Mossad-Chef in Washington: Verbündete suchen neue Strategie nach ihrer Niederlage in Syrien

Mossad-Chef in Washington: Verbündete suchen neue Strategie nach ihrer Niederlage in Syrien
Laut Berichten israelischer Medien errichtet der Iran eine Fabrik zur Herstellung von Scud-Raketen in Syrien. (Das Symbolbild zeigt eine Version der Rakete mitsamt fahrbarer Abschussvorrichtung aus dem Arsenal der afghanischen Armee)
Nach der absehbaren Niederlage der Organisation "Islamischer Staat" in Syrien befürchtet Israel, dass die Republik Iran erstarkt. Angeblich plane der Iran eine Fabrik für Scud-Raketen in Syrien, heißt es heute in israelischen Medien. Gleichzeitig reist der Mossad-Chef nach Washington. 
 
Laut Berichten der israelischen Presse errichtet der Iran in Syrien eine Fabrik zur Herstellung von Scud-Raketen. Das habe eine Auswertung von Aufnahmen einer Baustelle in der syrischen Provinz Latakia ergeben, die vom israelischen Spionagesatelliten Eros B angefertigt wurden.

Erstmals hatte der israelische Fernsehsender Channel 2 darüber berichtet. Laut vom Sender zitierten Experten stimmten die Anordnung der Gebäude sowie die Baumethoden mit einer gleichartigen Anlage nahe Teherans überein. Das lasse auf eine Beteiligung iranischer Experten schließen. Auf den Bildern ist zu erkennen, dass entlang der Baustelle ein Erdwall aufgetürmt wurde, der die Anlage nach Ansicht der Experten vor Angriffen schützen soll.

Die Times of Israel veröffentlichte eine auf Google Maps basierende Aufnahme der Anlage.
„Unsere Politik ist eindeutig: Wir widersetzen uns standhaft der militärischen Aufstockung durch Iran und seiner Stellvertreter in Syrien, insbesondere der Hisbollah“, erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag. „Ich gebe Ihnen eine Zusammenfassung in einem Satz: Der Islamische Staat geht raus, der Iran geht rein. So einfach ist das“, fügte Netanjahu hinzu.
Hisbollah-Kämpfer überwachen den Abzug von Dschihadisten aus Arsal. Zuvor wurde vereinbart, dass die Kämpfer und deren Familienangehörigen mit Bussen in die Provinz Idlib umquartiert werden.

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Der Ministerpräsident nahm damit Bezug auf eine kurz zuvor erfolgte Aussage des Mossad-Chefs Yossi Cohen. Der Geheimdienstler sagte:
„Die Lücke, die sich aus der abnehmenden Präsenz des Islamischen Staates ergibt, will der Iran ausfüllen.“
Zuvor hatte schon das Urgestein der US-Außenpolitik, Henry Kissinger, den US-Präsidenten dazu aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass das durch den Rückzug des so genannten Islamischen Staates entstehende Machtvakuum nicht vom Iran ausgefüllt wird.

Hochrangige israelische Delegation reist nach Washington
Wie die Haaretz am Montag berichtete, wird Cohen Ende der Woche zu Gesprächen mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Herbert Raymon McMaster, dessen Stellvertreterin Dina Powell sowie dem Chefberater des US-Präsidenten, Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, in Washington eintreffen.

Die Bedeutung der Zusammenkunft unterstreicht die Zusammensetzung der Delegation, die Cohen dafür im Schlepptau führt. Darunter befindet sich der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Generalmajor Herzi Halevy, und der Leiter für politisch-militärische Angelegenheiten des Verteidigungsministeriums, Zohar Palti.

"Die Gespräche fokussieren auf die israelischen Sicherheitsinteressen in Bezug auf Syrien und den Libanon. Wir werden nicht über den israelisch-palästinensischen Friedensprozess reden“, erklärte das Weiße Haus zu dem anstehenden Treffen. Die Ankunft der israelischen Delegation bezeichnete es als „starkes Zeichen des Vertrauens zwischen Israel und McMaster“.

USA baut Kooperation mit Libanons Streitkräften aus
Unterdessen bauen die USA die militärische Kooperation mit der libanesischen Armee weiter aus. Am Montag traf eine erste Tranche von insgesamt 32 US-Kampffahrzeugen im Hafen von Beirut ein. Washington will die libanesischen Streitkräfte stärker als Gegenspieler beziehungsweise Alternative zur Hisbollah in Stellung bringen. Die schiitische Miliz soll sich dadurch nicht länger als unverzichtbare Kraft bei der Landesverteidigung legitimieren können.

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Wie die Times of Israel im März berichtete, soll der Iran für die Hisbollah im Libanon zwei unterirdische Waffenfabriken errichtet haben, in denen auch Raketen hergestellt werden können, die jeden Ort in Israel erreichen können. Die Zeitung bezieht sich auf einen Artikel von al-Jardia, der einen namentlich nicht genannten Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden zitiert.

Ob die Berichte über die vom Iran in Syrien und dem Libanon heimlich errichteten Waffenfabriken zutreffend sind, lässt sich nicht verifizieren. Zumindest lassen sie sich als Ausdruck der wachsende Sorge Israel über die zunehmende iranische Präsenz in seinen Nachbarländern lesen. In den letzten Jahren hatten Israel und Jordanien, ebenso wie die Türkei und zahlreiche andere NATO-Staaten militante Islamisten in Syrien unterstützt, um Assad zu stürzen und den Iran in der Region zu schwächen.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu bei einer Kabinettsitzung am 09. Juli 2017.

Die Aussage Netanjahus und das anstehende Treffen hochrangiger Vertreter Israels und der USA sprechen dafür, dass gegenwärtig militärische Optionen erörtert werden, um die Konsequenzen aus ihrer Niederlage in Syrien abzuwenden.

US-Luftwaffe will Syriens Luftverteidigung genauer unter die Lupe nehmen
In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters vom Mittwoch. Demnach soll die Kommandozentrale der US-Luftwaffe im Nahen Osten modernisiert werden, die sich auf dem US-Stützpunkt in Katar befindet. Die dort verwendete Computertechnik sei zwar „auf dem neusten Stand, aber zu langsam für die Zukunft“, erklärte US-General David Goldfein. Die neuen Systeme sollen unter anderem Daten schneller verarbeiten können, um die Entwicklungen auf dem Schlachtfeld so zeitnah wie möglich abbilden zu können.

Das zukünftige Interesse gilt insbesondere dem syrischen Luftverteidigungssystem. „Ich brauche ein besseres Verständnis dafür, wie die ineinander integrierten syrischen und russischen Luftverteidigungssysteme dort arbeiten“, zitiert die Agentur den Generalleutnant Jeffrey Harrigian, der die Operationen der US-Luftwaffe in der Region leitet.

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