischen Nationalmuseum geraubt worden waren.
„Saudi-Arabiens Anti-Terror-Gesetz definiert Terrorakte bereits Kritik an der Regierung, alleine eine Kritik an der Monarchie reicht bereits.“
So beschreibt Sarah Lea Whitson, Direktorin für den Mittleren Osten bei Human Rights Watch, gegenüber The Intercept das Verständnis von Gewalt, dass dieser Bewertung zugrunde liegt.

Unterdessen versendet auch die saudischen Botschaft in Washington über Social Media-Kanäle ihre Sichtweise. Sie bezahlt Lobbyisten, einschließlich Firmen wie Qorvis und Targeted Victory, ein von republikanischen Strategen gegründetes Social-Media-Unternehmen. Sie tragen dazu bei, der Erdöl-Monarchie einen positiven Spin zu geben.

Arabia Now retweeted einen angeblich von der saudischen Regierung angemeldeten Twitter-Account namens Infographics KSA. Dort werden hübsche englischsprachige Videos und Infografiken produziert, die Nimr al-Nimr als „Volksverhetzer“ bezeichnen und darauf abstellen, dass er zehn Jahre im Iran verbracht hat. Außerdem finden sich dort englischsprachige Infografiken, welche die Ausweisung iranischer Diplomaten und die Suspendierung der Direktflüge in den Iran verteidigen, mit dem Hashtag #SaudiCutsTiesWithIran.


Lee Fang und Zaid Jilani gehen davon aus, dass die US-Regierung kein Interesse daran hat, es sich mit einem Abnehmer von Waffenlieferungen im Wert von über 90 Milliarden US-Dollar zu verscherzen. Insofern kommt die diplomatische Offensive durch von Saudi-Arabien finanzierte Medien ihrer Absicht entgegen, eine Verurteilung des Landes und seiner Menschenrechtspolitik zu vermeiden, glauben die Autoren von The Intercept.

In einer Erklärung nach den Hinrichtungen vermied das Außenministerium jede Verurteilung, und zeigte sich „einfach besorgt, dass die Hinrichtung des prominenten schiitischen Geistlichen und politischen Aktivisten Nimr al-Nimr die Risiken verschärft, dass es zu einem Zeitpunkt zu konfessionellen Spannungen kommt, zu dem sie dringend reduziert werden müssten.“

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