Trotz gegenteiligen und widersprüchlichen
Meldungen, stellt sich heraus, dass beide Attentäter vom
Donnerstagabend in Tel Aviv überlebt haben. Einer liegt mit Schusswunden
im Ichilow-Hospital, konnte aber in der ganzen Nacht verhört werden.
Der zweite, ebenfalls 21 Jahre alt und ein Cousin des ersten, wurde
unverletzt festgenommen und sitze laut Rundfunkberichten im
Schikma-Gefängnis.
Das sagte auf Anfrage der Polizeisprecher Micky Rosenfeld
Der Hamas-Sprecher im Gazastreifen Hussam
Badran erklärte, dass der Anschlag in Tel Aviv Israels „erste
Überraschung zum Ramadan“ sei. Die Attentäter, Muhammad and Khalid
Muhamra, seien Mitglieder der Hamasorganisation. Israels
Verteidigungsminister Lieberman sei es „nicht gelungen, den Widerstand
der Palästinenser zu brechen“.
An dem von der Jerusalemer
Stadtverwaltung aus Anlass des Ramadan-Monats festlich beleuchteten
Damaskustor versammelten sich in der Nacht Palästinenser, um
Süssigkeiten an Passanten zu verteilen. Ähnliche Szenen wurden aus Gaza
und Tulkarem gemeldet. In Hebron gab es aus Anlass des tödlichen
Anschlags in Tel Aviv Feuerwerk.
Die israelische Armee umstellte die
Häuser der Attentäter in einem Dorf bei Jatta. Familienangehörige der 21
Jahre alten Cousins wurden verhört. Das berichteten Augenzeugen aus
Jatta bei Hebron. Mehrere Verdächtige, den Attentätern geholfen zu
haben, wurden in der Nacht verhaftet.
Militärkorrespondenten berichten, dass
der Sicherheitszaun im Süden des Westjordanlandes „viele Löcher“
aufweise. Doch müsse noch geprüft werden, auf welchem Weg die beiden
Cousins nach Israel gewechselt seien. Israelische Sprecher bezeichneten
die Attentäter als „illegale Eindringlinge“. Sie hätten jedoch keine
„kriminelle Vergangenheit“ und seien den Sicherheitskräften bisher nicht
wegen „Sicherheitsverstössen“ aufgefallen.
Bei einer nächtlichen Sicherheitssitzung
mit Beteiligung des kurz zuvor aus Moskau zurückgekehrten
Premierministers Netanjahu, Verteidigungsministers Liberman sowie
Spitzen von Geheimdienst und Militär, wurden Erleichterungen für
Palästinenser aus den besetzten Gebieten „eingefroren“. Der
Verteidigungsminister hatte wegen des Ramadan-Fastenmonats erhebliche
Reiseerleichterungen für Muslime beschlossen, damit sie ungehindert zu
Verwandten in Israel und zum Gebet auf dem Jerusalemer Tempelberg reisen
könnten. Es seien 204 Einreisegenehmigungen für Familienangehörige der
Attentäter und weitere 83’000 Genehmigungen für Muslime für ungültig
erklärt worden.
Der Terroranschlag habe die Lage wieder
grundlegend geändert. Die verantwortlichen Israelis hatten in den
vergangenen Wochen ein spürbares Nachlassen der „Gewaltwelle“
registriert. In den meisten Fällen hätten einzelne Palästinenser,
darunter Jugendliche, wegen Streit in der Familie, wegen
Familienschande, Schulden oder anderen gesellschaftlichen Problemen zum
Messer, einer Schere oder zu einem Schraubenzieher gegriffen. Sie seien
losgezogen, „Juden abzustechen“ und hätten gleichzeitig „Selbstmord
durch israelische Sicherheitsleute“ in Kauf genommen.
Der Anschlag in Tel Aviv habe sich von
den typischen Attacken der letzten Wochen unterschieden. Es waren zwei
Täter, die offensichtlich eine terroristische Infrastruktur nutzen
konnten. Sie hätten sich im Westjordanland hergestellte Waffen besorgt
und wurden in deren Verwendung eingewiesen. Jemand muss sie durch die
Sicherheitskontrollen an der Grenze zu Israel geschleust haben und zu
dem wichtigsten Vergnügungszentrum in Tel Aviv gefahren haben. Viele
Details sind am Morgen nach dem Anschlag noch unbekannt. Der
Geheimdienst wird sie aufklären müssen, was vermutlich
Unannehmlichkeiten („Schikanen“) für die Menschen im Westjordanland nach
sich ziehen dürfe.
Der Bürgermeister von Tel Aviv, Ron
Huldai, rief zu einer schnellen Rückkehr zur „Normalität“ auf. Die
Bürger forderten mehr Polizeipräsenz im Sarona Park, bei dem der
Anschlag im Max-Brenner-Restaurant seinen Ausgang genommen hat. Das
Sarona-Zentrum mit zahlreichen Restaurants und Marktständen wird nach
Angaben seines Direktors täglich von 80.000 Menschen besucht. Doch die
Eingänge seien gut bewacht durch „professionelle Sicherheitsleute“.
In Interviews erklärte er, dass die
Terroristen mutmasslich die Wachmänner bemerkt hätten und deshalb nicht
in den Sarona-Markt eingedrungen seien. Das hätte zu erheblich mehr
Toten und Verletzten geführt. Die Attentäter hätten sich deshalb in
eines der Restaurants am äusseren Rand, zur Strasse hin, begeben. Um
nicht aufzufallen, seien sie „vornehm gekleidet“ gewesen, wie
„Geschäftsleute“ mit dunklen Anzügen und Schlips.
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