USA: Beamte entziehen mehr Eigentum als Einbrecher - Gesetze erlauben Selbstbedienung


USA: Beamte entziehen mehr Eigentum als Einbrecher - Gesetze erlauben Selbstbedienung
Auf der Ausschau nach Verdächtigen: In vielen Bundestaaten darf die Polizei das Vermögen von verdächtigen Personen dauerhaft beschlagnahmen und anschließend behalten.
US-Justizminister Jeff Sessions will die Möglichkeit zur Beschlagnahme des Eigentums Krimineller ausweiten. Die meisten US-Bundesstaaten erlauben der Polizei, schon auf Verdacht Vermögenswerte dauerhaft einzuziehen - und die lässt sich nicht zweimal bitten. 
 
US-Justizminister Jeff Sessions kündigte den Erlass einer neuen Direktive an, die darauf abzielt, die Möglichkeiten zur Beschlagnahme von Geldern und Eigentum durch die Polizei auszuweiten:
Wir hoffen, noch diese Woche eine neue Direktive zur Vermögensbeschlagnahme bei Kriminellen - besonders bei Drogenhändlern - erlassen zu können. Mit Sorgfalt und Professionalität arbeiten wir an der Entwicklung von Richtlinien zur Ausweitung von Beschlagnahmungen. Keinem Kriminellen soll es erlaubt sein, die Erträge seiner Verbrechen zu behalten", zitiert die Washington Post den Minister.

Anreiz zu vorschnellen Verdächtigungen

Die Praxis der Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens krimineller Personen wird in den USA als "asset forfeiture" bezeichnet. Sie ist jedoch stark umstritten. Denn die Polizei kann auf den bloßen Verdacht hin das Vermögen von Personen permanent beschlagnahmen, auch wenn diese weder von einem Gericht angeklagt noch rechtskräftig verurteilt wurden.

In den meisten Bundestaaten der Vereinigten Staaten reicht der "bloße Verdacht einer Missetat" aus, um das Vermögen einer Person dauerhaft einzuziehen. Das gleicht eher Verhältnissen, wie sie in einem Polizeistaat herrschen, als jenen eines Rechtsstaates.

Aber die Lage ist noch schlimmer: In vielen Bundestaaten darf die Polizei einkassiertes Eigentum in weiterer Folge selbst behalten. Dadurch entsteht ein großer Anreiz zum Missbrauch der eigenen Befugnisse. Kritiker monieren zudem, dass somit für die Polizei ein profitables Motiv entstehe, überall Verdächtige zu sehen.


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Wie weit die Praxis der Beschlagnahme bereits ausgeufert ist, zeigen von der Washington Post veröffentlichte Zahlen für das Jahr 2014. In diesem Zeitraum entzog die Polizei US-Bürgern Eigentum im Wert von fünf Milliarden US-Dollar – und damit mehr als Einbrecher entwendeten.

Allein die Antidrogen-Behörde DEA hat laut dem US-Justizministerium seit dem Jahr 2007 Bargelder in Höhe von drei Milliarden US-Dollar von Personen beschlagnahmt, die keines Verbrechens angeklagt waren.

Fahren ohne Rücklicht: 53.000 US-Dollar Strafe

Aber nicht nur Personen, die im Verdacht stehen, schwere Straftaten begangen zu haben, müssen einen weitreichenden Zugriff der Behörden fürchten. So berichtete die Washington Post vergangenes Jahr von einem Vorfall, als die Polizei ein Auto wegen eines kaputten Rücklichts anhielt. Im Wagen befanden sich 53.000 US-Dollar in bar, die unverzüglich eingezogen wurden - ein Drogenhund der Polizei soll zuvor angeschlagen haben, Rauschmittel wurden jedoch nicht in dem Fahrzeug gefunden.

Das Geld gehörte laut der Zeitung einer christlichen Musikband, einem Waisenhaus und einer Kirche. Für den von Polizisten bestohlenen Mann nahm die Geschichte allerdings noch ein glimpfliches Ende. Nachdem die Washington Post über den Vorfall berichtet hatte, schritt der zuständige Staatsanwalt ein und veranlasste die Rückgabe des Geldes.

Aufgrund der ausufernden Beschlagnahmepraxis der Polizei, die offenbar in regelrechte Raubzüge ausarteten, erlauben 13 Bundestaaten das Einziehen von Vermögen nur noch in Fällen, in denen eine Verurteilung des Betroffenen durch ein Gericht vorliegt. Doch US-Justizminister Sessions schickt sich an, der Polizei wieder freiere Hand bei der äußerst fragwürdigen Praxis zu lassen, die kaum mit rechtsstaatlichen Prinzipien in Einklang zu bringen ist.

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