Saudi-Arabien hat den »Erdölkrieg« verloren

F. William Engdahl

Armes Saudi-Arabien. Das Land hat es noch nicht begriffen, aber es hat seinen Erdölkrieg verloren. Der Krieg in seiner gegenwärtigen Phase begann im September 2014, als der im Sterben liegende damalige saudische König Abdullah und sein damaliger Erdölminister Ali Al-Naimi dem amerikanischen Außenminister John Kerry erklärten, sie stünden Washington liebend gern dabei zur Seite, die Welterdölpreise massiv einbrechen zu lassen. Es zeichnet sich rasch ab, dass das Hauptanliegen der Saudis darin bestand, die immer stärker werdende Konkurrenz auf den weltweiten Erdölmärkten auszuschalten, die die saudische Vormachtstellung gefährdete. Mit den sinkenden Erdölpreisen wollten sie so die amerikanische Ölschieferindustrie mit ihren hohen Förderkosten in den Ruin treiben. Demgegenüber verfolgten Kerry und Washington das vorrangige Ziel, Russland zusammen mit den verhängten Sanktionen schweren wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, da die russischen Einnahmen aus dem Erdölgeschäft bei sinkenden Preisen massiv zurückgehen würden. Aber keiner der beiden »Verbündeten« erreichte sein Ziel.




Jetzt ist offensichtlich, dass sich Saudi-Arabien, zusammen mit Russland einer der weltweit größten Erdölproduzenten, direkt auf dem Weg in den Untergang befindet. Und Washington scheint mehr als glücklich, ihm noch ein freudiges »Weiter so« nachzurufen.

Seit mindestens 1992, also lange vor den Anschlägen vom 11. September 2001 und dem danach ausgerufenen »Krieg gegen den Terror«, verfolgt Washington die langfristige Strategie, entweder auf dem Wege »farbiger Revolutionen« oder durch offene Einmärsche mit direkter Präsenz amerikanischer Soldaten vor Ort die militärische Kontrolle der gigantischen Erdölvorkommen und der Erdölproduktion der wichtigen arabischen OPEC-Länder an sich zu reißen. Diese Politik wird von einem dauerhaften institutionellen Konsens getragen, unabhängig davon, wer gerade im Weißen Haus amtiert.
  
Richard »Dick« Cheney: »Wo letztlich die größte Beute zu holen ist«

Um die langfristige strategische Planung hinter den heutigen, Chaos stiftenden Kriegen im Nahen Osten zu veranschaulichen, eignet sich niemand besser als Dick Cheney und einige seiner Äußerungen als Vorstandschef von Halliburton, dem damals weltweit führenden Anbieter technischer Dienstleistungen im Bereich Erdölförderung. Nachdem Cheney 1995 Vorstandschef von Halliburton geworden war, erläuterte er vier Jahre später in einer Rede vor zahlreichen Vertretern der texanischen Erdölwirtschaft auf dem Jahrestreffen der 1946 gegründeten Lobbygruppe Panhandle Producers & Royalty Owners Association (PPROA) im Zusammenhang mit dem Zugriff auf ausländische Erdölvorkommen: »Man muss sich dort engagieren, wo das Erdöl ist. [Die Gefahr politischer Instabilität] interessiert mich dabei nicht.«

Während der ersten fünf Jahre als Vorstandschef von Halliburton erreichte Cheney fast eine Verdreifachung der Firmenumsätze von 5,7 Mrd. Dollar auf 14,9 Mrd. Dollar im Jahr 1999. Der Anteil der auswärtigen Erdölfeld-Dienstleistungen am Umsatz stieg im gleichen Zeitraum von 51 Prozent auf 70 Prozent. Dick Cheney hatte bereits schon damals offenbar sehr viel mehr als andere die Gesamtentwicklung des weltweiten Erdölmarktes im Blick.
Im September 1999 hielt Cheney eine weitere Rede vor einer Eliteversammlung internationaler Erdölunternehmer und -experten in London. Ein Abschnitt verdient es besonders, in voller Länge zitiert zu werden:
»Einigen Schätzungen zufolge ist in den kommenden Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme der globalen Erdölnachfrage um zwei Prozent bei einer nach konservativen Schätzungen etwa um drei Prozent rückläufigen Fördermenge aus bekannten Vorkommen zu rechnen. Dies bedeutete, um 2010 wird die tägliche Nachfrage in der Größenordnung von zusätzlichen 50 Mio. Barrel täglich liegen. Wo soll diese Menge an Erdöl gefördert werden?
Regierungen und nationale Erdölkonzerne kontrollieren offensichtlich etwa 90 Prozent der Vorkommen. Erdöl bleibt im Grunde genommen ein staatliches Geschäft. Zwar bieten viele Regionen der Welt große Chancen für Erdöl, aber es ist immer noch der Nahe Osten mit zwei Dritteln der weltweiten Erdölvorkommen und mit günstigen Förderkosten, wo letztlich die Gewinne zu holen sind. Und obwohl sich die Konzerne dort um Zugang bemühen, ist der Fortschritt weiterhin sehr gering.«

Der Kriegsplan des »Project for the New American Century«

Folgen wir nun dem weiteren Lebensweg von Dick Cheney. Im September 2000 unterzeichnet Cheney vor seiner Wahl zum Vizepräsidentschaftskandidaten von George W. Bush persönlich eine sehr ungewöhnliche Studie einer Denkfabrik, die praktisch zur Blaupause der amerikanischen Militär- und Außenpolitik bis heute wurde. Auch Donald Rumsfeld, später Verteidigungsminister unter der Präsidentschaft Cheney-Bush (die Reihenfolge wurde nicht irrtümlich gewählt, sondern zeigt nur, wer tatsächlich das Sagen hatte; W.E.) gehört zu den Mitunterzeichnern.

Diese Denkfabrik mit dem klangvollen Namen »Project for the New American Century (PNAC)« wurde vom militärisch-industriellen Komplex finanziert und von einer ganzen Schar neokonservativer Denkfabriken wie der RAND Corporation unterstützt. Zum Vorstand des PNAC gehörten Paul Wolfowitz, später Rumsfelds Stellvertreter im Verteidigungsministerium; »Scooter« Libby, später stellvertretender Leiter des Stabes von Cheney sowie Robert Kagan, Ehemann der berüchtigten gegenwärtigen Staatssekretärin für Eurasien im Außenministerium, Victoria Nuland (interessanterweise stieg Nuland bereits 2001 zur wesentlichen stellvertretenden außenpolitischen Beraterin Cheneys auf). Auch der Botschafter im von den USA besetzten Afghanistan unter Cheney-Bush, Zalmay Khalilzad, und der 2006 im Kampf um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten erfolglose Bruder George W. Bushs, Jeb Bush, gehörten zum Vorstand.

In dieser maßgeblich von Cheney geprägten PNAC-Studie wird der zukünftige US-Präsident unverhohlen aufgefordert, den Machthaber des Iraks, Saddam Hussein, zu stürzen und die militärische Kontrolle über den Nahen Osten durchzusetzen – ein ganzes Jahr vor den Anschlägen vom 11. September 2001, die der Cheney-Bush-Regierung dann den Vorwand lieferten, den Cheney benötigte, um in den Irak einzumarschieren.

In dem PNAC-Bericht heißt es, seine Empfehlungen gründeten sich auf ein Memorandum des damaligen Verteidigungsministers (unter Bush sen.) Dick Cheney aus dem Jahr 1992: »Im weitesten Sinne stützt sich unser Projekt auf den Entwurf einer Verteidigungsstrategie, der in der Endphase der Regierung [George H.W.] Bush vom Verteidigungsministerium unter Cheney erarbeitet worden war. Diese Verteidigungspolitische Leitlinie (Defense Policy Guidance, DPG) wurde in den ersten Monaten des Jahres 1992 formuliert und lieferte die Vorlage [für eine Politik], die darauf abzielt, die amerikanische Überlegenheit aufrechtzuerhalten, den Aufstieg einer konkurrierenden Großmacht zu verhindern und die internationale Ordnung im Sinne amerikanischer Prinzipien und Interessen zu gestalten.«

Obwohl der Iran als potenzielle atomare »Bedrohung« noch gar nicht auf dem Schirm war, setzte sich das PNAC für den Aufbau einer Raketenabwehr ein und forderte die »Entwicklung und Stationierung einer weltweiten Raketenabwehr zur Verteidigung der USA und der amerikanischen Verbündeten und um amerikanischen Machtprojektionen auf der ganzen Welt eine solide Grundlage zu verleihen« (Hervorhebungen vom Verfasser; W.E.).

In dem Bericht stellen die Kumpane Cheneys weiter fest: »Während des Kalten Krieges sollte das Militär die Ausdehnung des Machtbereichs der Sowjetunion verhindern. Heute lautete die Aufgabe, die ›Regionen demokratischen Friedens‹ (sic) zu sichern und zu erweitern, den Aufstieg eines Konkurrenten zur Großmacht zu verhindern, Schlüsselregionen Europas, Ostasiens und des Nahmittelostens zu verteidigen und die amerikanische Überlegenheit aufrechtzuerhalten.«

Und weiter heißt es dort: »Seit Jahrzehnten strebten die USA an, in Bezug auf die regionale Sicherheit der Golfregion eine permanentere Rolle zu spielen. Der ungelöste Konflikt mit dem Irak liefert zwar eine unmittelbare Rechtfertigung, aber die Notwendigkeit der Präsenz einer substanziellen amerikanischen Streitmacht im Golf geht über das Problem des Regimes von Saddam Hussein weit hinaus.«

Dieses Zitat sollte man mehrfach lesen.

Ein Jahr nach Veröffentlichung dieses PNAC-Berichts berichtete im März 2007 der sich damals noch im aktiven Dienst befindende General Wesley Clark, mit Sicherheit kein Mitglied der Friedensbewegung, in einer Rede vor dem Commonwealth Club of California in San Francisco von einer Unterredung im Pentagon. Er hatte das Gespräch kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center und das Pentagon mit einer ihm bekannten Person aus dem Büro des Verteidigungsministers Rumsfeld geführt.

Zehn Tage nach den 9/11-Anschlägen wurde Clark von dem damaligen Pentagon-Mitarbeiter – ebenfalls im Generalsrang – darauf hingewiesen, das Pentagon plane einen Einmarsch in den Irak. Damals wurde Osama bin Laden, ein erbitterter Gegner des irakischen Machthabers und Chefs der säkularen sozialistischen Baath-Partei, Saddam Hussein, für die Terroranschläge verantwortlich gemacht, aber es gab keinerlei Verbindung zwischen den Anschlägen und der irakischen Regierung. Clark erinnert sich an sein Gespräch mit dem General:
»›Wir haben entschieden, Krieg gegen den Irak zu führen.‹ Das war etwa um den 20. September herum. Ich fragte: ›Wir ziehen gegen den Irak in den Krieg? Warum?‹ – ›Ich weiß nicht‹, antwortete er. ›Ich vermute, sie haben sonst nichts zu tun.‹ Ich fragte nach: ›Haben sie irgendwelche Informationen gefunden, die Saddam mit al-Qaida in Verbindung bringen?‹ – ›Nein, nein‹, antwortete er. ›In dieser Hinsicht gibt es nichts Neues. Sie haben einfach entschieden, den Irak anzugreifen.‹
Ein paar Wochen später traf ich ihn erneut, und damals bombardierten wir bereits Afghanistan. ›Wollen wir immer noch in den Irak einmarschieren?‹, fragte ich. ›Es ist noch viel schlimmer‹, entgegnete er und griff nach einem Dokument auf seinem Schreibtisch. ›Ich habe das heute von ganz oben bekommen‹, sagte er und meinte damit das Büro des Verteidigungsministers. ›In diesem Memorandum wird beschrieben, wie wir in den kommenden fünf Jahren sieben Länder ausschalten werden. Wir beginnen mit dem Irak, und dann folgen Syrien, der Libanon, Libyen, Somalia, der Sudan und am Ende der Iran.‹«
Bei allen diesen tatsächlichen oder angestrebten Kriegen ging es den USA um die militärische Kontrolle der ergiebigsten Erdölvorkommen der Welt, die Cheney bereits 1999 als die Regionen bezeichnete, »wo letztlich die größte Beute zu holen ist«.

Seit jener Zeit haben das amerikanische Außenministerium und eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen mit Verbindungen zur Regierung, darunter das National Endowment for Democracy, das Freedom House, die Open-Society-Stiftungen von George Soros und andere, gemeinsam mit der CIA die von den USA inszenierten (heute nennt man das: »Leading from behind«) »demokratischen Regimewechsel« des sogenannten »Arabischen Frühlings« im Nahen Osten und Nordafrika herbeigeführt. Dazu zählen der von Hillary Clinton massiv befürwortete Krieg gegen Gaddafi in Libyen, gegen Baschar al-Assad im erdöl- und erdgasreichen Syrien, wieder einmal gegen den Irak sowie Ägypten und andere Erdöl- oder Erdgasländer des Nahen Ostens, und nicht zu vergessen die 2009 gescheiterte Farbenrevolution, die sogenannte »Grüne Revolution« im Iran.

Die amerikanische Agenda im Nahen Osten

Die heutigen Absichten und Pläne des Pentagons und des US-Außenministeriums gegenüber dem Nahen Osten unterscheiden sich praktisch in nichts von der Agenda, wie sie General Wesley Clark nach seinem Gespräch im Pentagon im September 2001 schilderte. Sie wurde lediglich erweitert. Aber die Zielsetzung bleibt die gleiche: vollständige militärische Kontrolle der zentralen Erdölströme im Persischen Golf und darüber hinaus. Schließlich soll schon Henry Kissinger während des ersten Ölschocks Anfang der 1970er-Jahre (an dessen Zustandekommen er maßgeblich beteiligt war) gesagt haben: »Wenn man das Erdöl kontrolliert, beherrscht man ganze Länder oder Gruppen von Ländern.«

Aber kehren wir zur anfangs erwähnten Absprache zwischen Kerry und König Abdullah vom September 2014 zurück. Washington hatte schon immer ein großes Interesse daran, die saudische Monarchie und ihre gewaltigen Erdölreserven sowie die Vorkommen Kuwaits und der anderen amerikanischen »Verbündeten« des Golfkooperationsrates zu kontrollieren. Großbritannien, das Charles de Gaulle als »perfides Albion« bezeichnete, ist nicht die einzige niederträchtige Weltmacht.

Aber nach mehreren größeren Überraschungen bei der Umsetzung ihres Plans, die russischen Einkünfte aus dem Erdölgeschäft mit saudischer Hilfe zu ruinieren, sah sich Washington gezwungen, seine Strategie zu ändern. In der zunächst boomenden amerikanischen Schiefererdölindustrie hatten sich die ersten größeren Unternehmenspleiten ereignet. Und als dann Russland überraschend auf Bitten des demokratisch legitimierten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad am 30. September 2015 in den Krieg in Syrien eingriff, sah sich Washington wiederum zu einer Neuorientierung seiner Strategie genötigt. Jetzt scheint Washington bereit zu sein, Saudi-Arabien eiskalt seinem Schicksal zu überlassen.

Im Mai dieses Jahres entließ der stellvertretende saudische Kronprinz, Prinz Salman, der eigentliche Herrscher Saudi-Arabiens, den bisherigen Erdölminister Ali Al-Naimi, den Kopf hinter der Strategie Abdullahs, die amerikanische Schiefererdölindustrie zu zerschlagen und damit die saudische Vorherrschaft auf den Welterdölmärkten zu sichern. Al-Naimis Nachfolger, der bisherige Vorstandschef des staatlichen saudischen Erdölkonzerns Saudi Aramco, Khalid Al-Falih, kündigte umgehend an, die Preispolitik des Königreiches – niedrige Erdölpreise bei hoher Fördermenge – zu ändern, die ja eigentlich die amerikanische Konkurrenz ausschalten sollte – und dies trotz zunehmender Hinweise auf schwerwiegende Veränderungen des globalen Erdölmarktes seit 2014.

Zudem scheint es, als seien die amerikanischen Schieferölproduzenten widerstandsfähiger, als der abgefeimte Prinz Salman gedacht hatte. In einer Stellungnahme vor dem Senatsausschuss für Energie und natürliche Rohstoffe im Rahmen der Anhörung zur »Untersuchung der Herausforderungen und Chancen der Erdöl- und Erdgasförderung in unterschiedlichen Preisumfeldern« legte Suzanne Minter von der Erdöl- und Erdgas-Abteilung des Beratungsunternehmens Platts Analytics sehr interessante Details vor. Diese könnten erklären, warum der Umfang der Schieferölförderung trotz des weltweiten Verfalls der Erdölpreise von 103 Dollar pro Barrel im September 2014 auf nunmehr etwa 40 bis 50 Dollar pro Barrel nicht zusammengebrochen ist. Man war davon ausgegangen, dass die meisten dieser Unternehmen unter massiven Druck geraten würden, wenn der Erdölpreis pro Barrel unter ungefähr 65 Dollar fiele.

In ihrer Stellungnahme ging Minter auf außergewöhnliche technische Verbesserungen ein, die es den amerikanischen Schieferölunternehmen ermöglicht hätten, zu überleben und sich sogar weiter zu entwickeln. Seit 2012 sei die amerikanische Erdölförderung um 57 Prozent von 6,1 Mio. Barrel täglich auf den im April 2015 erreichten Höchststand von 9,7 Mio. Barrel pro Tag gestiegen. Praktisch die gesamte Steigerung gehe auf die neue Schieferölförderung zurück. Das entspricht einer Schieferölförderung von etwa 3,6 Mio. Barrel täglich – eine sehr hohe Fördermenge für den Welterdölmarkt, die auch Saudi-Arabien nicht so einfach ignorieren kann.

Minter beschrieb die Folgen der massiven technischen Verbesserungen am Beispiel der Schieferölregion im texanischen Eagle-Ford-Vorkommen im Westen des Beckens des Golfs von Mexiko: »Gegenwärtig macht Eagle Ford einen Anteil von 13 Prozent der amerikanischen Rohölförderung aus. Im Oktober 2014 wurden in Eagle Ford zu Spitzenzeiten 209 Bohranlagen gezählt. Damals lag die durchschnittliche anfängliche Fördermenge (IP) einer Bohrung bei 436 Barrel Rohöl pro Tag, und die Bohrung eines Bohrlochs nahm 15 Tage in Anspruch. Diese 209 Bohranlagen in Eagle Ford könnten, unter der Voraussetzung, sie verblieben dort und es käme weiterhin alle 15 Tage ein neues Bohrloch hinzu, letztlich bis zum Jahr 2020 3,3 Mio. Barrel Rohöl pro Tag fördern.«

Des Weiteren ging sie auf die technischen Fortschritte bei der Förderung sowie die Verkürzung der Zeitspanne, die zum Bohren eines neuen Bohrlochs erforderlich ist, und die Verringerung der Anzahl der Bohrlöcher ein, die notwendig sind, um eine gleichbleibende Förderung zu erreichen. Dies ist alles sehr beeindruckend:
»Als die Förderunternehmen 2015 ihren Bestand an Bohranlagen verringerten, befanden sich die verbleibenden Bohranlagen auf den am besten erforschten Flächen. Als Folge davon stieg die durchschnittliche IP in Eagle Ford um 55 Prozent auf 662 Barrel Rohöl pro Tag, und die durchschnittliche Bohrzeit für ein neues Bohrloch sank um 25 Prozent auf elf Tage. Infolgedessen könnten die gegenwärtig 49 Bohranlagen theoretisch die Produktion auf dem gegenwärtigen Stand von einer Mio. Barrel pro Tag aufrechterhalten, solange diese Bohranlagen bis 2020 in dem Becken verbleiben und weiterhin alle elf Tage ein neues Bohrloch mit einer IP von 662 Barrel täglich gebohrt wird. Dies bedeutet zugleich, dass Eagle Rock im Falle einer Erholung nur 125 weitere Bohranlagen benötigen würde, um die 3,3 Mio. Barrel pro Tag fördern zu können, die bis 2020 projiziert wurden und für deren Förderung man ursprünglich 209 Bohranlagen für erforderlich erachtete.« (Hervorhebungen vom Verfasser; W.E.)
Und weiter sagte sie: »Die Zeit und die Rate, mit der diese Energie den Markt erreichte, scheinen das System in unvorhergesehener Weise unter Druck gesetzt zu haben.« Mittel- bis langfristig könnten sich die USA als Randerzeuger zum Preisgestalter auf dem Weltmarkt entwickeln. Die Expertin fuhr dann fort: »Die gebohrten, aber nicht betriebsbereiten Bohrlöcher haben Zugriff auf Reserven, die innerhalb kurzer Zeit erschlossen werden können und daher maßgeblich die Berechnung der Kapazitätsreserven beeinflussen. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die Reservekapazitäten der USA denen der OPEC gegenwärtig kaum nachstehen. Wir sind aber der Überzeugung, dass die Kosten, die den amerikanischen Produzenten einen Anreiz gäben, ihre gebohrten, aber nicht betriebsbereiten [z.B. noch unverrohrten] Bohrlöcher förderfähig zu machen, weitaus niedriger liegen könnten, als weltweite Wettbewerber vermuten oder gerne sähen. (Hervorhebungen vom Verfasser; W.E.) Texas alleine könnte 1,25 Millionen Barrel Erdöl pro Tag auf den Weltmarkt bringen, und dies innerhalb kurzer Zeit – durchschnittlich in etwa 30 Tagen. Diese Fördermenge ist höher als die Menge, mit der die Saudis drohten, den Markt zu überfluten.«

Prinz Salman und der Rest der königlichen Familie könnten sich schon bald aufgrund des Vorwurfs, sie hätten die Finanzen des einst schier unermesslich reichen saudischen Königshauses ruiniert, einer inneren Revolte seitens missgünstiger und verärgerter Angehöriger des Königshauses gegenüber sehen.

Der einzige Haken im Zusammenhang mit der Schieferölförderung betrifft die Frage, wie lange überhaupt dieser Schieferöl-Boom anhalten kann. Schieferölvorkommen erschöpfen sich sehr viel rascher als herkömmliche Erdölvorkommen. Einigen Schätzungen zufolge wird sich die Fördermenge an Schieferöl in den USA trotz neuer Technologien in den kommenden fünf Jahren deutlich verringern. Aber bis dahin, so hoffen die durchgeknallten Planer im Pentagon, haben sie den gesamten Persischen Golf, einschließlich der Saudis, bereits fest im Griff. Allerdings verfolgen beide Seiten in diesem Szenario absurde Pläne.

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