Der Einsatz der US-Spezialeinheit im Jemen war ein Fiasko
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Florian Rötzer
Das Hauptquartier des Roten Halbmonds
wurde durch eine Rakete beschädigt, angeblich von einem Flugzeug der
US-Geführten Koalition. Bild: Kerem Kinik
Neben US-Soldaten und
al-Qaida-Kämpfern kamen auch zahlreiche Zivilisten, darunter ein Mädchen
mit amerikanischer Staatsbürgerschaft ums Leben, in Idlib soll ein
US-Flugzeug das Hauptquartier des Roten Halbmonds bombardiert haben
Es war der erste Einsatz eines Killerkommandos, genannt
Sondereinheit, den Präsident Donald Trump abgesegnet hat. Geplant und
vorbereitet hatte ihn schon die Obama-Regierung, die "gezielte Tötungen"
durch Drohnen und verdeckte Sondereinsatzkommandos schätzte. In Jemen
hatten am Sonntag US-Soldaten zusammen mit Soldaten der Vereinigten
Arabischen Emirate nach schweren Kämpfen angeblich 14 al-Qaida-Kämpfer
getötet. Das Lager sei gut gesichert gewesen, die Kämpfer seien gut
bewaffnet gewesen. Ein Kampfhubschrauber stürzte ab und wurde von einem
Flugzeug durch eine Rakete zerstört, damit er nicht in die Hände der
Gegner fällt. Zunächst war die Erfolgsmeldung,
die aus dem Pentagon kam, auch halbwegs im Sinne des Präsidenten,
obgleich bereits ein US-Soldat dabei ums Leben kam und drei weitere
verletzt wurden.
Trump eilte denn auch mit seiner Tochter Ivanka am Mittwoch zur
Beisetzung des Navy-SEAL-Soldaten auf den Militärstützpunkt Dover, um
öffentlichkeitswirksam sein Beileid zu bekunden. Zwar gab Trump nicht
bekannt, wohin er fliegt, als er in den Hubschrauber einstieg, da die
Familie des Getöteten einen privaten Besuch erbeten hatte,
möglicherweise aber auch aus Sicherheitsgründen. Damit die erwünschte
Wirkung dennoch erzielt wird, nahm er ein paar Journalisten unter der
Bedingung mit, dass sie bis zur Ankunft nichts verraten. Zurückgekehrt
sagte er, er habe einen "wunderbaren Besuch bei einer sehr, sehr großen
Familie" gemacht: "Das ist etwas sehr Trauriges, sehr Schönes. Ryan ist
ein großer Mann."
Doch schon bald nach dem Vorfall verbreiteten sich Nachrichten, dass
bei dem Einsatz keineswegs nur al-Qaida-Kämpfer getötet wurden.
Mindestens 30 Menschen, manche sprechen auch von bis zu 60, sollen nach
Zeugenberichten von den Soldaten getötet worden sein, darunter viele
Frauen und Kinder. Und nicht nur das, unter den Opfern war auch die
achtjährige Tochter des amerikanischen Staatsbürgers al-Awlaki, der sich
al-Qaida angeschlossen hatte und der erste Amerikaner war, der 2011 mit
einer Drohne getötet wurde. Auch sein 16-jähriger Sohn wurde kurze Zeit
später mit einer Drohne exekutiert (Erster US-Soldat im Jemen nach Amtsantritt von Trump getötet).
Das Pentagon räumte darauf ein, dass möglicherweise auch einige
Zivilisten ums Leben gekommen seien. Ein Untersuchungsteam sei zu dem
"bedauerlichen Schluss gekommen, dass zivile Nichtkämpfer wahrscheinlich
getötet" worden seien. Man werde dies überprüfen. Diese Hinhaltetaktik
wird vom Pentagon und anderen Militärs permanent praktiziert, obgleich
bekannt sein dürfte, was vorgefallen ist. Sollten die Informationen
zutreffen, dass neben einigen al-Qaida-Mitgliedern viele Zivilisten bei
dem Einsatz getötet wurden, muss man wohl von einem Kriegsverbrechen
ausgehen. Reuters berichteten
Informanten aus dem Militär, es seien mindestens 15 Frauen und Kinder
ums Leben gekommen, der Pentagon-Sprecher Jeff Davies sagte, es hätten
sich auch Frauen an der Schießerei beteiligt. Überlebende scheint es
keine gegeben zu haben, so dass dies schwer zu überprüfen sein wird.
"No American citizen will ever be targeted"
Gefangene wurden nach Sean Spicer, dem Sprecher des Weißen Hauses nicht gemacht, er wiederholte,
dass 14 al-Qaida-Kämpfer getötet worden seien, auf die Frage, ob die
Tochter al-Awlakis getötet worden sei, ging er nicht ein. Erfolgreich
sei die Operation auch deswegen gewesen, weil man viel Material gefunden
habe. Auf Nachfrage beteuerte Spicer, dass niemals Amerikaner bei
Einsätzen gegen Terroristen zum Ziel würden ("No American citizen will
ever be targeted"). Da al-Awlakis Tochter auch US-Staatsbürgerin war,
gerät dies gleich zur postfaktischen Aussage, Medien erinnert daran,
dass Trump im Wahlkampf erklärt hatte, er sei auch bereit, die Familien
von Extremisten auszulöschen.
Gestern ging Spice darauf nicht mehr ein, versicherte
aber, dass der Einsatz ein Erfolg gewesen, wen auch kein
hundertprozentiger, wobei er aber nur den getöteten US-Soldaten
ansprach. Aufgrund des gefundenen Materials könne man Terroranschläge in
den USA verhindern. Trump selbst äußerte sich dazu nicht, sondern
setzte lediglich heute einen Tweet
ab: "Attending Chief Ryan Owens' Dignified Transfer yesterday with my
daughter Ivanka was my great honor. To a great and brave man - thank
you!"
Es ist aber wohl bereits ein weiterer Vorfall geschehen, der für das
Pentagon nicht gut aussieht. So sollen Flugzeuge der US-geführten
Koalition gestern in den frühen Morgenstunden das Hauptquartier des
Roten Halbmonds in Idlib bombardiert haben. Das berichtete
Kerem Kinik, Präsident des türkischen Roten Halbmonds. Er bezeichnete
den Vorfall als Kriegsverbrechen. Beschädigt wurden die oberen
Stockwerke, einige Mitarbeiter des Roten Halbmonds seien verletzt
worden, davon einer schwer.
Die "Weißen Helme" bei Aufräumarbeiten. Bild: Weiße Helme
Woher Kinik wissen will, dass es sich um ein Flugzeug der
US-geführten Koalition handelt, ist unbekannt. Auch aus Idlib, das
weitgehend von "Rebellen" kontrolliert wird, wird von einer Drohne der
US-geführten Koalition gesprochen. Ausgerechnet von einem der Regierung in Syrien nahestehenden Medium kommt allerdings der Hinweis,
dass das ehemalige Hotelgebäude auch von Jabhat Fatah a-Sham, also
al-Nusra, genutzt worden sei. Das wiederum könnte den Angriff
rechtfertigen oder ein Versuch sein zu behaupten, dass die Türkei oder
der türkische Rote Halbmond mit al-Qaida zu tun hat. Kinik wies
wies dies jedoch zurück. Es seien nur Mitarbeiter des Roten Halbmonds
im Gebäude gewesen, keine anderen Organisationen oder bewaffnete
Gruppen. Auch die umstrittenen "Weißen Helme" stellten Bilder ins Netz, die Mitglieder bei Aufräumarbeiten zeigen sollen. Das Pentagon hat noch keine Stellungnahme abgegeben.
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