Britischer Parlamentsbericht: Golfmonarchien waren Freund und Helfer des IS


Ein Bericht des britischen Parlaments spricht von "historischen Beweisen" dafür, dass die Terrormiliz IS Unterstützung aus den Golfmonarchien erhalten hat.
Ein Bericht des britischen Parlaments spricht von "historischen Beweisen" dafür, dass die Terrormiliz IS Unterstützung aus den Golfmonarchien erhalten hat. 
 
Lange Zeit verband die Golfmonarchien und den IS ein von Sympathie geprägtes Naheverhältnis. Ein Bericht des britischen Unterhauses legt nahe, dass bis in höchste Regierungsebenen hinauf die Terrormiliz als „Beschützer der Sunniten“ wahrgenommen wurde. Die Konsequenz war, dass Spenden an die Terroristen an der Tagesordnung waren und staatliche Autoritäten diese bereitwillig tolerierten.
 
Ein Bericht des britischen Parlaments, der diese Woche veröffentlicht wurde, hat von "historischen Beweisen" dafür gesprochen, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" Hilfe aus den Golf-Staaten erhielt.

Mit Blick auf den Report des Sonderausschusses für ausländische Angelegenheiten kommentierte das Außenministerium:
Es gibt historische Beweise für finanzielle Zuwendungen an den IS aus den Golf-Staaten. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die Familienspenden an den IS über nicht regulierte Alternative Werttransfersysteme (AVTS) erfolgten.

Die AVTS umfassen nicht oder nur eingeschränkt dokumentierte Wege des globalen Geldtransfers, unter anderem die Online-Währung Bitcoin. Diese garantieren, dass nur wenige Informationen über den Absender bekannt werden.

Als sinnbildlich für die Authentizität der Erkenntnisse des Berichts zitierte das Außenministerium einen Zwischenfall vom September 2014. Zu diesem Zeitpunkt verhängte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen einen IS-Offiziellen, weil dieser Spenden im Wert von zwei Millionen US-Dollar "aus dem Golf" entgegengenommen hatte.

Das Ministerium bemerkte jedoch, private Zuwendungen an den IS seien "minimal" im Vergleich zu dessen anderen Einnahmequellen. Zu jenen zählen beispielsweise der Handel mit Erdöl und das Eintreiben von Steuern.

Der Sonderausschuss fordert nun, Großbritannien müsse "harte Fragen an seine engen Freunde" stellen, wenn es um Finanzzuwendungen an militante Gruppen in Syrien und Irak geht.

Während die britische Regierung gegenüber dem Sonderausschuss beteuert, es gebe keine Beweise, dass eine Regierung die Finanzierung des IS als "politische Ausrichtung" betrieb, hinterfragte der Bericht die grundsätzliche Haltung der arabischen Golf-Staaten gegenüber dem IS seit der Eroberung von Mosul im Juni 2014.

Die Türkei, aber auch Saudi-Arabien, Kuwait und Katar spielen eine "wichtige Rolle" im Anti-IS-Kampf, betont das Außenministerium. Zahlreiche Medienberichte hatten im Laufe der letzten Jahre gegenüber diesen Staaten den Vorwurf erhoben, sie hätten terroristischen Organisationen mindestens ein ruhiges Hinterland geboten. Einige hätten die Terroristen sogar aktiv unterstützt.

Einzelne Offizielle des Foreign Office kritisierten allerdings, "einige Regierungen in der Region scheinen daran gescheitert zu sein, Spenden ihrer Bürger an den IS zu unterbinden".

Der Minister für den Nahen Osten, Tobias Ellwood, äußerte sich gegenüber dem Sonderausschuss mit folgenden Worten:
Nachdem der IS erstmals internationale Aufmerksamkeit erfahren hatte, wurde er wahrscheinlich als Verteidiger der sunnitischen Muslime in den Kriegen des Iraks und Syriens betrachtet.
Der ehemalige irakische Premierminister Nuri el-Maliki, der zwischen 2006 und 2014 dieses Amt innehatte, wird wiederholt beschuldigt, die schiitische Konfession privilegiert und sunnitische Muslime systematisch unterdrückt zu haben. Seit seiner Regierungsübernahme ist die Anzahl von Sunniten unterstützter Terrorgruppen und ihrer Anhänger deutlich angestiegen.


In Syrien wiederum herrscht seit 2011 ein blutiger Bürgerkrieg. Der syrische Präsident Baschar al-Assad gehört der alawitischen Konfession an, die dem schiitischen Islam nahesteht. Der Präsident pflegt traditionell enge Beziehungen zum schiitischen Iran und der libanesischen Hisbollah. Terroristische Gruppen, die zumeist einen hohen Anteil ausländischer Kämpfer in ihren Reihen zählen, versuchen, den Präsidenten gewaltsam aus seinem Amt zu entfernen.

Die Zeiten, in denen der IS als Beschützer der Sunniten wahrgenommen wurde, sei allerdings vorbei. Sie hielt bis 2014 an, sagte Ellwood. Dan Chugg, der IS-Sonderbeauftragte im britischen Außenministerium, informierte:

Vor zwei Jahren war der IS fähig, Spenden vonseiten wohlgesonnener Sunniten zu lukrieren. Diese kommen aus den reichsten Staaten der Region, den sunnitischen Golfmonarchien, was ein Anlass zu großer Sorge war.
Es war sicherlich ein Problem in den ersten Tagen des IS, so Chugg, dass er Zuwendungen von den Golfstaaten und anderen Ländern erhielt.

Auf die Frage, ob sich unter den Spendern auch Mitglieder der Königshäuser befanden, erklärte Minister Ellwood:
Es muss gesagt werden, dass alles sehr undurchsichtig ist. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass diese Annahme zutrifft. Bei diesen Ländern ist es schwierig, auseinanderzuhalten, was Regierungszuwendungen sind und was nicht. Man hat es mit einer Königsfamilie, reichen Prinzen und ähnlichen Phänomenen zu tun.
Die Golf-Staaten dementieren stets Behauptungen, sie hätten den IS finanziert. Dabei weisen sie auf ihre Aktivitäten im Rahmen der US-geführten Anti-IS-Koalition hin, die seit 2014 die Terrormiliz aktiv bekämpft. Chugg äußerte, er sei sich "keiner harten Beweise bewusst, wonach diese Länder den IS unterstützten". Es gebe jedoch "eine ganze Menge Spekulationen, dass diese Länder [den Terroristen gegenüber] eine schrecklich hilfreiche Rolle spielten".

Der Parlamentsreport räumt ein, dass die Golf-Staaten inzwischen eine legale und institutionelle Infrastruktur aufgebaut haben, um dem IS am Einsammeln von Geldmittel zu hindern. Einige regionale Staaten waren bei der Implementierung der Maßnahmen jedoch "langsam", fügte der Report hinzu.

Der Sonderausschuss sprach auch die Tatsache an, dass Saudi-Arabien seinen Bürgern offiziell erst im März 2015 verbot, Spenden an den IS auszuführen. Großbritannien brachte ein solches Gesetz im Juni 2014 auf den Weg.

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