Unser Problem mit dem arabischen Bildungsniveau



POTSDAM, GERMANY - NOVEMBER 11:  Instructor Paulina Kedziora leads an intermediate German language class for migrants and refugees from countries including Eritrea, Afghanistan, Iran, Chechnya and Somalia seeking asylum in Germany at Euro-Schulen Potsdam on November 11, 2015 in Potsdam, Germany. The classes are paid for by the German Federal Office for Migrants and Refugees (BAMF) and are meant to help integrate the newcomers into Germany. Germany is expecting to receive at least one million asylum applicants this year.  (Photo by Sean Gallup/Getty Images)
POTSDAM, GERMANY - NOVEMBER 11: Instructor Paulina Kedziora leads an intermediate German language class for migrants and refugees from countries including Eritrea, Afghanistan, Iran, Chechnya and Somalia seeking asylum in Germany at Euro-Schulen Potsdam on November 11, 2015 in Potsdam, Germany. The classes are paid for by the German Federal Office for Migrants and Refugees (BAMF) and are meant to help integrate the newcomers into Germany. Germany is expecting to receive at least one million asylum applicants this year. (Photo by Sean Gallup/Getty Images)

Flüchtlinge und Zuwanderer sind hochqualifiziert? Wer sagt das? Was heißt das? Ein Blick in die arabische Bildungs- und Arbeitswelt könnte Licht ins Dunkel bringen. Peter L. Pedersen beschreibt.
Das Forschungsinstitut für Arbeitsmarkt und Berufsbildung IAB, eine Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit, wird nicht müde auf das überdurchschnittlich hohe Bildungsniveau von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu verweisen.

So fragte der ARD-Sender Tagesschau24 jüngst beim dortigen Prof. Herbert Brücker an, ob er vielleicht ein paar positive Infos zu diesem Thema hätte. Und prompt lieferte er einige farbige Excel-Grafiken. Tenor des Senders am 22.08.2016 war sogleich: „Hochqualifiziert – aber nicht ausgebildet“ – aber „fast die Hälfte war mindestens auf einem Gymnasium“ und „77 Prozent der Asylbewerber beteiligten sich an der Umfrage“.

Da Brücker im Nebenjob auch Lehrstuhlinhaber an der Uni Bamberg ist, wurde sein dortiger Dekan, Prof. Guido Heineck, befragt, wie er die Sprüche. Brückers einschätze. Heineck bestätigte postwendend: „Ich halte von Brückers Arbeit sehr viel, denn sie ist methodisch fundiert, politisch neutral und ausgewogen.“ Auch habe er keinen Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Brücker-Arbeit, da hier mit „Redlichkeit, Abgewogenheit und Sachverstand gearbeitet wurde“. Und außerdem habe er selbst für das IAB gearbeitet und die seien dort alle höchst seriös.

Allerdings vergaß Brücker offensichtlich bei der Übersendung seiner drei Excel-Grafiken zu erwähnen, dass er die Daten gar nicht wissenschaftlich evaluiert, sondern von seinem behördlich-partnerschaftlichen Flüchtlingsamt BAMF einfach übernommen hatte. Die Daten seien auch nur vorläufig. Und dass wesentliche Aussagen in seiner Analyse auf einer „qualitativen Befragung von 123 Flüchtlingen“ basierten, war für Brücker auch nicht erwähnenswert. Nur – welcher seriöse Professor plappert kaum haltbare oder ungeprüfte Daten einfach so in die Weltgeschichte hinaus?

Q.e.d.: Wissenschaftlichkeit ist nicht gegeben! Setzen! Sechs!

Förmlicher Verweis auch an Bamberg-Dekan Heineck wegen IAB-Kungelei und versuchter Vertuschung eines professoralen Täuschungsversuchs.
Doch lassen Sie uns das Thema Bildung einmal etwas näher beleuchten, um einen klareren Blick dafür zu bekommen, worüber seit Monaten in der Öffentlichkeit palavert wird.

Berufsbildung aus deutscher Sicht

Beginnen wir mit der Selbstwahrnehmung. Im deutschsprachigen Kulturkreis hat sich innerhalb der letzten knapp 800 Jahre seit der Hanse-Zeit eine besondere Form der berufsorientierten Ausbildung durch intensive Verzahnung von Theorie und Praxis entwickelt, die wir heute als „duale Berufsausbildung“ kennen.

Während deutsche Politiker gern vom „Exportschlager deutscher Berufsausbildung“ schwärmen, ist davon weltweit nicht viel zu spüren. Im Gegenteil: Kaum jemand kennt es und weltweit möchten junge Menschen vornehmlich studieren, als „niederen Tätigkeiten“ nachgehen zu müssen.

So kommt es nicht von ungefähr, dass Jahr für Jahr deutsche Unternehmen bei der Gründung ausländischer Standorte alles nach typisch deutscher Manier generalstabsmäßig planen, um dann doch gehörig auf die Nase zu fallen, weil sie nicht berücksichtigten, dass sie deutsche Qualifikationsstandards nicht auf ausländische Verhältnisse übertragen dürfen. Dass das selbst in den USA oder anderen Industrienationen nicht funktioniert, hat bereits so manches deutsche Unternehmen schmerzhaft lernen müssen.

Tatsächlich gibt es außerhalb des deutschsprachigen Kulturkreises Deutschland, Österreich und Schweiz kein weiteres Land, das diesen „deutschen Exportschlager“ eingeführt hat.

Selbst im innereuropäischen Vergleich tun sich bereits dramatische Abgründe auf. So gibt es zwar in vielen süd- und osteuropäischen Ländern eine zumeist zweijährige Berufsschule, die allerdings vornehmlich theoretischer Natur ist und eine lerneffiziente Umsetzung der Theorie in die Praxis unter Anleitung spezialisierter Meister grundsätzlich nicht beinhaltet. Gelegentliche Praktika bedeuten dann üblicherweise:

Zugucken und nichts anfassen.

Nicht von ungefähr werden europäische Berufsschulabsolventen in aller Regel nicht als berufsqualifizierte Fachkräfte auf Gesellenniveau in Deutschland anerkannt.

Der griechische Bewerber für eine deutsche Elektro-Gesellen-Stelle muss zumeist einen Hochschulabschluss als Elektro-Ingenieur oder zumindest einen Berufsschulabschluss mit langjähriger Berufspraxis nachweisen. Und die rumänische Krankenschwester kann ihren Job als Altenpflegefachkraft in Deutschland vergessen, wenn sie nicht wenigstens einen heimischen Bachelor-Abschluss nachweisen kann.

Ihre Kollegin aus einem Nicht-EU-Land hat es sogar noch schwerer: Sie muss die expliziten Curricula ihres heimatlichen Hochschulstudiums vorlegen, damit diese Punkt für Punkt mit dem deutschen Pendant verglichen werden können. Nach intensiver Einzelfallprüfung stellt das jeweils zuständige Landesamt dann in aller Regel eine deutliche Kenntnislücke fest, die nur mit Hilfe einer einjährigen Nachqualifizierung und einer zusätzlichen Fachprüfung ausgeglichen werden kann, um auf diese Weise die Gleichwertigkeit ihres Hochschulstudiums zu einer deutschen Lehre erlangen zu können.

Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz

Für alle Ausbildungsberufe im dualen System stehen gemäß Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) vornehmlich die Kammern für sogenannte Gleichwertigkeitsprüfungen zur Verfügung. Bei fehlenden Dokumenten kann eine Qualifikationsanalyse vorgenommen werden und daraufhin sogar eine Berufsanerkennung erfolgen. Diese ist jedoch stets mit einer Arbeitsprobe, einem Fachgespräch oder einer Probearbeit in einem Betrieb verbunden. Ohne Dokumente oder zumindest einer Qualifikationsanalyse ist folgerichtig keine seriöse Einstufung möglich.

Die zuständigen Landesämter und Kammern dürften sich daher höchst irritiert die Augen reiben, wenn das Bundes-Flüchtlingsamt und die Arbeitsamt-Forscher vom IAB dieses Problem mit einem tiefen Blick in die treuen Augen und mit locker flockigen Befragungen der Flüchtlinge in Sekundenschnelle zu erledigen weiß. Dabei ist in aller Regel nicht einmal bekannt,  aus welchem Land die Kandidaten tatsächlich kommen.

Das Bundes-Bildungsministerium BMBF fördert übrigens u.a. das Projekt „Prototyping Transfer – Berufsanerkennung mit Qualifikationsanalysen“ im Sinne einer erleichterten Berufsanerkennung für Flüchtlinge mit rund 2,2 Mio Euro – statistisch gesehen mit ca. zwei Euro auf jeden Asylbewerber, der im vergangenen Jahr zu uns gelangt ist.

So wird auch Bundes-Bildungsminister Johanna Wanka nicht müde, mit ihren vermeintlichen Erfolgen in der Öffentlichkeit gezielt für Verwirrung zu sorgen. Im März 2016 berichtete Wanka ihren Kabinettskollegen, dass nach Schätzungen knapp 30 Prozent der Asylsuchenden und Flüchtlinge über Berufs- und Hochschulabschlüsse verfügen sollen, die in Deutschland verwertbar seien. Allein 2014 gab es ihren Aussagen zufolge sage und schreibe 20.000 Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse von Migranten, von denen 78 % als gleichwertig anerkannt wurden.
Hingegen berichtete das ARD-Magazin „plusminus“ in seiner Sendung vom 21.01.2016, dass sich die Anerkennungsverfahren von Flüchtlingen in 2014 deutschlandweit auf ganze 99 (i.W. neunundneunzig) beliefen. Wir erinnern uns an IAB-Brücker: Der benötigt solch aufwendige Verfahren nicht und lässt einfach 123 Asylbewerber befragen.

Die restlichen 19.900 Wanka’schen Abschlussanerkennungen waren also keine Flüchtlinge sondern Migranten, die aus der EU oder als Top-Qualifizierte mittels einer Blue-Card zu uns gekommen sind, um hier sogleich eine Arbeit aufnehmen zu können.

Lassen Sie uns nun einen Blick in die arabische Welt werfen, aus der ein bedeutender Teil der Zuwanderer stammt.

Berufsausbildung auf arabisch

Beim TIMSS-Test 2011 (Wir erinnern uns: PISA und TIMMS dienen internationaler Vergleichbarkeit schulischer Kompetenzen) schnitten syrische Schüler von 42 getesteten Ländern auf einem niederschmetternden 39. Platz ab.

Ludger Wößmann vom Münchner Ifo-Institut stellte im Mai 2016 fest, dass syrische Schüler nach der 8. Klasse ca. fünf Jahre im Vergleich zum deutschen Schulniveau hinterherhinken. Sprich: Ein mittlerer Schulabschluss in Syrien entspricht nicht einmal dem deutschen Grundschulniveau. Die Schulbildung orientiert sich in nahezu allen arabischen Ländern vornehmlich an der Religion und oftmals auch an der Shari’a-Gerichtsbarkeit.

Schon 2015 wies Wößmann darauf hin, dass 65 Prozent der syrischen Schüler nicht den Sprung über das, was die OECD als Grundkompetenzen definiert, schaffen. In Albanien liegt die Quote bei 59 Prozent – gegenüber 16 Prozent in Deutschland. Weiter schrieb er: „Das heißt, dass zwei Drittel der Schüler in Syrien nur sehr eingeschränkt lesen und schreiben können, dass sie nur einfachste Rechenaufgaben lösen können.“

Tatsächlich gibt es in Syrien dreijährige „technische Sekundarschulen“, die so etwas Ähnliches wie Berufsausbildung anstreben sollen. Allerdings stehen auf dem Lehrplan auch Fächer wie Religion, Arabisch und – für die Berufsbildung offenbar unverzichtbar – Patriotismus. Der fachliche Rest wird grundsätzlich im Klassenraum in Frontalunterricht und mittels Auswendiglernen geübt. Das selbständige Entwickeln von Wissen, wie wir es (oftmals) kennen, ist weder in Südeuropa noch in der arabischen Welt üblich. Und die Durchfallquoten in syrischen Berufsschulen betragen 30-35 %.

Ein Blick über die Grenze in den Irak

In den 330 irakischen Berufsschulen (Stand 2008) wurden gerade einmal 68.000 Schüler ausgebildet und das bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 34 Mio. Menschen (zum Vergleich: In Deutschland besuchen im Schnitt 2,4 Mio Schüler im Schuljahr 2015/16 eine Berufsschule). Die Durchfallquoten bei den Abschlussprüfungen der Sekundarstufe II im Irak beliefen sich zugleich auf bis zu 70%.
Diese Quote deckt sich mit den Erfahrungen der Handelskammer München und Oberbayern, wonach 70 Prozent der Azubis aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, die vor zwei Jahren in Deutschland eine Lehre begonnen haben, diese bereits wieder abgebrochen haben.

Selbst im superreichen Saudi-Arabien, das nach eigenen offiziellen Verlautbarungen überdurchschnittliche Investitionen in die Berufsqualifikation der Bevölkerung tätigt und alle Schulen kostenfrei besucht werden können, verfügen lediglich neun Prozent der Bevölkerung über eine Berufsausbildung, während der OECD-Durchschnitt bei 45 % liegt.

In Afghanistan gab es bis 2011 gar keine Berufsschullehrerausbildung und kein Weiterbildungssystem. Vielmehr spielen bis heute die Islamschulen eine wesentliche Rolle. An den heute existierenden ca. 330 Berufsschulen sollen zwar 60 % des Unterrichtsstoffes in der Praxis vermittelt werden, was jedoch oft nicht eingehalten wird, weil die Schulen schlecht ausgestattet sind und den Lehrern die Fachpraxis fehlt. Nicht für alle Bereiche gibt es Ausbildungsordnungen und Lehrbücher. Der Bevölkerungsanteil mit abgeschlossener Berufsausbildung ist entsprechend marginal.

Auf einer meiner zahlreichen Reisen in die arabische Welt erklärte mir ein (sehr weltoffener und in Deutschland studierter) Staatssekretär in der omanischen Hauptstadt Muskat das einmal so: „Arabische Jungen werden zu Königen erzogen und Könige arbeiten nicht.“ Auch wenn eine solche Aussage den deutschen Gutmenschen sogleich zu einem „nicht ausreichend differenziert“ hinreißen wird, birgt sie sehr wohl einen tieferen Sinn.

Als ich vor einigen Jahren eine Hotelschule in der kurdischen Landeshauptstadt Erbil gründete, um Köche auszubilden, bekamen wir durchaus guten Zulauf aus alewitischen Familien wie auch aus dem christlich geprägten Stadtteil Ainkawa. Insbesondere bei Rückkehrern ehemaliger Flüchtlingskinder aus Deutschland war unsere Ausbildung gefragt. Hingegen suchten wir muslimische Teilnehmer vergebens. Der Direktor eines namhaften 5-Sterne-Hotels in Erbil, der selbst Schwierigkeiten hatte, muslimische Arbeitskräfte zu gewinnen, erklärte es mir so: Muslimische Jungen werden nicht als Koffer-Boy an der Rezeption stehen, um Frauen und Andersgläubige zu bedienen. Und noch schlimmer wäre es für sie, wenn die Freunde ihn durch die Glasscheibe des Hotels dabei beobachten könnten.

Das Berufsbildungs-Problem vorrangig mit jungen Männern aus dem arabischen Raum hat folglich zwei maßgebliche Ursachen. Sie liegen in der kulturellen und in der religiösen Prägung, die unter anderem Tomas Spahn hinsichtlich der Wissenschaftsfähigkeit in seinem Essay zu der Verknüpfung von Glaubensbekenntnis und wissenschaftlichem Ansatz herausgearbeitet hat.

Sprechen wir über Arbeits- und Berufserfahrung

Nur wenige Tage nachdem das Forschungsinstitut der Arbeitsagentur IAB am 22. August 2016 in Tagesschau24 von dem hohen Flüchtlings-Bildungsniveau schwärmte, befleißigte sich der Chef von Bundesagentur für Arbeit und BAMF, Frank-Jürgen Weise, in einem Welt-Interview festzustellen, dass der Anteil der Akademiker unter den Flüchtlingen und Migranten seiner Schätzung nach bei etwa zehn Prozent liege. Rund 40 Prozent hätten Arbeitserfahrung, wenn auch keine Berufsausbildung.

Es ist schon bedenklich, wenn sich Arbeitsamt-Chef Weise auf eigene Schätzungen verlassen muss, statt von seinem eigenen Forschungsinstitut IAB wasserdichte Fakten geliefert zu bekommen. Doch auch die „rund 40 Prozent“ mit Arbeitserfahrung dürften höchst mutig geschätzt gewesen sein, wenngleich dieses allein schon impliziert , dass 60 % aller Asylbewerber über keinerlei Arbeitserfahrung verfügen.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass zahlreiche arabische Länder sogenannte Nationalisierungs-Gesetze erlassen haben, welche die Unternehmen zwingen, einen Mindestanteil an Einheimischen gegenüber Expatriates zu beschäftigen. In dem durchaus modern strukturierten Sultanat Oman beträgt die Omaninisierungsquote ca. 72 %. In anderen arabischen Ländern verhält es sich ähnlich.

Die gängige Praxis konnte ich von einem Hamburger Geschäftsmann erfahren, der seit vielen Jahren erfolgreich eine Pipeline-Fabrik im Oman betrieb. Um seine branchenspezifische Quote von seinerzeit 80 % an einheimischen Beschäftigten erfüllen zu können, musste er besondere Ideen entwickeln.

So ließ er sich von einem Mode-Designer elegante weiße (statt der üblichen blauen) Arbeitsoveralls entwerfen, fuhr in die Berge und befragte die Mütter, ob sie eingedenk der schönen Kombis ihre Söhne motivieren könnten, bei ihm zu arbeiten. Gesagt, getan. Am ersten Arbeitstag kam die Jungs noch pünktlich, am zweiten Tag zumeist schon zu spät und am dritten Tag oftmals gar nicht mehr. Trotzdem beließ es der Hamburger Unternehmer dabei mit dem Hinweis: wenn sie nicht kommen, machen sie wenigstens nichts kaputt – aber ich erfülle meine Quote.

Tatsächlich hat diese Praxis Methode, weil Arbeitslosen- oder Sozialversicherungssysteme, wie wir sie aus Deutschland kennen, in arabischen Ländern nicht üblich sind. Vielmehr verpflichtet man die Unternehmen, die Einheimischen zu beschäftigen und zu bezahlen, um auf diese Weise eine latente Arbeitslosenquote von bis zu 50 % erfolgreich kaschieren zu können.

Wenn junge Menschen also den ganzen Tag Zeit haben und trotzdem Geld verdienen, dann kann man es ihnen kaum verdenken, wenn sie sich mit Gleichgesinnten auf öffentlichen Plätzen oder vor den Souqs treffen. Entsprechend könnte man zu dem Schluss kommen, dass die deutsche Praxis der Flüchtlingsversorgung mit Finanzmitteln und Arbeitsverbot vielleicht nicht der richtige Weg der Versorgung ist.

Der geneigte Leser mag nun möglicherweise der Idee verfallen, Asylbewerber zumindest zu gemeinnütziger Arbeit zum Wohle der Allgemeinheit heranzuziehen, statt sie mit generellem Arbeitsverbot zu belegen.

Wenn nun bei der lockeren Befragung von 123 angeblichen Flüchtlingen diese möglicherweise sogar wahrheitsgemäß bestätigen, dass sie schon einmal eine Berufsschule besucht (aber nicht abgeschlossen) hätten oder gar über Arbeitserfahrung (wenn auch nur über ein paar Tage) verfügen,  so darf es erlaubt sein, Zweifel an der Ernsthaftigkeit der agierenden deutschen Behörden aufkommen zu lassen, wenn nicht sogar gemeingefährliche Vorsatz zu unterstellen ist.

Wollte man tatsächlich seriöse Lösungen schaffen, so bedarf dies zuvorderst einer bildungsspezifischen Einstufung aller Asylbewerber mit Chancen auf Bleiberecht, die nachvollziehbar mit eindeutig quantifizierbaren und nachvollziehbaren Tests zu schulischen, beruflichen und hochschulischen Kompetenzen sicherzustellen ist. Die PISA- und TIMMS-Tests gibt es auch für Syrien und andere Krisengebiete. Wieso ist noch niemand auf die Idee gekommen, sich ein paar alte Versionen von der OECD schicken zu lassen, um diese jedem Asylbewerber vorab zum Ausfüllen vorzulegen? Die (wenigstens grobe) Vergleichbarkeit wäre dann zumindest durch die OECD gesichert.

Solange dieses nicht regelmäßig geschieht, sei dem interessierten Leser wie auch allen ehrbaren Journalisten ausdrücklich empfohlen, keiner Statistik über das Bildungsniveau von Flüchtlingen zu trauen. Selbstverständlich kann das Bildungsniveau der in Deutschland angekommenen Flüchtlinge auch deutlich vom Durchschnitt in ihren Heimatländern abweichen. Nur gilt es, genau das mit Fakten zu untermauern, um zugleich allen destruktiven Kritikern den argumentativen Boden unter den Füßen zu entreißen.

Um so katastrophaler wie auch sinnfreier müssen sämtliche politischen und behördlichen Integrationskapriolen eingestuft werden: Wir wissen nicht, woher sie kommen, was sie können oder was sie wissen, aber wir stecken blindlings Millionen und Abermillionen Euro in angeblich wohl durchdachte Integrationskurse, frei nach dem Motto: „Nachdem wir die Orientierung endgültig verloren haben, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“ Oder kurz: „Wir schaffen das!“

Die bundesweit agierende, staatmonopolistisch organisierte Bildungsmaschinerie, die sich nur mittels staatlicher Fördermaßnahmen über Wasser hält, weiß es den politischen Akteuren zu danken – wenn auch zumeist nicht mit hinreichenden Ergebnissen.

BA-Chef Weise sei zudem empfohlen, dass er statt des Publizierens eigener Schätzungen und Mutmaßungen sein hochdotiertes IAB-Institut in die Pflicht nehmen möge, künftig seriöse wie belastbare Daten und Fakten zu liefern. Die ehrwürdige Uni Bamberg möge sich selbst fragen, ob sie sich solch eine eng verbandelte IAB-Connection für ihren Ruf wirklich leisten möchte.

Erst wenn eine nachvollziehbare Bestandsaufnahme erstellt worden ist und zumindest die wichtigsten damit verbundenen Fragen solide beantwortet werden konnten, machen konkrete und gezielte Integrationsmaßnahmen bei Einsatz steuerfinanzierter Förderungen für Asylbewerber mit Chancen auf Bleiberecht Sinn. Tatsächlich könnte auf diesem Wege eingedenk fortwährender Ermangelung eines vernünftigen Zuwanderungsgesetzes der deutschen Wirtschaft ein gewisser Teil der dringend benötigten Fachkräfte zugeführt werden, was letztendlich uns allen, der Sicherung unseres Wohlstandes wie auch den betroffenen, tatsächlich qualifizierten Asylbewerbern zugute kommen würde.

Peter L. Pedersen studierte Wirtschaftswissenschaften an der UniBW Hamburg und ist seit 1985 selbstständig berufstätig. Mitglied der Kommission Bildung des BVMV.

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