NATO kann keine Beweise für "russische Unterstützung der Taliban" vorlegen

NATO kann keine Beweise für "russische Unterstützung der Taliban" vorlegen
Die NATO hat bis dato keinerlei belastbare Beweise für eine angebliche Unterstützung der afghanischen Taliban durch Russland präsentieren können. Das Thema hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Treffen des NATO-Russland-Rates zur Sprache gebracht. 
 
"Was Dokumente angeht, also wenn Sie Beweise meinen, wurden außer bloßen Behauptungen keine geliefert", sagte Samir Kabulow, der Leiter der asiatischen Abteilung des russischen Außenministeriums, gegenüber Journalisten am Donnerstag in Brüssel.

Anschuldigungen, wonach Russland in Afghanistan möglicherweise die Taliban fördere, wurden zum ersten Mal im Februar laut. Der US-Kommandeur in Afghanistan, John W. Nicholson, teilte vor einem Senatsausschuss mit, dass Russland die "offene und verdeckte Unterstützung für die Taliban" mit dem Ziel, "die Vereinigten Staaten und die NATO zu untergraben", deutlich erhöht habe.

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Moskau wies solche Behauptungen wiederholt zurück. Das russische Außenministerium erklärte im September, dass Washington auf diese Weise die internationale Gemeinschaft von zahlreichen eigenen Fehlern ablenken will.

Kommunikationskanäle im Kampf gegen den IS

Ein Anlass für die Anschuldigungen könnten möglicherweise die Äußerungen Kabulows vom Dezember des Vorjahres sein, als dieser sagte, die Interessen Moskaus und der Taliban würden im Kampf gegen den IS übereinstimmen. Moskau und die Taliban hätten vor diesem Hintergrund auch Kommunikationskanäle zum Austausch von Informationen eingerichtet.

Der russische Politikwissenschaftler Dmitri Jegortschenkow erklärte dazu, dass diese "Übereinstimmung der Interessen" der Taliban und Moskaus im Kampf gegen den "Islamischen Staat" nicht bedeutet, dass es auch eine tatsächliche Zusammenarbeit gibt. Der IS sei vielmehr ein kurzfristige Erscheinung und gerade das schließe die potenzielle Möglichkeit einer strategischen Zusammenarbeit aus.
Russland hat aus den Erfahrungen der USA gelernt. Die Taliban haben gegen die Amerikaner Waffen eingesetzt, die sie zu Zeiten der sowjetischen Kampagne in Afghanistan von diesen selbst erhalten hatten oder die den Taliban durch unterschiedliche Kanäle der CIA und der pakistanischen Geheimdienste in die Hände fielen", so Jegortschenkow, der Leiter des Instituts für Strategische Studien und Prognosen der Russischen Universität der Völkerfreundschaft, im Gespräch mit RT Deutsch.
Taliban-Kämpfer nach einer Hinrichtung in der Provinz Ghazni, 18. April 2015

Waffen gehen nicht selten durch mehrere Hände

Die Problematik gewann am 22. Oktober an Gewicht, als selbst der afghanische Präsident Aschraf Ghani Russland eine "Unterstützung der Taliban" vorwarf. Am selben Tag behauptete der afghanische Brigadier General Mohammad Nasir Hidayat, während der Kämpfe gegen die Taliban in der Provinz Farah wären in Russland hergestellte Waffen gefunden worden. Einige westliche Medien, darunter die britische Tageszeitung The Guardian, sprangen auf den Zug auf und deuteten an, Moskau hätte die Taliban nicht nur unterstützt, sondern auch bewaffnet.
Russische Waffen werden auf der ganzen Welt benutzt, aber das weist in keiner Weise darauf hin, dass gerade Russland diese Waffen liefert. Die Taliban haben auch verschiedene amerikanische Waffen, Handfeuerwaffen, Fahrzeuge, etwa Hummers. Das bedeutet jedoch nicht, dass Washington diese Waffen an die Taliban liefert", erklärte der russische Orientalist Georgi Asatryan im Interview mit RT Deutsch.
Asatryan ist davon überzeugt, dass man versucht, "Moskau künstlich an die Taliban zu koppeln" und die selbst verschuldeten Probleme der USA in Afghanistan auf diese Weise einem äußeren Faktor zuzuschreiben.

Instrument zur politischen Dämonisierung Moskaus

Im Zuge von Militäroperationen am Hindukusch starben bislang über 2.300 amerikanische Soldaten und mehr als tausend Militärangehörige der internationalen Koalition. Es wurden weitere 17.674 amerikanische Soldaten verwundet. Als Folge von Kreuzfeuer, Explosionen von Granaten, Morden, Bombardierungen und Nachtangriffen auf Häuser wurden zudem 21.000 Zivilisten getötet.

Jegortschenkow sagte dazu, dass Spekulationen rund um das Thema "Russland und die Taliban" in den westlichen Medien "ein Druckmittel angesichts der erheblichen Intensivierung russischer politischer und wirtschaftlicher Aktivität in Zentralasien" darstellen. Da die Taliban sowohl in Russland als auch im Westen als terroristisch angesehen werden, wolle man durch diese Anschuldigungen Moskau "außerhalb der bestehenden Normen des Völkerrechts stellen". Dies schaffe einen "legitimen Boden" für die Ausübung von direktem politischen Druck, fügte er hinzu.

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