Erste Muslima als Landtagspräsidentin gewählt

Birgit Stöger

Am Mittwoch wurde die türkischstämmige Grünen-Politikerin Muhterem Aras zur neuen baden-württembergischen Landtagspräsidentin gewählt und ist somit deutschlandweit das erste Grünen-Mitglied sowie auch die erste Frau in Baden-Württemberg in diesem Amt. Eine weitere Premiere: Erstmals wurde in Deutschland eine bekennende Muslima an die Spitze eines Landtages gewählt, die genau diesen Umstand sofort zum Gegenstand ihrer religiösen Attitüde macht.



Der baden-württembergische Landtag habe, so die Stuttgarter Nachrichten, wieder ein »kleines Kapitel Geschichte geschrieben«. Die Grünen hatten als stärkste Fraktion aus ihren Reihen die türkischstämmige Abgeordnete Muhterem Aras als Landtagspräsidentin vorgeschlagen.

Am Mittwoch wurde die 50-jährige Grüne nun mit 96 Stimmen gewählt und besetzt als erste Frau und zudem als erste Muslima den Posten im baden-württembergischen Landtag. 39 Abgeordnete stimmten mit Nein, drei enthielten sich, vier Stimmzettel waren ungültig, da auf ihnen ein anderer Name vermerkt war.

Kein Applaus von der AfD

Mit den 19 Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD), die seit der Landtagswahl im März ebenfalls auf der Abgeordnetenbank Platz genommen haben, wolle Aras »sehr korrekt nach der Geschäftsordnung des Landtags umgehen«. Voraussetzung sei, dass die AfD sich an die parlamentarischen Grundregeln halte.

Die gelernte Steuerberaterin Aras wolle sich mit »aller Kraft und Leidenschaft für den Erhalt der Grundwerte und den Zusammenhalt der Gesellschaft einsetzen« und fraktionsübergreifend vermitteln und integrieren.

Für ihre verbal besetzten Allgemeinplätze erhielt sie jedoch nicht von allen anwesenden Abgeordneten Applaus. So verweigerten die AfD-Abgeordneten bis auf den Alterspräsidenten Heinrich Kuhn (AfD) und AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen den Applaus. Meuthen gratulierte danach per Handschlag der frisch gewählten muslimischen Landtagspräsidentin zu ihrem Amt.

Politische Instrumentalisierung des Amtes zugunsten der eigenen Religion

Ein Grund für den ausbleibenden AfD-Zuspruch mag in einem doch einigermaßen befremdlichen Statement gelegen haben, das Atas bereits bei ihrer Nominierung tätigte: »Mit meiner Nominierung hat die Fraktion die beste Antwort auf die Frage gegeben, ob der Islam zu Deutschland gehört«, so die Feststellung.

AfD-Fraktionschef Meuthen bestätigte am Rand der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags, dass seine Partei immer gesagt habe, dass zu Deutschland sehr wohl Millionen Menschen islamischen Glaubens gehören, die bei uns leben und sich friedlich integriert haben.

»So what?« ‒ Eine davon sei jetzt Landtagspräsidentin. Es sei aber bemerkenswert, dass Aras als Erstes betont habe, welche Errungenschaft ihre Wahl sei, so Meuthen.

David Berger, Theologe und ehemaliger Herausgeber des schwulen Monatsmagazins Männer bedauert auf seinem Internetblog, dass Atas »ohne mit der Wimper zu zucken bereit war, das verantwortungsvolle Amt, das ihr übertragen wurde, religionspolitisch zugunsten ihrer eigenen Religion zu instrumentalisieren«.

Der erfolgreiche Autor verwehrt sich dagegen, dass eine Partei, die »auch sonst zunehmend zu einer Gefahr für die mühsam errungene Freiheit« wird, den Wiedereinzug des »politisch instrumentalisierten Religiösen« ermöglicht.

Und dies zugunsten einer Religion, die seiner Ansicht nach »in ihrer real existierenden Form weltweit daran arbeitet, alle Menschen mit Angst, mit Bomben und Sprengstoffgürteln wieder in voraufklärerische Zeiten zurückzuzwingen«.

Berger ermahnt die erste muslimische Landtagspräsidentin, dass sie in einer Demokratie als Politikerin gewählt worden sei, die sich den Werten der offenen Gesellschaft verpflichtet fühlen sollte. »Bitte verhalten Sie sich auch so«, lautet die abschließende Aufforderung.




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