Nigel Farrages Rede zum Brexit im Europaparlament

(von Niki Vogt) Schon bevor Farage überhaupt sprechen kann, sind die Rufe der Störer so laut, daß selbst Martin Schulz, den eine herzliche Abneigung mit Nigel Farage verbindet, dazwischengeht und die „Kolleginnen und Kollegen“ auffordert: „Eine große Qualität der Demokratie ist, daß man auch denen zuhört, deren Meinung man nicht teilt.“ Wo er recht hat, hat er recht, und Martin Schulz nimmt es mit der Demokratie nun wirklich nicht übergenau. Farage eröffnet seine Rede damit, daß er daran erinnert „als ich vor 17 Jahren hierher kam und sagte, daß ich für den Austritt Großbritanniens aus der EU kämpfen werde, haben Sie mich ausgelacht. Heute lachen sie nicht mehr, nicht wahr?”

  Ukip poster as Ukip leader Nigel Farage has defended a new immigration-centred poster campaign as "a hard-hitting reflection of reality" after it was attacked as "racist" by political opponents 

Gelernt haben die EU-Parlamentarier daraus aber wenig, denn sie lachen schon wieder höhnisch, als Farage später sagt, nun müsse man, in der neuen Situation mit einer “erwachsenen und vernünftigen Herangehensweise über eine veränderte Beziehung verhandeln”. Mit allgemeinem, spöttischen Gelächter wird ihm bedeutet, daß man diesen Appell als Winseln um Gnade eines Brexiteers auffaßt, der Angst vor der eigenen Courage bekommen hat, und nun die wirtschaftlichen Konsequenzen fürchtet. Doch Nigel Farage läßt sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen und kontert das herablassende Auslachen mit „Nun, ich weiß ja, daß praktisch niemand von ihnen jemals einen ordentlichen Job gehabt, als Geschäftsmann oder im Handel gearbeitet – oder auch nur einen einzigen Arbeitsplatz geschaffen hat (…)”. Zurechtweisung durch Martin Schulz, das könne Farage nicht einfach behaupten.

Gut, nicht ALLE, da hat Martin Schulz recht. Ulrike Müller zum Beispiel war Bäuerin, ein höchste ehrenwerter Beruf. Aber die weitaus meisten Europaabgeordneten waren schon seit jungen Jahren in politischen Parteien oder Interessenverbänden die Karriereleiter hochgeklettert und haben nie Erfahrung in der echten Berufswelt gesammelt. Die allerwenigsten von ihnen haben je einen Beruf gehabt, bei dem sie sich in der freien Wirtschaft bewähren mußten. Einer Studie zufolge haben nur ungefähr 10 Prozent der MEP (Members of the European Parliament) einen „echten“ Beruf ausgeübt. Das EU-Parlament galt lange als Verschiebebahnhof und gemütliches Altenteil bei guter Bezahlung für abgewrackte Politiker, und der Volksmund witzelte „Hast du einen Opa – schick ihn nach Europa!“

Farage erklärt den elitären Elfenbeintürmlern im Polit-Biotop kurz und trocken, daß, sollte die EU die Briten mit Zöllen und Handelserschwernissen für ihren Austritt abstrafen, werde das schmerzhaft auf die EU zurückschlagen. Einfuhrzölle auf Autos nach GB führten sehr schnell zu tausenden arbeitslosen Deutschen Arbeitern in der Autobranche. Und wieder erklingt höhnisches Gelächter.

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Anscheinend informieren sich die Herrschaften dort nicht in unabhängigen Medien. Rußlands Präsident Putin hat schon anklingen lassen, daß man – trotz aller Schwierigkeiten, die man miteinander hatte – gern auf die Briten zugehen möchte und die Handelsbeziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen bereit ist. Die EU, röchelnd am von den USA kurz gehaltenenen Halsband zerrend, könnte nur noch staunend und mit hervorquellenden Augen zuschauen, wie Großbritannien mit seinen Handelsschiffen ins Morgenrot segelt, während US-Vasall EU nicht mitspielen, aber dafür die Kosten des Wiederaufbaus einer vom Westen zerstörten Ukraine schultern darf, während gleichzeitig Tausende afrikanischer Einwanderer pro Tag die Sozialen Netze in Fetzen reißen und die Sicherheitskräfte der EU-Länder in den Zusammenbruch treiben. Seine Voraussage, daß mehr und mehr Mitgliedsländer nur noch hinaus wollen aus der EU, wird wahrscheinlich schneller wahr werden, als man denkt.

Und wieder wird Farage fragen können: „und wer lacht jetzt?“
Wir posten hier die Rede Farages und die deutsche Übersetzung und Verschriftung, wie sie der Nachtwächter dankenswerterweise erarbeitet hat.


»Guten Morgen. [Zwischenrufe: »Get out, get out…«] Ist es nicht lustig? [weitere Unruhe] Vielen Dank für den warmen Empfang. [Martin Schulz mahnt die Parlamentarier zur Ruhe]

Nun, danke Herr Schulz. Ist es nicht lustig? Wissen Sie, als ich vor 17 Jahren hier herkam und sagte, dass ich die Kampagne für den Austritt Großbritanniens aus der EU anführen werde, haben Sie mich alle ausgelacht. Nun, ich muss sagen, jetzt ist Ihnen das Lachen vergangen, stimmts?

Und der Grund, warum Sie aufgebracht sind, der Grund, warum Sie so verärgert sind, ist angesichts des ganzen ungehaltenen Austauschs an diesem Morgen vollkommen klar. Sie, als politischen Projekt, verschließen die Augen vor der Wahrheit.

Sie wollen nicht wahrhaben, dass Ihre Währung scheitert. [erneute Unruhe] Nein, schauen Sie nur die Mittelmeerländer an. In Form einer Politik, Griechenland und dem Rest des Mittelmeerraums Armut aufzuerlegen, haben Sie gute Arbeit geleistet.

Und Sie wollen nicht wahrhaben, dass Frau Merkels Aufruf vom vergangenen Jahr, so viele Menschen wie möglich das Mittelmeer hinein in die Europäische Union überqueren zu lassen, zu massiven Zerwürfnissen zwischen Ländern und innerhalb der Länder geführt hat.

Ihr größtes Problem jedoch und der Hauptgrund, warum das Vereinigte Königreich sich so entschieden hat, ist dass Sie durch List, durch Täuschung, ohne jemals dem britischen Volk oder dem Rest der Völker Europas die Wahrheit zu sagen, ihnen eine politische Union aufgedrängt haben.

Und als sich die Menschen in den Niederlanden und Frankreich 2005 gegen diese politische Union entschieden haben, als sie die Verfassung zurückgewiesen haben, da haben Sie sie einfach ignoriert und haben den Lissabonner Vertrag durch die Hintertür eingebracht.

Was vergangenen Donnerstag geschehen ist, war ein bemerkenswertes Ergebnis. Es war in der Tat ein seismisches Ergebnis, nicht nur für die britische Politik, für die europäische Politik, sondern vielleicht auch für die globale Politik. Denn was die kleinen Leute gemacht haben, was die normalen Leute gemacht haben, was die Menschen gemacht haben, die in den vergangenen paar Jahren unterdrückt wurden und die beobachten mussten, wie ihr Lebensstandard gefallen ist: sie haben sich gegen die Multinationalen ausgesprochen.

Sie haben sich gegen die Geschäftsbanken ausgesprochen. Sie haben sich gegen die große Politik ausgesprochen und gesagt: “Wir wollen unser Land zurück. Wir wollen unsere Fischereigewässer zurück. Wir wollen unsere Grenzen zurück. Wir wollen eine unabhängige, selbstregierte, noble Nation sein.“

Das haben wir gemacht und das ist, was geschehen muss.

Und auf diesem Weg bieten wir jetzt ein Zeichen der Hoffnung für die Demokraten im Rest des europäischen Kontinents. Heute früh sage ich eine Sache voraus: das Vereinigte Königreich wird nicht der letzte Mitgliedsstaat sein, der die Europäische Union verlässt.

Die Frage lautet jetzt also: was machen wir als Nächstes?

Die britische Regierung muss sich nun auf Artikel 50 berufen und ich muss sagen, dass ich nicht denke, dass wir damit allzu lange warten sollten. Ich bin da vollkommen einig mit Herrn Juncker, das britische Volk hat entschieden und wir müssen sicherstellen, dass es auch geschieht.

Was ich allerdings gerne sehen würde, ist eine erwachsene und vernünftige Attitüde darüber, wie wir über eine veränderte Beziehung verhandeln.

Nun weiß ich, dass praktisch keiner von Ihnen in seinem Leben jemals einer ordentlichen Arbeit nachgegangen ist oder in einem Geschäftsbetrieb oder im Handel gearbeitet hat oder tatsächlich jemals einen Arbeitsplatz geschaffen hat. Aber hören Sie zu …

[Aufruhr und Zwischenrufe, gestoppt von Herrn Schulz mit dem Hinweis, dass sich sonst die UKIP so benimmt und die Parlamentarier diese nicht nachahmen sollen. Weiter könne Farage nicht behaupten, dass niemand jemals einer geregelten Arbeit nachgegangen sei.]

Nein, Sie haben durchaus Recht, Herr Schulz. Die UKIP protestierte stets gegen das Establishment und jetzt protestiert das Establishment gegen UKIP. Irgendwas ist hier also passiert.

Jetzt hören Sie sich ein wenig simple, pragmatische Wirtschaftswissenschaft an. 
Zwischen Ihrem Land und meinem Land betreiben wir ein enormes Maß an Geschäften mit Gütern und Dienstleistungen. Dieser Handel ist für beide Seiten von Vorteil, dieser Handel hat Bedeutung.

Falls Sie sich dazu entschließen würden, jeden Gedanken an einem vernünftiges Handelsabkommen abzulehnen, dann wären die Konsequenzen für Sie weit schlimmer, als sie es für uns wären. [Gelächter] Selbst kein Abkommen ist besser für das Vereinigte Königreich, als das derzeit bestehende, faulige Abkommen.

Wenn wir jedoch in eine Position geraten, in der Zölle auf Produkte wie PKWs wiedereingeführt werden, dann würde für Hunderttausende deutsche Arbeiter das Risiko bestehen, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Warum sind wir also nicht einfach nur pragmatisch, vernünftig, erwachsen, realistisch und beschließen untereinander ein vernünftiges zollfreies Abkommen und Sie erkennen im Anschluss daran an, dass das Vereinigte Königreich Ihr Freund sein wird, dass wir mit Ihnen handeln, mit Ihnen kooperieren und Ihre weltbesten Freunde sein werden.

Tun Sie das, machen Sie es mit Vernunft und erlauben Sie uns, unsere globalen Ambitionen und unsere globale Zukunft zu verfolgen. Danke.«

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