No-Go-Zonen in Bullerbü: Ungewollte Aufmerksamkeit für Schweden durch Aussagen von Trump

No-Go-Zonen in Bullerbü: Ungewollte Aufmerksamkeit für Schweden durch Aussagen von Trump
Eine Reihe ausgebrannter Fahrzeuge nach Jugendkrawallen in Rinkeby. Schon 2013 erfuhr die Stadt eine Welle der Gewalt. Jugendliche randalierten vier Nächte lang; 23. Februar 2013.
Mit Trumps Aussage "Seht her, was letzte Nacht in Schweden geschah" wurde Schweden ungewollte internationale Aufmerksamkeit zuteil. Bilder von Ausschreitungen machten die globale Runde. Beschwichtigungsversuche der Politiker wirken angesichts dieser beschämend. 
 
Was genau geschah, darüber sagte Trump zunächst nichts. Nachrichten reagierten prompt und listeten auf, was in der Nacht in Schweden passierte. Alles klang sehr, sehr harmlos. Oder doch nicht?

Aftonbladet, die schwedischen Abendnachrichten, führen eine Rubrik unter dem Titel "Was passierte, während Du schliefst". Dieser Titel steht auch sinnbildlich für das Verschlafen vonseiten der schwedischen Politik, die jetzt eskalierende Probleme lange Zeit missachtet hatte oder nicht in der Lage war, eine Lösung herbeizuführen.

Der Flüchtlingsstrom reicht von Dänemark bis Schweden

Die Rede ist von No-Go-Zonen in den größeren schwedischen Städten, allen voran Malmö, welches auch als das Chicago Schwedens gilt. Die einzigen Nutznießer der Krise sind die Kräfte des rechten Spektrums von der rechtsradikalen Nordic Front bis hin zu den salonfähigen Schwedendemokraten.
Letztere könnten bei den kommenden Wahlen 2018 mit ihrer Anti-Einwanderungspolitik stärkste Kraft werden. Der jetzige Premierminister Stefan Löfven machte die schlechten Nachrichten der letzten Tage für die neuerliche Eskalation der Situation verantwortlich und deutete an, dass man vielleicht hier ansetzen sollte.

Ein Problemviertel in Rinkeby außerhalb Stockholms zeigte wenige Stunden nach Trumps Aussage auf, was viele noch immer nicht wahrhaben wollten: Ausschreitungen von Jugendlichen nach einer Festnahme arteten in bürgerkriegsähnliche Zustände aus. Es entlud sich eine Welle der Gewalt gegen die Polizei. Auch ein Journalist der schwedischen Tagesnachrichten Dagensnyheter bekam die Realität am eigenen Leib zu spüren.

Es kam zu Sachbeschädigungen, die Randalierer verbrannten Autos und demolierten Geschäfte.


Bereits 2013 hatte es in Rinkeby eine Welle der Gewalt gegeben. Die kurzfristige Reaktion ist nun ein erhöhtes Polizeiaufgebot. Aber es gibt viele Rinkebys in Schweden und ein genereller Ansatz ist nötig, um die Probleme an ihren Wurzeln zu bekämpfen.

In Malmö scheint die Polizei der Situation jetzt schon nicht mehr gewachsen zu sein und sucht nach Hilfe in der Bevölkerung. In einem offenen Brief wandte sich der Polizeichef an die Einwohner.
Wenn das Volk in den Problemvierteln die Polizei nicht mehr als Instanz des Gesetzes respektiert und ihr kein Vertrauen schenkt, heißt es darin, bleiben Fälle ungelöst und kommen Täter ungestraft davon.

Es ist die Polizei, die in den von Granatattentaten und Kriminalität heimgesuchten Vierteln heute den Geleitschutz braucht. Der Freund und Helfer wird zum Hilfesuchenden, von der Politik im Stich gelassen. Ein Polizist, der kurz vor dem Ruhestand steht, machte jüngst seiner Wut Luft und listete alle Verbrechen auf, die es aufzuklären gab und die damit verbundenen Namen der Verdächtigen. Ein signifikanter Anteil davon ließ auf Migranten oder Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund als Tatverdächtige schließen. Stürme der Begeisterung und der Empörung folgten.
Schweden – ein ebenso geteiltes Land, wie die USA? Auf dem Weg zu amerikanischen Verhältnissen?

Ein schwedischer Feuerwehrmann versucht ein brennendes Auto in Stockholm zu löschen. Bild aus Reuters-Video, 11. Dezember 2010.

In Göteborg gilt das großflächige Nordstan-Kaufzentrum als No-Go-Area für Schwedinnen. Sobald es dunkel wird, versammeln sich dort kriminelle Jugendgangs. Auch eine erhöhte Polizeipräsenz konnte hier bisher noch keine Abhilfe leisten.

Trump regte zumindest die Diskussion an, die das einstige Bullerbü heute noch unter der Oberfläche halten will. Später klärte Trump auf, er hätte eine Dokumentation auf Fox News gesehen unter dem Titel "Einwanderer und Schweden". In Solidarität mit Trump nannte der britische Europaabgeordnete Nigel Farage Schweden "Europas Vergewaltigungsmetropole".

Es sind aber nicht nur die frustrierten Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die ohne Perspektive zu sein scheinen. Auch das rechte Spektrum wird zunehmend gewalttätiger. Im Februar kam es zur Verhaftung von drei Rechtsradikalen, die der Nordic Front angehören und drei Anschläge verübt haben sollen, die einem linksalternativen Treffpunkt und Asylzentren galten. Eine Person kam dabei ums Leben.

Fox News wies die Anschuldigungen der schwedischen Presse, hetzerisch zu sein, zurück. Die Realität wird die schwedischen Medien und die Politik jedenfalls noch weiter beschäftigen. Vielleicht war Trumps Zuruf auch ein Weckruf, der die moderaten Parteien Schwedens aufhorchen lässt, bevor die neuen Rechten die Macht ergreifen.

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