CIA-Programm: USA kamen mit Taschen voll Geld nach Syrien - Rebellen stahlen es

CIA-Programm: USA kamen mit Taschen voll Geld nach Syrien - Rebellen stahlen es
Bildquelle: FSA Maghawir
Das CIA-Waffenprogramm für syrische Rebellen ist gescheitert. Präsident Baschar al-Assad bleibt an der Macht. Nicht ohne Grund, denn die syrischen Rebellen sind nicht selten korrupt. RT Deutsch redet mit Ali Smajic, einem Insider des CIA-Programms in Jordanien. 
 
von Ali Özkök

Nach einem Treffen mit CIA-Direktor Mike Pompeo und dem nationalen Sicherheitsberater McMaster im Oval Office entschied Präsident Donald Trump vergangenen Monat, ein geheimes CIA-Programm zur Bewaffnung syrischer Rebellen einzustellen. Diese operieren am Boden gegen die syrische Regierung. Ein Regierungsbeamter in den USA nannte den Schritt eine „folgenreiche Entscheidung“.

Bildquelle: The Aspen Institute

Falken im Kongress wie Senator John McCain, Lindsey Graham und Paul Ryan kritisieren diese Entscheidung. Sie wünschen sich seit seit dem Jahr 2011 einen Sturz von Präsident Baschar al-Assad. Lange versuchten die USA, ihre politischen Ziele auch mit militärischen Hilfen umzusetzen. Die Strategie war offensiv. Sie zielte darauf ab, die Regierungstruppen zurückzudrängen und das Territorium aus der Regierungskontrolle zu entreißen.

Auf diese Weise sollte eine politische Alternative für das syrische Volk geschaffen werden. Der ehemalige CIA-Direktor David Patraeus, der ehemalige Verteidigungsminister Leon Panetta, Außenministerin Hillary Clinton und Generalstabschef Martin Dempsey setzten sich allesamt für dieses Programm ein. Nach offizieller Darstellung begannen die ersten militärischen Aktivitäten des CIA in Syrien im Jahr 2012.


RT Deutsch sprach mit Adi Smajic über konkrete US-Militäroperationen in Syrien. Er ist Insider und Berichterstatter für Aktivitäten des Militär-Operationszentrums, kurz MOC, das in der jordanischen Hauptstadt Amman verortet ist. Über das MOC organisieren die USA und deren Verbündete Operationen zur Unterstützung von Rebellen in Südsyrien.

Der MOC-Experte sagte RT Deutsch, dass die US-Hilfe sogar so weit ging, dass eigene Truppen entsandt wurden, um die Rebellen zu stärken:
Die USA sind in Südsyrien seit Jahren mit Spezialeinheiten zugegen. Sie entsandten noch Anfang des Jahres dutzende Panzerfahrzeuge vom Typ Humvee. Die US-Armee ging von der jordanischen Grenze auf syrisches Territorium. Von dort operierten sie zwischenzeitlich sogar in der Provinz der Hauptstadt Damaskus. Sie richteten eine Militärbasis in al-Tanf und Tell Mahruta ein, um sich ein Sprungbrett aufzubauen.“
 
In al-Tanf und Mahruta, das in der Nähe liegt, bauten die USA Militärbasen.
Ein Vertrauter und Rebellenkoordinator in Südsyrien, der den Kampfnamen „Ebu Nassir“ trägt, berichtete über die US-Militäraktivitäten:
30 US-Panzerfahrzeuge rückten über Jordanien in Syrien ein, um eine Rebellen-Militärbasis in Mahruta aufzubauen. Der Einmarsch kam plötzlich. Drei US-Offiziere im Rang von Majoren, einer von ihnen war der zweithöchste Offizier des MOC, kamen in unser Hauptquartier mit drei Taschen voller Geld.“
Ebu Nasir von der FSA (Bildquelle: Adi Smajic)
Die USA bezahlten ihre Rebellen. Adi Smajic berichtet unter Berufung auf Ebu Nassir weiter:
Sie erklärten unseren Kommandeur Chalid Salim zum Verantwortlichen für 250.000 US-Dollar. Er sollte das Geld unter den Rebellen in der Wüste aufteilen. Jeder kriegt 1.000 US-Dollar. Am Morgen verließen die US-Offiziere Syrien wieder.“
Ebu Nassir erklärte, dass die USA mit der Vergabe des Geldes und der Geographie, wo das Geld letztlich ankommt, auch die Kampfrichtung der Rebellen kontrollierten. Wenn das Geld an Kämpfer in der Wüste ging, dann rückten diese auch in der Wüste weiter vor, ansonsten orientierten die sich neu.

Bild von einem Panzerfahrzeug US-amerikanischer Sondereinsatzkräfte in Syrien (Bildquelle: Adi Smajic)

Doch diese Herangehensweise des US-Militärs war nicht zwangsweise von Erfolg gekrönt. Es traten bei der Bezahlung in Tell Mahruta Probleme auf. Die US-Offiziere mussten mit Spezialeinheiten nur eine Woche später in die syrische Rebellenregion zurückkehren. Viele der US-alliierten Rebellen berichteten, dass sie nur 200 US-Dollar von den versprochenen 1.000 US-Dollar sahen. Andere erklärten, dass sie gar kein Geld erhielten. Ebu Nassir berichtete:
Chalid Salim, der von den USA mit der Verwaltung der Bezahlung der Kämpfer beauftragt wurde, zahlte seine Kameraden nicht aus. Stattdessen floh er mit dem Geld und seinem Bruder in die Türkei. Er verschwand.“
Bilder von einem Konvoi von US-Spezialeinheiten in Syrien. (Bildquelle: Adi Smajic)
Syrien hat sich drastisch verändert seit dem Jahr 2012. Die Schlachtfeldgeometrie hat die militärische und logistische Unterstützung der CIA längst überholt, die von Jordanien und Saudi-Arabien unterstützt wird. Russlands kraftvolle Militärkampagne in Syrien im Auftrag der syrischen Regierung im September 2015 markierte den Anfang vom Ende der Regime-Change-Aktivitäten Washingtons.


Für die USA gab es abgesehen vom treuen Alliierten, den sie in der PKK-nahen Kurden-Miliz YPG ausmachten, keine Möglichkeit mehr, die anhaltenden Geländegewinne der syrischen Armee und ihrer Verbündeten wettzumachen. Washington erkannte, dass es den Rebellen noch mehr Waffen schicken müsste, wenn es Assad und seine Verbündeten zurückdrängen will. Das Risiko war zu groß, dass diese Waffen letzten Endes bei den Terrormilizen „Islamischer Staat“ oder Hayat Tahrir Scham landen.

Aus dieser Perspektive war die Aufhebung des Anti-Assad-CIA-Programms nur eine Frage der Zeit. Fakt ist, dass Russland bereit war, mehr für das Überleben von Assad zu opfern als die USA bereit waren gegen ihn zu investieren. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Ausgang des syrischen Bürgerkriegs für Moskaus nationales Interesse wichtiger ist als für Washington.

Washington braucht im Grunde keine pro-US-amerikanische Regierung in Damaskus, um strategischen Halt im Nahen Osten zu haben. Für Russland ist Syrien ein traditioneller Verbündeter im Nahen Osten. Moskau braucht Assad, um eine strategische Position in der Region zu gewährleisten.

Die Schließung der CIA-Waffen-Pipeline nach Syrien dürfte für die Rebellen eine bedeutsame moralische Enttäuschung darstellen. Es wird schwierig für die Rebellen in Idlib, Hama, Ost-Ghouta und Daran, den Druck aufrecht zu erhalten, den es von ihrer Seite in den letzten Jahren gab.

Nach Meinung von Analysten und Experten, mit denen RT Deutsch exklusiv sprach, wollen die USA die Syrien-Friedensgespräche in Astana aus Gründen des Eigennutzes unterminieren und den militärischen Konflikt neu anheizen.

Der in der Türkei ansässige türkische Politikanalyst Ömer Özkizilcik sieht hinter dem Wegfall des CIA-Programms auch eine Chance für regionale Unterstützer der Rebellen. Der Experte, der sich auf die türkische Syrien-Politik spezialisierte und für das türkische Fachportal Suriye Gündemi schreibt, sagte RT Deutsch:
Das CIA-Waffenprogramm diente auch dazu, Lieferungen an Rebellen zu kontrollieren. Mit dem Wegfall der Waffenpipeline entsteht ein Vakuum, das die Türkei und Katar in Nordsyrien womöglich füllen könnten. Auf diese Weise würden sie die Rebellen-Hochburg Idlib beispielsweise endgültig aus dem Einflussbereich des Westens entreißen. Der Einfluss aber auch die Probleme in Nordsyrien würden sich zu einem bestimmten Grad auf die Regionalmächte Türkei und Russland herunterbrechen.“
Trump-Gegner nutzen in der Zwischenzeit die Gelegenheit, um innenpolitisch gegen den republikanischen US-Präsidenten zu schießen. Sie verklären die Gegebenheiten in Syrien und unterstellen, dass der US-Präsident abermals gegenüber Russland kleinbeigegeben habe.

Faktisch besteht allerdings eine Akzeptanz gegenüber der Realität am Boden in Syrien. Mit russischer und iranischer Hilfe ist die syrische Armee stärker und konsolidierter denn je im syrischen Konflikt, der seit dem Jahr 2011 wütet und bisher mindestens 350.000 Menschen das Leben kostete.

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