Das Schicksal der Ukraine ist schon entschieden

(Von Rostislaw Ischtschenko, Übersetzung: Thomas Roth) Der Präsident des Zentrums für Systematische Analyse und Prognose in Kiew, Rostislaw Ischtschenko, legt mit diesem Artikel dar, warum das Schicksal der Ukraine schon lange entschieden ist, warum die Zeit der Kiewer Behörden abgelaufen ist und warum nicht einmal mehr die Amerikaner dieses Regime unterstützen wollen.
 
"Ich denke, dass das Schicksal der Ukraine schon entschieden ist und nicht mehr von irgendwelchen Folgeentscheidungen der USA abhängt. Wenn es sich nur um die Bildung eines etwas stabileren Regimes in Kiew handeln würde, so würde der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht die nächste Kredittranche seit dem August des vorigen Jahres zurückhalten und die politische und diplomatische Unterstützung der USA hätte sich als wesentlich intensiver erwiesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätten wir dann Lieferungen von Technik und Bewaffnung und die Ausbildung der ukrainischen Armee von den Amerikanern gesehen.
 
Arsenij Jazenjuk. Bild: Ukrainische RegierungAber nichts davon war zu sehen. Jetzt erklären sie stattdessen ständig ihren ukrainischen Klienten, dass es ganz wichtig sei, stillzuhalten und sich möglichst wenig zu bewegen, weil sie sehr labil seien und im Grunde genommen nur "auf einem Stiel sitzen". Schon eine kleine Bewegung kann die Pyramide der Macht einstürzen lassen. Aus Washington heißt es: 

Tauschen Sie bitte nicht den Ministerpräsidenten aus, veranstalten Sie bitte keine Neuwahlen zur Werchowna Rada, rühren Sie bitte auch den Präsidenten nicht an, freuen Sie sich, dass Sie ihr Gleichgewicht gefunden haben und dass es immer noch hält. Weil, wenn etwas aus der Pyramide herausgezogen würde – dann stürzt sie ganz sicher ein.

In dieser Hinsicht haben sie ganz recht und die Amerikaner verstehen sehr gut, dass die ukrainische Pyramide früher oder später einstürzen wird, wohl eher früher als später. Die USA sind natürlich in der Lage sich auszurechnen, wann dort die Ressourcen zur Aufrechterhaltung wenigstens der sichtbaren staatlichen Verwaltung und der Stabilität zu Ende gehen werden. Aber dieses marginale Regime zu unterstützen, das sogar schon denen zur Last fällt, die es geschaffen haben, organisierte sich schwerer und zeigte sich teuerer, weil es nicht nur materielle, sondern auch immer moralische Kosten – imagemäßige – beinhaltete.

Die Zeit verging, die (jetzige) Ukraine existierte 2 Jahre und man entschloss sich, dem schlechten Geld nicht noch mehr gutes hinterherzuwerfen. Die wichtigsten Geschehnisse wird die neue Verwaltung erst nach den Wahlen erklären und – übrigens – das sogar in dem Fall, dass das System Ukraine noch in der Ära Obama einstürzt.

Und es wird gerade dieser Obama sein, der vom nachfolgenden Präsidenten zum Schuldigen erklärt wird, ganz ohne unser Zutun. Wir kritisierten ihn hart, als wir zum ihm in Opposition standen. Jetzt werden wir es etwas anders machen müssen, denn letztendlich muss dieses schwarze Loch mit dem Namen "Ukraine" geflickt werden und dazu sind Russland und die EU gezwungen. Hier besteht die Frage einzig darin, wie diese Bemühungen anteilig aufgeteilt werden müssen, welche Zukunft die Territorien und die Bevölkerung haben, was in Moskau und Brüssel verordnet werden wird und auf wen welche Kosten entfallen werden.

Es kann natürlich sein, dass man in der EU von vornherein gar nicht verstanden hat, was man da (Minsk) unterschrieben und garantiert hat, aber in Russland verstanden sie es ganz genau. Und das ist nicht die Folge irgendwelcher Vereinbarungen, weil die Kiewer Regierung dieselben Minsker Vereinbarungen einfach nicht erfüllen kann. Wenn sie von denen (der ukrainischen Regierung) die Ausführung von Minsk wollen, dann müssen sie die Regierung in Kiew austauschen. Ich sagte es schon mehrfach: Für diese Leute bedeutet die Umsetzungung von Minsk, sich Handschellen anlegen zu lassen und sich in die Gefängnisse zu begeben - in Erwartung ihres Urteils.

Alles hängt davon ab, dass die Beziehungen zwischen der EU und Russland in Ordnung kommen, um gemeinsam die Ukraine in die Zukunft zu führen. Welche Situation haben wir jetzt? Schon länger als ein Jahr ist klar, dass die Situation in der Ukraine nicht gut enden wird. Es ist offensichtlich, dass das Land zunehmend von der Hand in den Mund lebt und immer schneller eine Entwicklung in Richtung Machnowschtschina nimmt.

Wir sind daran interessiert, zu kleinen Kosten die Normalität der Gesellschaft einigermaßen zu bewahren, damit sie nicht vollständig atomisiert wird und anderes, später reproduziert werden kann ... wenn dazu nicht Jahre sondern Jahrzehnte benötigt werden. Es muss auch die Erfahrung bewahrt werden, wie man schneller in eine normale, kontrollierte Situation zurückkehren kann. Eigentlich dient jetzt dieses Minsker (oder Normannische) Format überwiegend nur noch dazu, dass die EU und Russland fließend und allmählich dazu übergehen können, die Situation in der Ukraine in ihrem allgemeinen Interesse zu erledigen.

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