Die Universität als Moschee?

Über Monate hinweg war eine Sporthalle im Hauptgebäude der TU Berlin vor allem freitags überfüllt: Sie wurde von muslimischen Studenten als Gebetsraum, aber auch von Imamen genutzt. Jetzt wird der Raum geschlossen.
 

von Regina Mönch

Auch Imame predigten in einem Gebetsraum der TU Berlin
Vom heutigen Tag an wird die Technische Universität Berlin weder einen Gebetsraum für fromme Muslime anbieten noch wird sie dulden, dass eine Sporthalle im Hauptgebäude als Freitagsmoschee von jedermann genutzt wird. Eine Vereinbarung darüber bestand immer nur informell und war offenbar ständig ausgeweitet worden, ohne die Universitätsleitung zu informieren. Die ließ lange gewähren. Bereits zu Beginn des Wintersemesters 2002 war einer „Islamischen Studentenvereinigung“ gestattet worden, ihr Freitagsgebet in der Halle abzuhalten, nachdem sich nicht-muslimische Studenten über das öffentliche Gebet muslimischer Kommilitonen beschwert hatten. Das neue Angebot wurde, wie Zeitungsberichte belegen, sofort auch von zahlreichen Gläubigen genutzt, die nicht an der TU eingeschrieben waren. Bis dahin hatten Studenten freitags immer einen Flur im Hauptgebäude der Universität blockiert. Längst ist die große Halle freitags überfüllt. Hunderte Gläubige, ausschließlich Männer, finden sich dort ein, darunter durchaus Studenten, aber auch sehr viele universitätsfremde Personen.

Regina Mönch Autorin: Regina Mönch, Feuilletonkorrespondentin in Berlin.

Vor dreizehn Jahren war die Technische Universität in die Schlagzeilen geraten, weil sie Beschwerden von Muslimen, die das Treiben einer extremistischen Studentenvereinigung dort bedrohlich fanden, lange ignoriert hatte. Dieser Verein, das wusste nicht nur der Verfassungsschutz, war eng verflochten mit der radikal-islamistischen Gruppierung „Hizb ut-Tahrir“, die wenige Monate später endlich vom Bundesinnenminister verboten wurde – unter anderem wegen ihrer Umtriebe an der Universität. Beide Gruppen waren damals an der TU mit Veranstaltungen antisemitischen und dschihadistischen Inhalts aufgefallen.

Drohung mit „Konflikten“

Jetzt erst stellte sich heraus, dass in der Sporthalle freitags längst nicht mehr nur gebetet wurde, sondern auch Imame predigten. Die Universität beherbergte also einmal in der Woche eine Art informelle Freitagsmoschee. Unter den Imamen befand sich zum Beispiel Abdul Adhim Kamouss, der inzwischen zwar angibt, sich vom Salafismus abgewendet zu haben, aber viele Jahre zu den deutschlandweit bekannten Predigerstars der extrem-salafistischen Berliner Al-Nur-Moschee gehörte. Inzwischen predigt er unter anderem im Berlin-Neuköllner „Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum“, das von radikalen Hamas-Anhängern sehr geschätzt wird und vor dem der Berliner Verfassungsschutz vor allem Helfer und Betreiber von Flüchtlingsheimen warnt.

Der Prediger vom letzten Freitag drohte der Universitätsleitung laut „Tagesspiegel“, dem er seinen Namen nicht nennen wollte, wütend mit nicht näher beschriebenen „Konflikten“. Zu den harmloseren gehört das Unbehagen frommer muslimischer Studenten, die angeben, ohne große Räume für das gemeinsame Freitagsgebet in der Universität aus Zeitgründen gar nicht studieren zu können. Anders als in Dortmund, Essen oder zuvor Bochum war es an der TU nie um einen sogenannten Raum der Stille gegangen, den jeder Universitätsangehörige zum Rückzug hätte nutzen können, der jedoch an vielen Universitäten rasch von Muslimen okkupiert worden ist.

Gefährdung der Religionsfreiheit

Ohne sich genauer mit dem Fall befasst zu haben, vertrat der „Tagesspiegel“ Anfang März vehement die Auffassung, ohne Gebetsraum (für muslimische Männer) verspiele die Universität die Chance zu einer „Geste der Wertschätzung“, aus der sich ein „Vertrauensverhältnis von Universitätsleitung und Studierenden entwickeln“ könnte, „wenn es gut läuft“. Und wenn nicht? Es fällt auf, dass die Universität als eine Institution behandelt wird, die ihren strengreligiösen muslimischen Studenten ein solche Geste schulde, und nur diesen. Doch viele Studenten, darunter auch Muslime, teilen die Haltung der Universitätsleitung zur säkularen Verfasstheit unserer Gesellschaft, also die Trennung von staatlicher Institution und Religion.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Markus Dröge, sieht trotzdem die Religionsfreiheit gefährdet. In einem Artikel für die „BZ“ argumentiert er, die Schließung der „Gebetsräume“ an der TU, über deren Art und Gebrauch er offenkundig nichts weiß, schränke die Ausübung der Religion ein. Mit dem Verweis auf Flughäfen und Krankenhäuser, die solche Räume anbieten, folgert er: „Dieses Religionsrecht gilt selbstverständlich nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in der Öffentlichkeit.“

Dröge behauptet, die Universität verdränge die „Religionsausübung in die Hinterhöfe“, was irritieren muss, denn Berlin hat nicht nur viele Kirchen, sondern längst auch jede Menge gut sichtbarer Moscheen. Dröges Argumentation erinnert an das fatale Kopftuch-Urteil und die Klage eines radikalislamischen Schülers, der das Recht forderte, in seiner Schule öffentlich und kollektiv zu beten. Die tolerante Schule gewann zwar vor Gericht, aber zuvor hatte religiöser Eifer irreparablen Unfrieden gestiftet.
 

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