Analyse zu den Mega-Rüstungsdeals der USA mit Katar, Kuweit und Israel


Amerikanisches Flugmaterial von der Firma Boing auf einer Waffenmesse in Dubai, August 2015.
Amerikanisches Flugmaterial von der Firma Boing auf einer Waffenmesse in Dubai, August 2015. 
 
Die USA stehen kurz davor, erneut riesige Rüstungsdeals mit Katar, Kuweit und Israel abzuschließen. Aber das Weiße Haus zögert allerdings mit der Umsetzung: Die Golf-Staaten gelten wegen ihrer Unterstützung für militante Islamisten als politisch schwierige Partner. Die internationale Opposition gegen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und andere Golfstaaten nimmt zu. Ein Blick hinter die Kulissen der amerikanischen Sicherheitspolitik im Nahen Osten. 
 
Für das Magazin Foreign Policy berichtet Dan de Luce über geplante Mega-Waffendeals mit dem Königreich Katar, mit Kuweit und Israel. Allerdings sei die Obama-Regierung gegenwärtig „gelähmt“, da sie sich nicht entscheiden könne, Dutzende von modernen US-Kampfjets zu verkaufen. Zwar beherbergen Kuweit und Katar strategisch wichtige amerikanische Luftwaffenstützpunkte. Aber Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien und Israel haben angeblich gegen den Deal Einspruch erhoben.


Für das Rüstungsunternehmen Boeing könnten es die größten Rüstungsaufträge der jüngeren Zeit werden. Katar will in den USA bis zu 73 Stück der modernen F-15E Eagle Kampfjets im Wert von vielen Milliarden US-Dollar kaufen. Das Angebot liegt allerdings schon seit mehr als zwei Jahren auf dem Tisch. Kuwait hat noch einen Vertrag über die Lieferung von 28 F/A-18 Super Hornet Kampffliegern offen, mit der Aussicht auf zwölf weitere Maschinen. Die Vereinigten Arabischen Emirate bekommen noch 30 Flieger, ebenfalls vom Typ F-16.

Das Weiße Haus sorgt allerdings für eine ungewöhnliche Verzögerung bei der Abwicklung der Rüstungsdeals. Vermutlich möchte Barack Obama im letzten Halbjahr seiner Präsidentschaft nicht dafür kritisiert werden, dass er den Unterstützern islamistischer Extremisten schwere Waffen liefert. Nun greifen Abgeordnete den Präsidenten an, weil er angeblich seinem Sicherheitsversprechen für die Golfstaaten nicht nachkommt, wenn er die Rüstungslieferungen verzögert.

Laut Dan de Luce hat Israel jenseits der offiziellen Kanäle Vorbehalte gegen die Waffenlieferungen an Katar geäußert. Die israelische Regierung wirft dem kleinen Golfstaat vor, Beziehungen zu den falschen Islamisten zu unterhalten, nämlich den Taliban und der Hamas. Angeblich sei Israels militärische Überlegenheit in der Region durch den Verkauf gefährdet. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Golfstaaten äußerten ähnliche Bedenken über Katars Verbindungen zu Terrorgruppen und seine zunehmend besseren Beziehung mit Teheran.

Das katarische Königshaus argumentiert hingegen, dass es die Kampfflugzeuge benötige, um sich als Militärmacht in einer von Konflikten und Instabilität geplagten Region behaupten zu können. Seine heutige Luftwaffe ist vergleichsweise klein, sie besteht aus einem Dutzend alter französischer Mirage-Kampfflugzeugen. Der vorgeschlagene Deal würde die militärische Stärke des Zwergstaates um das sechsfache erhöhen.


Die katarische Regierung hofft nun, von der Unterstützung zu profitieren, die sie Washington in den letzten Jahren zukommen ließ. Katar erlaubte den USA eine Luftwaffenbasis einzurichten, und es unterstützte die diplomatischen Verhandlungen über den Austausch des gefangenen amerikanischen Soldaten Bowe Bergdahl gegen fünf Guantanamo-Häftlinge.

Nach Darstellung von Foreign Policy steht das Weiße Haus nun vor dem Dilemma, dass es entweder Katar oder Israel und die anderen Golf-Verbündeten verärgert. Allerdings könnte es sich dabei auch gut um einen rhetorischen Trick des Präsidenten handeln, mit dem er eine Entscheidung hinauszögert, die sein Image noch einmal nachhaltig beschädigen könnte.

Allerdings bestehen auch unter Abgeordneten des Senats deutliche Vorbehalte gegenüber einer Waffenlieferung an Katar. Sie wenden ein, dass das Land offen die Hamas unterstützt und beide Augen zudrückt, wenn es um große Spenden für Extremisten in Syrien geht.

Im Jahr 2014 ergriff das US-Finanzministerium die ungewöhnliche Maßnahme, öffentlich Katar zurechtzuweisen, weil das Land entscheidende Maßnahmen nicht umsetzt, wenn katarische Bürger die Al-Qaida-nahe al-Nusra Front in Syrien unterstützen. Im vergangenen Jahr verhängte die Abteilung für Sanktionen Maßnahmen gegen zwei in Katar ansässige Finanziers wegen angeblicher Geldbeschaffung für al Qaida in Syrien, in Pakistan und im Sudan.


„Die Katarer haben sehr viel Toleranz für extremistische Gruppen gezeigt, die sie in Syrien unterstützt haben. Das hat zu echten Problemen mit unseren anderen regionalen Verbündeten geführt, und auch mit den Vereinigten Staaten“, führte etwa Senator Chris Coons von den Demokraten gegenüber Foreign Policy an. Er fügt hinzu, dass Katar „konkrete Hinweise auf eine Änderung seines Verhaltens“ geben müsste, bevor der Deal genehmigt werden kann.

Ziemlich beste Freunde: Probleme mit Katar
Innerhalb der Golf-Monarchien spielt Katar eine besondere Rolle. Das Land positioniert sich diplomatisch geschickt auf beiden Seiten der Kluft im Mittleren Osten. So empfängt das katarische Königshaus sowohl die Führer der Hamas und der Muslimbruderschaft als auch amerikanische Air-Force-Generäle. Und seine aktiven Kanäle zu verschiedenen islamistischen Gruppen, die jetzt Anlass für den Unmut bei den Verbündeten sind, haben Katar in den vergangenen Jahren zu einem gefragten Partner bei der Geheimdiplomatie werden lassen.

Als die Vereinigten Staaten etwa signalisierten, dass sie bereit seien, mehrere Taliban-Kommandeure aus der Haftanstalt in Guantánamo gegen Bowe Bergdahl auszutauschen, wandten sie sich an Katar, um einen Vermittler für den Deal mit den Taliban zu bekommen. Katar spielte ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Freilassung von westlichen Geiseln, die von der al-Nusra Front und anderen syrische Rebellen festgehalten wurden, darunter der amerikanische Journalist Peter Theo Curtis. Und als Außenminister John Kerry versuchte, im Jahr 2014 ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas auszuhandeln, ersuchte er Katar, einen Waffenstillstand auszuhandeln.


Die Verbindungen des US-Verteidigungsministeriums mit Katar gehen jedoch tiefer. Im Jahr 2013 erneuerte das Pentagon eine Kooperationsvereinbarung, die es den USA erlaubte, die al-Udeid-Air Base für weitere zehn Jahre zu nutzen. Der Deal ermöglichte es den US-Streitkräften, weiterhin ihr Operation-Center für den Luftkrieg in der Wüste westlich von Doha zu betreiben. Dort sind Offiziere aus 30 Ländern stationiert, um den von den USA geführten Luftkrieg im Irak und in Syrien zu überwachen. Erst vor zwei Jahren kündigten die USA einen Waffenverkauf an Katar im Wert von elf Milliarden Dollar an. Dabei ging es um Patriot Raketen, Apache-Hubschrauber und andere Waffen.

Die Luftwaffe des kleinen Golfstaates beteiligte sich nicht erst an dem Kampf gegen Daesh, den „Islamischen Staat“. Die Flugzeuge des Landes nahmen bereits an den NATO-geführten Luftangriffen in Libyen im Jahr 2011 teil, mit denen Muammar al-Gaddafi gestürzt wurde.

Das Camp-David-Abkommen mit den Golf-Staaten
Die aktuelle Verzögerung bei dem Katar-Deal setzt das Weiße Haus nun der Kritik aus, dass es seine im Jahr 2015 erteilten Sicherheitsgarantien für die Staaten am Persischen Golf nicht erfüllt. Damals wurde die Vereinbarung getroffen, dass die Golfstaaten sich am Kampf gegen den Daesh beteiligen und dabei helfen, den „Iran abzuschrecken“. Bei einem Treffen mit Spitzenpersonal aus dem Golf-Kooperationsrat in Camp David im Mai 2015 hatte Washington versprochen, die Lieferung von Waffen an die anwesenden Staaten zu beschleunigen.


Das Treffen sollte auch dem Zweck dienen, die traditionellen arabischen Verbündeten am Golf zu beruhigen, die befürchteten, dass sich die USA endgültig aus der Region zurückzuziehen. Dieses Misstrauen wurde durch das anstehende Atomabkommen zwischen den Weltmächten und dem Iran noch bestärkt. Vor diesem Hintergrund argumentiert nun der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, John McCain, dass „ohne grünes Licht für die Kampfjet-Verkäufe nach Katar und Kuwait die Glaubwürdigkeit der USA in der Region beschädigt wird“.
"Aus der Sicht der Golf-Staaten scheitert der Präsident daran, seine Versprechungen einzulösen, die er beim Camp-David-Gipfel im Mai 2015 gemacht hat“, so John McCain bei einer Anhörung in diesem Monat.
Weil Israel bei Waffenlieferungen in die Golf-Region automatisch ein Mitspracherecht hat, verhandelt die Regierung Obama nun auch ein ausgeklügelte Vereinbarung mit Israel. Das aktuell vorliegende Memorandum of Understanding sieht ein neues 10-jähriges Paket für US-Militärhilfe an den Staat Israel vor. Auch bei dieser Vereinbarung spielt natürlich die Opposition der israelischen Regierung gegen das Nuklearabkommen mit dem Iran eine Rolle. Israel stützt sich auf das Argument, dass der Iran nun in der Lage sei, in neue Waffen, einschließlich ballistischer Raketen, zu investieren.

Die Vorvereinbarung mit Israel umfasst angeblich 50 Milliarden Dollar an amerikanischen Militärhilfen für Israel. Aber der Verkauf von Dutzenden von Kampfjets an Katar und andere Golfstaaten könnte den Israelis nun eine Begründung dafür geben, noch stärkere Unterstützung aus den USA durchzudrücken, vermutet Dan de Luce.


Im April wird US-Präsident Barack Obama zudem persönlich nach Riad reisen, um an einer Versammlung des Golf-Kooperationsrates teilzunehmen. Nach Angaben aus dem Umfeld der US-Regierung könnte dies eine Gelegenheit bieten, eine Entscheidung über Waffenverkäufe an Katar und die anderen Golfstaaten bekanntzugeben.

Das wäre vor allem eine gute Nachricht für den Luftfahrtriesen Boeing, der die begehrten Flugsysteme anfertigt. Führungskräfte von Boeing und Mitarbeiter des Pentagon argumentieren, dass die Produktionslinien im Bundesstaat Missouri, sowohl für die F-15 und F / A-18 als auch ältere Flugzeugproduktionen geschlossen werden müssten, wenn die offenen Aufträge nicht bald umgesetzt werden können. Das würde die „Entlassung von Tausenden Arbeitern“ bedeuten.

Die Rüstungsindustrie, die mit der Herstellung von Waffen eine große Zahl an Arbeitsplätzen in zahlreichen Bundesstaaten bereitstellt, übt historisch einen großen Einfluss auf den Kongress aus. Alleine im Wahlkampf von 2012 kamen aus den Rüstungsunternehmen 27 Millionen Dollar an Spenden für die Kandidaten. Im vergangenen Jahr rangierte Boeing mit 1,6 Millionen Dollar auf dem dritten Platz unter den Unternehmen, die am meisten an Politiker spenden.

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