Wladimir Putin: Zusammenwirkung zwischen Russland und China als globaler Stabilitätsfaktor


Wladimir Putin: Zusammenwirkung zwischen Russland und China als globaler Stabilitätsfaktor
 
In seinem Interview für die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua hat Wladimir Putin über die Zusammenarbeit zwischen Moskau und Peking erzählt und die strategischen Linien für ihre Entwicklung skizziert. Geschäftskontakte zwischen den beiden Staaten könnten dem russischen Präsidenten zufolge in der Gründung einer russisch-chinesischen Freihandelszone münden. Dabei habe die Partnerschaft der beiden Länder eine wichtige Bedeutung nicht nur für die regionale Sicherheit, sondern für die ganze Welt. 
 
Der russische Staatschef, Wladimir Putin, hat chinesischen Journalisten im Kontexte seines Besuches in China vom 25. bis 26. Juni ein Interview gewährt, in dem er betonte, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten auf der jetzigen Etappe weit über die Grenzen einer strategischen Zusammenwirkung hinausgeht.

Wirtschaft, Luftfahrt und Weltraum
„Experten haben es nämlich schwer, den heutigen Zustand unserer gemeinsamen Angelegenheiten zu definieren. Es hat sich herausgestellt, dass es falsch ist, bloß von einer strategischen Zusammenwirkung zu sprechen. Das reicht nicht aus. Deswegen sprechen wir immer öfter von einer allumfassenden Partnerschaft und einer strategischen Zusammenwirkung. Allumfassend heißt, dass wir in praktisch allen Hauptbereichen zusammenarbeiten. Und strategisch bedeutet, dass wir dieser Tatsache einen riesigen zwischenstaatlichen Wert beimessen“, erklärte der russische Staatschef.
Wladimir Putin wies darauf hin, dass die wirtschaftliche Kooperation zwischen Russland und China kontinuierlich zunehme. Obwohl der gesamte Warenumsatz zwischen den beiden Staaten konjunkturbedingt vorübergehend gesunken sei, habe sich dafür der Charakter der wirtschaftlichen Kontakte veredelt.  
„Inzwischen gelingt es uns, die Hauptthemen zu lösen. Es gelingt uns, wesentliche Schritte in Richtung Veredelung der Struktur unseres Warenumsatzes zu tun… Der Umfang der technischen Erzeugnisse und Maschinen, die wir in die Volkrepublik China liefern, hat zugenommen. Das ist für uns äußerst wichtig. Wir haben diese Frage mit unseren chinesischen Partnern mehrere Jahre lang besprochen… Die wichtigste Richtung ist natürlich die Diversifizierung unserer Kontakte. Denn wir müssen ihnen einen edleren Charakter verleihen, das heißt der High-Tech-Sphäre in unseren Beziehungen mehr Aufmerksamkeit schenken“, meinte Putin.
Das Spektrum der gemeinsam umzusetzenden Projekte im Wirtschaftsbereich sei ziemlich breit. Ein guter Teil davon gehöre zum High-Tech-Bereich.
„Wir arbeiten an Weltraumprogrammen und im Luftfahrtbereich zusammen. Wir entwickeln ein Breitrumpfflugzeug und einen schweren Hubschrauber. Darüber hinaus arbeiten wir an Umweltschutzproblemen und setzen sehr ambitionierte Großprojekte im Energiebereich, darunter in der Atomenergie, fort“, teilte der russische Staatschef mit.
Aussichten für weitere Zusammenwirkung
Der Präsident hob einen deutlichen Zufluss an chinesischen Investitionen in den russischen Markt hervor. Das Unternehmertum aus dem Reich der Mitte sei nicht nur an Anlagen in den Rohstoffsektor sondern auch an der Entwicklung der Partnerschaft im Industriesektor und der Beteiligung an größeren Infrastruktur-Projekten interessiert.
„China erweitert seine Präsenz auf unserem Energiemarkt und ist ein großer Aktienhalter eines unserer bedeutenden Projekte – und zwar ʻLNG Jamalʼ. Es hat 10 Prozent Aktien an einer unserer führenden Chemieholdings – und zwar ʻSiburʼ - erworben. Wir begrüßen diese chinesischen Investitionen nicht nur aus dem Gesichtswinkel der Kapitalanlagen sondern auch aus dem Gesichtswinkel der Vertiefung unserer Partnerschaft. Nehmen wir als Beispiel das bekannte Projekt der Hochgeschwindigkeitsstrecke Moskau – Kasan: Die Bauarbeiten kommen sehr aktiv voran. Auf einigen Abschnitten werden die Züge eine Geschwindigkeit von bis zu 400 Kilometern pro Stunde erreichen können. Wir achten sehr auf diese Perspektiven, denn das kann der Beginn einer großen Zusammenarbeit in dem Infrastruktur-Bereich sein“, erklärte Wladimir Putin.
Wladimir Putin bemerkte, dass die Entwicklung der bilateralen Beziehungen auch auf der Ebene internationaler Organisationen verlaufe. Die Umsetzung des von China vorgeschlagenen Projektes „Wirtschaftsgürtel entlang der Seidenstraße“ sei auf dem Gipfel der Staatschefs der Eurasischen Wirtschaftsunion ins Gespräch gekommen. Dabei vergesse Russland auch seine eigenen Interessen nicht und sei bereit, das einheimische Unternehmertum zu schützen, so Putin.      
„Natürlich denken wir auch an Interessen unserer einheimischen Warenerzeuger. Die allgemeine Meinung ist jedoch, dass die Generallinie der Entwicklung der Weltwirtschaft und unserer Zusammenarbeit mit China in einer allmählichen Aufhebung von allerlei Hindernissen für eine offene Zusammenarbeit besteht. Letzen Endes kann das auf der ersten Etappe zur Gründung einer Freihandelszone führen“, teilte der Präsident mit.
Die Zusammenarbeit an solchen Projekten ermögliche es, für die Kooperation eine Reihe von Ländern in der Region zu gewinnen. 
„Wir werden Voraussetzungen dafür schaffen, was ich heute als Kooperation in Eurasien bezeichnet habe. Immer mehr Länder der Region bekunden nämlich ihr Interesse an unserer Zusammenwirkung. Dabei streben wir keineswegs danach, geschlossene handelswirtschaftliche Gruppierungen zu gründen“, erklärte der Präsident.
Russisch-chinesische Kooperation in internationaler Arena
Im Laufe des Interviews brachte Wladimir Putin außerdem die Bedeutung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zur Sprache und wies auf eine bedeutende Evolution dieser Organisation hin. Ihr Ansehen nehme weltweit zu. Die russisch-chinesische Zusammenarbeit sei ein wichtiger globaler Faktor, der viele internationale Probleme lösen könne. 
„Allein die Tatsache, dass China und Russland heute in der internationalen Arena interagieren, sei ein Stabilitätsfaktor in internationalen Angelegenheiten. Neben der Kooperation in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, arbeiten wir in der BRICS-Gruppe zusammen, die wir in der Tat zusammen ins Leben gerufen haben. Wir arbeiten auch in der UNO aktiv zusammen. Ich erlaube es mir, darauf hinzuweisen, dass eben unser Land (damals noch die UdSSR) sein Bestes getan hat, damit die Volksrepublik China den gebührenden Platz unter den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates einnahm. Wir haben immer geglaubt, dass das der Platz der Volksrepublik China ist. Wir freuen uns heute sehr darüber, dass es so passiert ist, weil unsere Gesichtspunkte zu internationalen Angelegenheiten sehr nah sind oder zusammenfallen, wie dies die Diplomaten zu sagen pflegen. Diese Übereinstimmung der Gesichtspunkte wird durch konkrete Arbeit auf technischem Niveau gestärkt. Wir sind ständig in Kontakt und beraten uns über globale und regionale Probleme. Da wir uns für enge Verbündete halten, hören wir immer auf einander und berücksichtigen beiderseits unsere Interessen“, sagte der russische Präsident.

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