US-Außenministerium veröffentlicht Dokumente über CIA-Rolle beim Iran-Putsch von 1953

US-Außenministerium veröffentlicht Dokumente über CIA-Rolle beim Iran-Putsch von 1953
Mohammad Mossadegh wurde nach dem Putsch 1953 wegen Landesverrats angeklagt und zu drei Jahren Gefängnis und anschließendem Hausarrest verurteilt. Bis zu seinem Tod lebte er auf seinem Landgut in Ahmad Abad.
Das US-Außenministerium hat am Donnerstag eine große Anzahl deklassifizierter Dokumente zum Putsch von 1953 gegen die damalige iranische Regierung unter Mohammed Mossadegh veröffentlicht. Die Dokumente geben einen präzisen Einblick in die Vorgehensweise der CIA. 
 
von Timo Kirez
 

Es sind Informationen aus erster Hand: Das 1.000 Seiten umfassende Dokument trägt den Titel Außenbeziehungen der Vereinigten Staaten, Iran, 1951-1954. Es liefert präzise Informationen über die Durchführung verdeckter Operationen im Iran während der Amtszeit der US-Präsidenten Truman und Eisenhower. Dabei geht es um den Zeitraum vor und nach dem Staatsstreich, mit dem der demokratisch gewählte Premierministers Mohammad Mossadegh gestürzt wurde. Die USA und Großbritannien brachten den Monarchen Mohammad Reza Pahlavi an die Macht.

Die Veröffentlichung enthält Details über die Planung und Umsetzung der berüchtigten Operation „#TPAJAX.“ Dies war die offizielle Bezeichnung der CIA für den Putsch. Die Dokumente bieten einen Umriss zahlreicher CIA-Operationen inklusive einer Neuorganisierung des iranischen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes. Sie beschreiben die Errichtung einer geheimen Sendestation in Iran.

Die jetzt veröffentlichten Dokumente ergänzen diejenigen, die bereits 1989 freigegeben worden waren. Letztere wurden in der Vergangenheit kontrovers diskutiert, da sie praktisch alle Bezüge zu den US-Nachrichtendiensten zum Putsch wegließen. Jahrzehntelang hatten sich Regierungen der USA und Großbritanniens geweigert, ihre Rolle beim Putsch von 1953 anzuerkennen.

Und das obwohl schon 1954 Berichte in den Medien auftauchten und ehemalige CIA- und MI6-Mitarbeiter Bücher über ihre Aktivitäten im Iran herausbrachten. Das berühmteste war Kermit Roosevelts Bestseller “Countercoup“. Die CIA stritt bis zum Jahr 2013 ab, dass die Regierung Roosevelt eine Rolle bei dem Putsch gespielt hat.

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Operation „#TPAJAX“ war eine Reaktion auf die Entscheidung des damaligen iranischen Premierministers Mohammad Mossadegh, die Ölressourcen des Iran zu verstaatlichen, um die Einnahmen dem iranischen Volke zu Gute kommen zu lassen. Der Iran wollte die Profite aus seinen Naturreserven nicht mehr dem damaligen britischen Staatsbetrieb Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) überlassen, dem Vorläufer des heutigen globalen Ölkonzerns BP.
Großbritannien kontrollierte seit dem Jahr 1908 die Ölförderung im Iran. Die AIOC wurde im April 1909 nach der Entdeckung eines großen Ölfeldes um Masdsched Soleyman im Iran gegründet. Die britische Dominanz geht auf Konzessionen zurück, die Persiens Monarchie 1901 dem englischen Bergbauunternehmer William Knox D‘Arcy gewährt hatte. Für die Briten war die Versorgung mit Öl von immenser Bedeutung, da zu dieser Zeit die Großbritanniens Marine von Kohle auf Öl umgestellt wurde.
Eine sichere Ölversorgung war zu jener Zeit von strategischer und militärischer Bedeutung für das britische Empire, das fast ein Viertel des Planeten kontrollierte. Der spätere britische Premierminister Winston Churchill unterstrich die Bedeutung des iranischen Öls, als er schrieb:
Fortune brachte uns einen Preis aus dem Märchenland über unsere wildesten Träume hinaus. Beherrschung selbst war der Preis des Wagnises.
Ein Budget um Armut, Krankheit und Rückständigkeit zu bekämpfen
Teheran selbst erhielt nur einen kleinen Prozentsatz der riesigen Einnahmen aus dem Öl, welches aus seinem eigenen Territorium stammte. Dies führte unter anderem zu einem Anstieg des nationalen Bewusstseins für eine Unabhängigkeit des Iran gegenüber den kolonialen und imperialistischen Mächten und ermöglichte es Mohammad Mossadeq, im Jahr 1951 ins Amt des Premierministers gewählt zu werden.

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Kurz nachdem er an die Regierung gekommen war, verstaatlichte er das Öl des Iran und beschlagnahmte das Vermögen des AIOC. In einer Rede, in der er seine Motive erläuterte, sagte Mossadeq:
Unsere langjährigen Verhandlungen mit dem Ausland haben bisher keine Ergebnisse erzielt. Mit den Öleinnahmen hätten wir das Budget um Armut, Krankheit und Rückständigkeit unter unseren Leuten zu bekämpfen. Eine weitere wichtige Überlegung ist, dass wir durch die Beseitigung der Macht der britischen Gesellschaft auch Korruption und Intrigen beseitigen würden, durch die die inneren Angelegenheiten unseres Landes beeinflusst wurden. Sobald diese Vormundschaft aufgehört hat, wird der Iran seine wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit erreicht haben.
Großbritannien Antwort war absehbar. Sie bestand zunächst darin, den Verkauf des iranischen Öls auf dem Weltmarkt zu blockieren. Doch das genügte offenbar nicht. Nachdem man die USA davon überzeugen konnte, dass der Iran kurz davor sei, den Kommunisten in die Hände zufallen, kam es zusammen mit der CIA zu einem Plan, Mossadeq von der Macht zu entfernen. Als Vorwand diente sicher auch die Popularität der kommunistischen Tudeh Partei im Iran.

In London wurde der Plan von von keinem geringeren unterzeichnet, als Winston Churchill, der nun Großbritanniens Premierminister war. In den USA war es Dwight D. Eisenhower, der die Dulles-Brüder, Allen und John Foster, ermächtigte, die Operation Ajax auszuführen. Allen Welsh Dulles war von 1953 bis 1961 Direktor der CIA. Sein Bruder John Foster Dulles war unter US-Präsident Eisenhower von 1953 bis 1959 Außenminister.

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Als Mossadeq von dem Komplott erfuhr, schloss er die britische Botschaft in Teheran. Die Mitarbeiter der Botschaft mussten das Land verlassen. Mossadeq wusste zudem, dass der persische Schah, Mohammad Reza Pahlavi, in die Pläne involviert war und zwang den Monarchen, dass Land zu verlassen. Mittlerweile war es jedoch dem CIA gelungen, verschiedene Armee- und Polizeibeamte zusammen mit wichtigen Journalisten und Klerikern und Mitgliedern des iranischen Parlaments zu bestechen. Es sollte eine landesweite Anti-Mossadeq-Atmosphäre geschaffen werden und Mossadeq als Kommunist diskreditiert werden. Unter anderem auch, in dem man auf die in weiten Teilen der Bevölkerung tief verankerte Religiosität setzte.

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Mit Erfolg. Am 19. August 1953 wurde Mossadeq zusammen mit Tausenden seiner Anhänger verhaftet. Nach seiner Verhaftung kehrte der Schah aus dem Exil zurück, um das Land mit extremer Brutalität und Korruption zu regieren, bis er im Jahr 1979 von der sogenannten „Grünen Revolution“ im Iran 1979 vertrieben wurde. Der Coup von 1953 ist nur einer von vielen Schwarzen Flecken auf der Weste einer Nation, die nach wie vor behaupten darf, dass sie „Freiheit und Demokratie“ in der Welt verteidige. Und die nicht müde wird, andere zu Nationen beschuldigen, „Einfluss“ in seine politischen Angelegenheiten zu nehmen.

Mit dem Umsturz im Iran begann die Ära der Putschisten und Diktatoren
So hatten die USA auch ihre Finger im Spiel, als 1954 der guatemalische Präsident Jacobo Árbenz gestürzt wurde. Der ehemalige Offizier hatte die Plantagen der United Fruit Corporation verstaatlicht. Eine nicht unwichtige Rolle spielte die USA auch beim Bürgerkrieg im Kongo Anfang der 1960er-Jahre, aus dem schließlich der Diktator Joseph Mobutuals als Sieger hervorging. Eine zentrale Figur war Patrice Lumumba, der erste Premierminister des Landes nach dem Ende der belgischen Kolonialherrschaft. Er wurde nach wenigen Monaten im Amt gestürzt, festgenommen und verschwand. Unter tatkräftiger Mithilfe der CIA.

Auch der demokratisch gewählte brasilianische Präsident, João Goulart, bekam die Macht der USA zu spüren. Der Führer der Brasilianischen Arbeiterpartei hatte mit einer schweren Wirtschaftskrise und Hyperinflation zu kämpfen. Das Land stand durch die heftige Polarisierung zwischen linksnationalistischen Kräften und traditionell amerikafreundlichen Konservativen vor einem Bürgerkrieg. Als Goulart eine Bodenreform mit weitgehenden Enteignungen plante, um die Massenbasis seiner Partei zu stärken, putschte, mit Unterstützung der CIA, 1964 das brasilianische Militär.

Einer der bekanntesten Fälle für US-amerikanische Missionen für diese besondere Art von Demokratie ist der Staatsstreich gegen den sozialistischen Präsidenten von Chile, Salvador Allende. Mehrere, so genannte Oppositionsgruppen, wurden direkt oder indirekt von der CIA finanziert, die unter anderem auch psychologische Kriegsführung einsetzte. Im September 1973 bahnte sich dann ein Putsch des erzkonservativen Militärchefs Augusto Pinochet an. Allende nahm sich am 11. September im Präsidentenpalast das Leben, nachdem der Sturm auf das Gebäude begonnen hatte.

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