Briten leiten beide OPCW-Missionen zu Giftgasvorfall in Syrien – Lawrow: "Eigenartiger Zufall"

Briten leiten beide OPCW-Missionen zu Giftgasvorfall in Syrien – Lawrow: "Eigenartiger Zufall"
Außenminister Lawrow: Leitung internationaler Missionen nicht nur in den Händen eines einzigen Landes belassen
Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisiert, dass die Leiter beider OPCW-Missionen zum mutmaßlichen Giftgasvorfall in Syrien aus dem gleichen NATO-Land kommen. Großbritannien hatte zuvor Präsident Assad dafür verantwortlich gemacht, ohne jedoch entsprechende Beweise vorzulegen. 
 
Der Außenminister der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, bezeichnete es als "eigenartigen Zufall", dass beide Erkundungsmissionen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), die den angeblichen Chemiewaffenangriff im syrischen Idlib untersuchen sollen, von britischen Staatsangehörigen geleitet werden. Lawrow erklärte dazu, dies widerspreche den Prinzipien einer internationalen Organisation.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir auf einen sehr eigenartigen Zufall hingewiesen haben: nämlich, dass beide Gruppen der Fact-Finding-Missionen (FFM) bezüglich der möglichen Verwendung chemischer Waffen in Syrien von Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs geleitet werden", erklärte Lawrow, als er am Dienstag im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem senegalesischen Amtskollegen Mankeur Ndiaye auf eine Frage von RT antwortete.
Sergei Lawrow hinterfragt Aussage von Syriens Ex-General über versteckte Giftgas-Vorräte

Dies, so der Minister, "läuft den Prinzipien einer internationalen Organisation zuwider, wonach deren Strukturen in höchstmöglichem Maße ausgewogen sein müssen".

Die Fragestunde fand im Vorfeld einer neuen Verhandlungsrunde im Zusammenhang mit den Syrien-Friedensgesprächen in Astana statt, die Anfang Mai beginnen sollte. Die OPCW ist eine internationale Organisation, die es als ihre Aufgabe betrachtet, sicherzustellen, dass sich Länder an die Chemiewaffenkonvention halten. Diese verbietet den Gebrauch solcher Waffen und verlangt deren Zerstörung.

"Die britischen Staatsbürger an der Spitze der OPCW-Mission halten sich gegenüber jedermann bedeckt, während britische Wissenschaftler bereits Proben analysiert haben, die am Ort des Geschehens genommen wurden", erklärte Lawrow und bezog sich damit auf ein jüngst geführtes Interview mit dem britischen Außenminister Boris Johnson, der schnell mit Schuldzuweisungen bezüglich der Attacke in der Provinz Idlib an Damaskus, aber auch an Russland und den Iran bei der Hand war.

"Er [Johnson] sagte, britische Wissenschaftler hätten Proben vom Ort des Angriffs analysiert, und dass diese positiv auf Sarin oder eine Sarin-ähnliche Substanz getestet worden wären", so der russische Minister.

Ryabkow: Einige Länder wollen OPCW voreilige Schlüsse diktieren
Dennoch forderte Lawrow eine "objektive und unvoreingenommene" und "vollständig transparente" Untersuchung in Syrien durch die OPCW "unter Mithilfe vonseiten unabhängiger Experten".

Aufnahmen des US-Verteidigungsministeriums, auf denen vermeintlich der Einschlagskrater des syrischen Giftgas-Angriffs zu sehen sei.

Moskau ist besorgt über Versuche einiger Länder, der OPCW ihre "voreiligen Schlüsse" zu diktieren und verlangt eine umgehende Untersuchung vor Ort, betonte auch der stellvertretende russische Außenminister Sergej Ryabkow am Dienstagmorgen.

Ryabkow hat die Entsendung einer internationalen Expertengruppe sowohl in das Gebiet des mutmaßlichen Giftgasvorfalls als auch auf die Militärbasis Al-Shayrat, von wo aus der angebliche Giftgas-Jet der syrischen Armee gestartet sein soll.
Russland ist nicht einverstanden mit der Vorgehensweise, Augenzeugenberichte und Fakten in Eigenregie zu sammeln, nicht selten, ohne überhaupt den Ort des Geschehens zu besuchen, und Aussagen zu tätigen, die auf bestimmte politische Ziele ausgerichtet wurden, die wir nicht teilen", so der Politiker.
Auch Sergej Lawrow äußerte sich zum Angriff der USA auf den Shayrat-Flughafen und erklärte, viele Akteure in Syrien, unter der Exil-Opposition und in Ländern innerhalb und außerhalb der Region würden "versuchen, die Situation auszunutzen, um die Verantwortung direkt Baschar al-Assad zuzuschieben". Diese Strategie sei aber nicht hilfreich, wenn es darum gehe, den Friedensprozess un Syrien voranzubringen.

"Wir sind davon überzeugt, dass wir den Rückenwind nicht einbüßen dürfen in einer Situation, in welcher der politische Prozess immer mehr infrage gestellt wird", so Lawrow.

Britischer Historiker: "Syrienkrieg hat Menschen desensibilisiert"
Unterdessen erklärt der britische Historiker und Autor Martin McCauley, die Welt sei "des Syrien-Konflikts müde geworden".


"Menschen sind desensibilisiert, wenn sie von einer Autobombe oder einem Selbstmordanschlag [in Syrien] hören… Die emotionale Reaktion ist am Abklingen. Deshalb passiert es auch nicht, dass die Menschen demonstrieren, sich erheben oder im Zorn nach einem Ende verlangen", so McCauley gegenüber RT.

Mit Blick auf Russlands Bemühungen in Syrien und dem bevorstehenden Treffen in Astana sprach der Historiker von einem "hoffnungsvollen Schritt nach vorn".
Aber bevor das geschieht, wird es mehr Bomben und Selbstmordanschläge geben und die westliche Presse wird das akzeptieren und sagen, das wäre durchaus normal.
Am 6. April hatten US-Raketen den Militärflughafen Shayrat in der syrischen Provinz Homs angegriffen. Dies sei ein Akt der Vergeltung gewesen für einen Angriff auf eine von Rebellen gehaltene Stadt in der nordwestlichen Provinz Idlib am 4. April gewesen, bei dem die syrische Luftwaffe angeblich chemische Waffen verwendet haben soll. Die USA haben ihren Angriff ausgeführt, bevor überhaupt eine multinationale Untersuchung in der Angelegenheit eröffnet wurde.

Damaskus hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Seine Einheiten hätten ein Waffendepot angegriffen, in dem der "Islamische Staat" und die Al-Nusra-Front möglicherweise auch chemische Waffen gelagert haben könnten.

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