Britanniens Außenpolitik nach dem Brexit wird klarer - und sie ist nicht schön

Von Mark Curtis
 
Übersetzt von wunderhaft

16. November 2016, Global Research

Die wahrscheinliche Form der britischen Außenpolitik nach dem Brexit nimmt, fünf Monate nach dem Brexit-Referendum vom 23. Juni, allmählich Gestalt an, und das Bild ist aus jedem ethischen Gesichtspunkt besorgniserregend. Großbritannien ist auf dem Weg in seiner Außenpolitik die Menschenrechte noch mehr zu ignorieren, als in der jüngeren Vergangenheit. Und wenn die letzten Reden von Militärführern glaubhaft sind, droht es sogar mit dem Gebrauch seiner globalen militärischen Macht, um seine finanziellen und wirtschaftlichen Interessen zu sichern.

In den wenigen vergangenen Monaten war ein markanter Anstieg des Tempos zu beobachten, mit dem britische Minister versuchen Waffen zu verkaufen und Verträge mit autoritären Regimen am Arabischen Golf abzuschließen. Im September empfing Theresa May den Emir von Katar, Scheich Al Thani und bezeichnete sein Land als einen ´natürlichen Partner´ des Vereinigten Königreichs (VK / Anm. d. Übers.), der danach strebe Investitionen und die ´Verteidigung´ (d. h. Waffenexporte) zu fördern.

Diesem Treffen folgte der Empfang von Katars Verteidigungsministers durch Verteidigungsminister, Michael Fallon, um Gespräche über gemeinsame Militärübungen zu führen, in denen Fallon die Entsendung eines neuen stellvertretenden Militärattachés ankündigte, "was eine starkes und fortgesetztes militärisches Engagement gewährleisten wird".

Im vergangenen Monat empfing Theresa May auch den König von Bahrain,Hamad bin Isa al Khalifa, der für das harte Durchgreifen seines Landes gegen Dissidenten und die schiitische Gemeinde bekannt ist. Die  Premierministerin wiederholte die ´feste Verpflichtung zur Sicherheit am Golf´ – was für die Regierung eine Fortsetzung der Unterstützung des Regimes bedeutet. Es wurden auch königliche Besuche in das Sultanat Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate unternommen und die Regierung hat ihre Verpflichtung zum Bau zweier Militärstützpunkte in Bahrain und Oman wiederholt.

Währenddessen hat Großbritannien eine außergewöhnliche, neue und besondere Verbindung mit der Militärregierung in Ägypten geknüpft, welche die demokratisch gewählte Regierung im Jahr 2013 gestürzt hatte. Im August sprach Theresa May mit dem Kopf der ägyptischen Militärregierung, General Abdel Fattah el-Sisi, und ´diskutierte über ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Ägypten´. Seit Ende 2015 fanden zahlreiche Treffen auf Ministerialebene zur Förderung der militärischen Zusammenarbeit statt.

Diese repressiven Staaten tun was die britische Regierung in der Welt nach dem Brexit möchte: Sie kaufen unsere Rüstung, beherbergen unsere Waffen, unterstützen unsere Machtprojektion und investieren in das Vereinigte Königreich, völlig unschuldig an demokratischen Verwerfungen im eigenen Land.

Es sind nicht nur die arabischen Staaten am Arabischen Golf, welche von britische Eliten erneut kultiviert werden. Sondern auch Israel. Der Brexit "eröffnet für Israel und das VK eine realistische Gelegenheit, noch enger als bisher zusammenzuarbeiten", sagte der britische Botschafter, David Quarrey im vergangenen Monat in Tel Aviv. "Mit Israel sehe ich die Gelegenheit für eine engere Zusammenarbeit in Handel, Investitionen, Technologie, Wissenschaft und Sicherheit", sagte Querrey. Während die Rhetorik des VK die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten weiterhin kritisiert, übt es keinen wirklichen Druck aus, um diesen Umstand zu ändern. Tatsächlich erhöht es den Waffenexport: In den drei Monaten, von April bis Juni, dieses Jahres hat das VK Militärgerät im Wert von £65 Millionen Pfund nach Israel exportiert, während es im Jahr 2015 insgesamt nur £9,5 Millionen Pfund waren.

Das ist ein Hinweis, daß Großbritannien nach dem Brexit Waffenexporte noch energischer als in der jüngeren Vergangenheit vorantreiben wird – kein einfaches Ziel für den nachweislich zweitgrößten Waffenexporteur der Welt. Der Grund hierfür ist, daß Minister Waffenexporte als Teil der vom Vereinigten Königreich neu etablierten ´Zusammenarbeit mit der Welt´ zu betrachten scheinen. Genauso besorgniserregend ist, daß die Regierung, nach ihrem Ausscheiden aus der EU, nicht einmal darauf hingewiesen hat, sich auch weiterhin an deren (schon derzeit beschämend schwachen) Verhaltenskodex über Waffenexporte zu halten.

Seit Juni hat die Regierung ständig auf ihren Plan zur Erhöhung der Militärausgaben bis zum Ende dieses Jahrzehnts hingewiesen. Sie betreibt auch ein massives, £178 Milliarden Pfund teures, Wiederaufrüstungs-Programm – ein Projekt, daß nur schwer mit der selbstauferlegten ´Austerität Großbritanniens´ zu vereinbaren ist – und baut zwei große Flugzeugträger, die größten Schiffe der Royal Navy aller Zeiten, um die Fähigkeit Großbritanniens zu erhöhen, seinen weltweiten Machtanspruch zu verdeutlichen,. All diese Faktoren werden von Ministern als Beweis für Großbritanniens militärischen Wiedereintritt in die Welt nach dem Brexit betrachtet.

Großbritanniens gestiegene Fähigkeit zur Machtprojektion erscheint im Licht zweier bemerkenswerter Reden, die der Chef der Royal Navy, der Erste Seelord, Admiral Sir Phillip Jones, kürzliche gehalten hat, noch beängstigender. In einer Rede vor Zuhörern in Washington sagte Jones bezüglich der Golf-Region im Besonderen:
"Nun, da unsere Regierung danach strebt die wirtschaftlichen Beziehungen nach dem EU-Austritt zu erweitern, steht die Royal Navi wieder einmal fest verschmolzen und geordnet, um das Beste für das wachsende globale Ziel unserer Nation zu tun."
Jones fuhr fort und folgerte, daß Großbritanniens Besitz von Trident-Nuklearraketen, die in der Tat bei der Navy beheimatet sind, ein Signal für die neue Rolle Britanniens in der Welt darstellt. Er sagte:

Diese kontinuierliche Investition (in die Navy) ist ein machtvolles Zeichen dafür, weit entfernt von einer verminderten Nation zu sein, die sich aus der Welt zurückzieht, und das Vereinigte Königreich hat sowohl die Absicht als auch die Mittel unsere Interessen zu schützen, unseren Verpflichtungen nachzukommen und unsere Partner rund um den Globus zu unterstützen.

Im Juli hielt Jones eine ähnlich bemerkenswerte Rede vor Vertretern der City of London im Manison House. Jones betonte ´Britanniens kontinuierliche und tatsächlich wachsende Position bei der maritimen Führungsrolle´ und die Verpflichtung der Regierung ´die Streitkräfte an der engeren Unterstützung des eigenen Wohlstands des Vereinigten Königreichs arbeiten zu lassen´. Anschließend sagte er, daß die Navy ´auf dem Höhepunkt des Empire und darüber hinaus...immer der Beschützer des Seehandels gewesen ist und merkte an, daß es ´die Seemacht war, die China und Japan für die Märkte des Westens geöffnet hat´ – womit er auf die brutale Unterwerfung Chinas durch Großbritannien verwies. Dann fügte Jones hinzu:
"Nun, da die Regierung ins Auge faßt die wirtschaftlichen Partnerschaften des VK zu erweitern, wie mit der Schaffung eines neuen Ministeriums für Internationalen Handel in den vergangenen zwei Wochen angedeutet worden ist, ist die Rolle der Navy erneut in den Vordergrund gerückt."
Zur selben Zeit hob Jones Britanniens neue Fähigkeit der "Kriegsführung mit Flugzeugträgern" hervor:
"Die Einführung der ersten beiden neuen Flugzeugträger in die Royal Navy im kommenden Jahr ist eine großartige Gelegenheit für das VK, der Welt sein kontinuierliches Streben zu signalisieren."
Die Bedeutung dessen ist am Ende von Jones Rede klar – der Kopf der Royal Navy sagt ernsthaft, daß die britische Seemacht und ihre militärischen Streitkräfte die Finanz- und Handelsinteressen, einschließlich jener der City of London, insbesondere in Asien, schützen und erweitern werden. Das ist eine klarer Hinweis auf eine Rückkehr zur imperialistischen Kanonenboot-Diplomatie, die Britannien in der Welt nach dem Brexit möglicherweise ins Auge faßt.

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