Vor zwei Wochen berichteten wir über den neuen „Anti-Chinaismus“ in der neu formierten Trump-Administration. In dieser werden künftig Leute sitzen, die China nicht nur als wirtschaftlichen Rivalen ernst nehmen, sondern gar persönliche Abneigungen gegen das Reich der Mitte pflegen. Doch gerade durch die damit verbundenen Provokationen erhöht man die Gefahr, die neue Weltmacht zu dem Drachen zu machen, den man so fürchtet. Bislang hat man es „nur“ mit einem Weltmarktkonkurrenten zu tun, der bei der Durchsetzung seiner Interessen hart und manchmal auch unfair operiert – ebenso wie alle anderen auch. Wirtschaftlich kann China dabei tatsächlich zu einer Gefahr werden, die man auf der Rechnung haben sollte. Gerade auch weil das Reich der Mitte momentan angeschlagen ist.
Man könnte zunächst einwenden, Politik und
Wirtschaft sollten nicht so über einen Kamm geschoren werden. Doch bei
China muss man etwas andere Maßstäbe anlegen. Trotz aller öffentlichen
Bekenntnisse und Hinwendungen zum Kapitalismus westlichen Zuschnitts ist
und bleibt es immer noch „die Partei“, die auch in Sachen Wirtschaft
das letzte Wort hat. Da wird im Zweifelsfall auch schonmal ein
Aktiencrash verhindert, indem man jeden, der Aktien verkauft, zu
verhaften droht. So geschehen im vergangenen Sommer. Auch die
Informationsflüsse zu den Wirtschaftsdaten werden von Peking stärker
kontrolliert als von anderen Regierungen und selbstverständlich werden
die Statistiken ebenfalls geschönt. Das tun andere Regierungen wie
gesagt ebenfalls, aber eben nicht in derartig organisierter Weise.
Als sicher kann jedenfalls gelten, dass die
chinesische Wirtschaft mittlerweile die zweitgrößte der Welt ist und
über Jahrzehnte ein Wachstum zwischen 7% und 10% hingelegt hat. Doch in
den letzten Jahren gab es kräftige Dämpfer, vorallem weil man es nach
wie vor nicht schafft, einen breiten Wohlstand mit entsprechender
Konsumnachfrage auf dem Binnenmarkt zu kreieren.
Außenwirtschaftlich
sind es vor allem die Probleme mit den teils heftigen Schwankungen des
US-Dollar, die China auf vielerlei Weise ausbremsen. Nicht umsonst
träumt man auf lange Sicht davon, den Renminbi bzw. Yuan als neue
Weltleitwährung zu installieren. Hier steht der Erfolg in den Sternen,
auch wenn man geneigt ist, der chinesischen Führung so gut wie alles
zuzutrauen. Der China-Experte Gordon Chang, der lange selbst im Land
lebte, sieht in dieser Führung jedoch – entgegen des im Westen weit
verbreiteten Images – alles andere als einen Souverän:
„Ich denke, dass China aktuell ein echtes Problem
hat, da die Führung des Landes nicht mehr in der Lage ist, Wachstum zu
erzeugen. Die Wirtschaftsleistung befindet sich im Abwärtstrend und
eines Tages wird das BIP beginnen zu schrumpfen.“
So kochen also auch die Chinesen nur mit Wasser,
sprich bekämpfen die meisten ihrer Probleme mit enormer Neuverschuldung.
Und auch seine Zentralbank macht es nicht anders als fast alle
Kolleginnen weltweit und druckt reichlich frisches Geld.
Doch wie in der Einleitung gesagt, gerade weil China
angeschlagen und die Führung alles andere als unfehlbar ist, dürfte man
dort zu rustikalen, für den Westen potentiell gefährlichen Maßnahmen
greifen. Die steigenden Schulden und die Währungsprobleme machen dabei
eine zunehmende Außenorientierung nicht nur attraktiv, sondern geradezu
zwingend. Dazu gehört dann vor allem das aggressive Ringen um die
weltweit immer knapperen Rohstoffquellen, die Absatzwege und -Märkte. Die bekannteste Strategie dürfte dabei die „neue Seidenstraße“ sein,
durch die sich das Reich der Mitte den Zugang zu drei Kontinenten
sichert. Manch einer wunderte sich noch, was die Chinesen im Zuge des
Griechenland-Ausverkaufs denn mit dem Hafen von Piräus anfangen wollten,
doch spätestens jetzt bemerkt man die neue Konkurrenz auch in Hamburg.
Die Großeinkäufe in auswärtige Infrastruktur gehören zu den wesentlichen
chinesischen Maßnahmen, das ausgebremste Wachstum auszugleichen.
Das sind alles keine neuen Rezepte, im Gegenteil, im
Westen sind sie wohlbekannt und werden seit Jahrhunderten praktiziert.
Leider nur ziehen sie eine ganze Reihe von Problemen nach sich, die wir
heute in aller Welt begutachten können. Eines dieser Probleme, welches
immer wieder auch zu Kriegen führt, ist die Rohstoffknappheit. Diese
dürfte durch Chinas „neue Seidenstraße“ zu einem wachsenden Problem des
Westens werden. Der Westen könnte mittelfristig von seiner eigenen
altbewährten Strategie glatt überrollt statt nur eingeholt werden. Er
findet sich nach Ansicht des Analysten Steven Leeb
bald in einer “friss oder stirb“-Situation wieder. Vor allem für die
USA dürften sich die Versäumnisse im Bereich der Infrastruktur rächen –
vor allem in Form von massiven Staus auf unzureichenden Straßen,
gesperrten Brücken, Blackouts, usw. Währenddessen arbeitet China längst
daran, solche „Reibungsverluste“ nicht zu groß werden zu lassen, bzw.
gar zu verringern. So sollen laut Leeb viele der sog. Geisterstädte
keine Fehlplanungen, sondern Teile künftiger Megacities sein, in denen
alles auf kurzen Wegen reibungslos erreichbar ist. Wie das alles zum
Problem für den Westen wird, dazu abschließend nochmals Steven Leeb:
„Also ja, China ist in der Tat eine massive
Bedrohung. Nicht wegen des Handels, sondern weil es sich vorgenommen hat
die 10-fache Lücke zwischen den Reichen und den Armen in der Welt zu
schließen. Das Trump-Lager hat seine Wahl als Auslöser für
Infrastrukturbau und damit einhergehende höhere Produktivität und
steigende Lebensstandards gefeiert. Ich bin dagegen besorgt, dass es
anstatt der Infrastruktur zunächst zu einem Steuernachlass und/oder
einem Handelskrieg kommt (…). Für den Westen würde dies kein gutes Ende nehmen.“
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