Auf Krawall gebürstet: Trump macht gegen den Iran mobil - Atomabkommen könnte platzen

Auf Krawall gebürstet: Trump macht gegen den Iran mobil - Atomabkommen könnte platzen
Laut diesem Graffiti an einer Häuserwand in Teheran lässt sich die US-Politik am besten in Form einer Pistole symbolisieren.
In wenigen Stunden will US-Präsident Donald Trump seine Entscheidung zum Atomabkommen mit dem Iran verkünden. Schon jetzt steht fest: Washington will eine härtere Gangart gegen Teheran fahren. Die Politik des Präsidenten stößt im Washingtoner Establishment allerdings auf immer mehr Widersacher. 
 
Am Freitagmittag (Ortszeit) will US-Präsident Donald Trump seine Entscheidung zu dem Atomabkommen mit dem Iran verkünden, das er in den vergangenen Wochen immer wieder in Frage gestellt und scharf kritisiert hat. Der Republikaner muss dem Kongress bis zum Sonntag sagen, ob der Iran die Auflagen aus der Vereinbarung erfüllt. Es wird damit gerechnet, dass Trump diese Bestätigung verweigert. In diesem Fall muss der US-Kongress innerhalb von 60 Tagen entscheiden, ob die ausgesetzten Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft treten sollen. Erst dieser Schritt käme einer Aufkündigung des Abkommens gleich.
 

Das Atomabkommen wurde im Juli 2015 vom Iran, den UN-Vetomächten USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland geschlossen. Als Folge verpflichtet sich Teheran, keine Nuklearwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug sollen Sanktionen aufgehoben werden. Alle Beteiligten - einschließlich der Vereinigten Staaten - haben ebenso wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Teheran bisher bescheinigt, den Vertrag einzuhalten. „Der Iran unterliegt nun der weltweit strengsten Überwachung eines Atomprogramms“, hatte IAEA-Chef Yukiya Amano vor einem Monat zur Verteidigung des Abkommens gegen die anhaltende Kritik aus Washington erklärt.

Auch die westlichen Unterzeichner der Vereinbarung warnten Washington vor dessen Aufkündigung. So bezeichnete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron während der UN-Vollversammlung im September einen Ausstieg aus dem Atomdeal als „unverantwortlich“. „Es aufzugeben, wäre ein schwerer Fehler“, so Macron. Ähnlich äußerte sich die Bundesregierung.

Die deutsche Wirtschaft befürchtet indes einen massiven Rückschlag für das Iran-Geschäft, sollten die USA von der Abmachung Abstand nehmen. Eine Rückkehr zu den ausgesetzten US-Sanktionen gegen Teheran wäre „ein Schlag ins Kontor der sich wieder deutlich belebenden Handelsbeziehungen“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier, der Deutschen Presse-Agentur.

Umfassendere Anti-Iran-Strategie
Nach Darstellung des Weißen Hauses will Trump nicht nur zum Atomdeal sprechen, sondern ein größeres Bild seiner Anti-Iran-Strategie umreißen. Das Weiße Haus veröffentlichte am Freitagmorgen (Ortszeit) ein entsprechendes Strategiepapier. Demnach soll der "destabilisierende Einfluss" Teherans in der Region "neutralisiert" werden. Insbesondere die Iranische Revolutionsgarde (IRGC), die direkt dem iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei untersteht, soll ins Visier genommen werden.

Laut Medienberichten könnten schärfere US-Sanktionen gegen Teheran auch eine Listung der IRGC als Terrorgruppe umfassen. Deren führender Kommandeur Mohammad Ali Dschafari warnte vor Tagen eindringlich vor der Umsetzung einer solchen Maßnahme. In diesem Fall würde die Revolutionsgarde die US-Truppen in der Region behandeln, als wären sie Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS). Dschafari sagte wörtlich:
Wenn die Nachrichten über die Dummheit der US-amerikanischen Regierung richtig sind, dass sie die Revolutionsgarden als Terrorgruppe betrachten wollen, dann werden die Revolutionsgarden die amerikanische Armee wie den ,Islamischen Staat` überall auf der Welt betrachten, besonders im Nahen Osten."
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CIA-Chef Mike Pompeo bereitete am Donnerstag schon mal den propagandistischen Boden für die sich abzeichnende Aufkündigung des Atomabkommen durch Trump. Während seiner Rede an der Universität von Texas im Rahmen des Austin National Security Forums bezeichnete Pompeo die Revolutionsgarden als „die Knüppel einer despotischen Theokratie."
Sie sind die Vorhut eines bösartigen Imperiums, das seine Macht und seinen Einfluss im Nahen Osten ausdehnt."
Mike Pompeo während seiner Vereidigung als CIA-Direktor am 12. Januar 2017.

Pompeo verglich zudem den Iran mit der IS-Terrormiliz. Der Unterschied zwischen beiden sei lediglich, dass Teheran viel mächtiger ist.
Der Iran ist ein mächtiger Nationalstaat, der weiterhin der weltweit größte Sponsor von Terrorismus bleibt“, so der Geheimdienstchef.
Der Ex widerspricht seinem Nachfolger
Der ehemalige CIA-Chef Leon Panetta nahm dagegen am Donnerstag eine konträre Position ein. In einem Radiointerview bezeichnete er einen Ausstieg aus dem Atomdeal als „schrecklichen Fehler“.
 Ob in der Innen- oder Außenpolitik, Präsident Trump genieße es, „mit Handgranaten in seinen Händen zu spielen und sich den Tumult anzuschauen, den er damit auslöst.“
Trump will Dinge nur durcheinander wirbeln um des Wirbel willens. Dasselbe macht er nun auch mit dem Iran."
Panetta wies darauf hin, dass Teheran bislang alle Punkte des Abkommens erfüllt habe, was auch die anderen Unterzeichner des Vertrages bescheinigen würden. Er warnte vor einem Alleingang der USA in dieser Frage, die zu einer Spaltung gegenüber den westlichen Verbündeten führen würde. Unter Verweis auf Personen aus Trumps näherem Umfeld sagte Panetta, der Präsident sei „labil“.
Hier geht es allein um die Fähigkeit des Präsidenten, dieses Land zu regieren. Ich meine, das ist kein Reality-TV, das ist keine Fernsehshow. Hier geht es um einen Präsidenten der Vereinigten Staaten, der entweder die Verantwortung für dieses Land übernimmt oder diese Verantwortung zugunsten einer Politik des Tumults zurückweist."
Der ehemalige Verteidigungsminister unter Präsident Barack Obama reiht sich mit der Aussage in die Riege der Verantwortlichen in Washington ein, die in Donald Trump zunehmend ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA betrachten. Sollte der Präsident den einseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen verkünden, dürfte diese Riege noch stärker als bislang anwachsen.

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