CIA veröffentlicht Bin Laden-Archiv: US-Terrorexperten verbreiten Verschwörungstheorien

 
CIA veröffentlicht Bin Laden-Archiv: US-Terrorexperten verbreiten Verschwörungstheorien
1. Mai 2011, Weißes Haus: US-Präsident Barack Obama und Mitglieder des Nationalen Sicherheitsstabes wohnen der Live-Übertragung des Navy-Seal-Einsatzes bei, bei dem Osama Bin Laden getötet worden sein soll.
Die CIA hat ein riesiges Archiv veröffentlicht, das aus dem persönlichen Besitz von Osama bin Laden stammen soll. Begleitet wird die Veröffentlichung von Verschwörungstheorien sogenannter Terrorexperten. Demnach sollen ausgerechnet die Erzfeinde Iran und Al-Kaida unter einer Decke stecken. 
 
Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hat ein umfangreiches Archiv veröffentlicht, das auch ein Tagebuch des im Jahr 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden enthalten soll. Der Besitz umfasse etwa 470.000 Dokumente, teilte die CIA am Mittwoch mit. „Die heutige Veröffentlichung der Briefe, Videos, Audiodateien und anderem Material ermöglicht den US-Bürgern, einen tieferen Einblick in die Arbeit und Pläne der Terrororganisation zu bekommen“, sagte CIA-Direktor Mike Pompeo.

Der CIA zufolge ist das Material im Mai 2011 bei einer Kommandoaktion in Pakistan sichergestellt worden. Mitglieder einer Spezialeinheit sollen den damals 54-Jährigen in einem Haus in der Stadt Abbottabad überrascht und getötet haben. Das Anwesen liegt in der Nähe einer Militärakademie und ist umgeben von Residenzen hochrangiger pakistanischer Militärs und Geheimdienstler - das in einem romantischen Tal gelegene Abbottabad gilt als Rückzugsort für hohe Staatsbeamte.

Die 9/11-Anschläge bilden laut Ganser die Rahmenerzählung für darauf folgende Kriege.

Da es als unwahrscheinlich gilt, dass sich Bin Laden unbemerkt über Jahre in der Stadt mit ihren erhöhten Sicherheitsvorkehrungen verstecken konnte, wurde der Vorwurf laut, der pakistanische Militärgeheimdienst ISI habe seine schützende Hand über den gebürtigen Saudi gehalten. Laut Medienberichten soll der ISI das Anwesen Bin Ladens vor dessen Einzug genutzt haben.

Mysteriöse Todesumstände
Bin Laden soll das Terrornetzwerk Al-Kaida gegründet haben. Die US-Regierung macht ihn für die Terroranschläge vom 11. September 2001 mit etwa 3.000 Toten in New York verantwortlich. In den Jahren nach „9/11" wurde wiederholt spekuliert, ob Bin Laden überhaupt noch am Leben ist. Auch nach der offiziell erfolgten Tötung des ehemaligen US-Verbündeten durch die Navy Seals nahmen die Spekulationen über die Umstände seines Ablebens kein Ende.

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Die US-Regierung hatte dazu maßgeblich beigetragen, indem sie keine nachprüfbaren Beweise vorlegte, die ihre Version der Tötung des Al-Kaida-Führers belegen. Sowohl Videoaufnahmen der Tötung als auch Bilder des Leichnams wurden auf ausdrückliche Anweisung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Daran hat sich bis heute nichts geändert, da alle diesbezüglichen Anfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes negativ beschieden wurden.

Vielen Skeptikern erschien es auch verdächtig, dass der Leichnam des Terroristen laut US-Angaben eiligst im Meer entsorgt wurde. DNA-Abgleiche, die die Identität bin Ladens bestätigen sollen, wurden nie von unabhängiger Seite verifiziert. Angesichts der mysteriösen Todesumstände hatte die Bundestagsfraktion der Linken nachgehakt. Sie wollte von der Bundesregierung wissen, ob sie über Beweise verfügt oder ihr welche vorgelegt wurden, „dass bei der US-Kommandoaktion in Abbottabad/Pakistan tatsächlich Osama bin Laden getötet wurde, und wenn ja, welche?“

In ihrer Antwort gab die Bundesregierung an, „keine eigene Prüfung im Sinne der Fragestellung vorgenommen“ zu haben. Auch seien ihr „keine Beweise “ vorgelegt worden. Weiter heißt es: „Die Bundesregierung hat allerdings keinen Anlass, am Wahrheitsgehalt der Berichte der US-Regierung zu zweifeln.“

US-Terrorexperten mit fragwürdigen Aussagen
Vor diesem Hintergrund ist auch die nun erfolgte Veröffentlichung des Osama bin Laden zugeschriebenen Materials, das auch Einblicke in das Privatleben des Terroristen geben soll, mit Vorsicht zu genießen. Zumal US-Terrorexperten der Angelegenheit einen politischen Drall geben, der sich - zufällig? - mit der anti-iranischen Ausrichtung der US-Außenpolitik deckt.

„Diese Dokumente sind entscheidend für das Verständnis der Geschichte Al-Kaidas und liefern neue Erkenntnisse über die Geschichte des Islamischen Staates und dessen Vorgänger-Organisationen“, sagt der Terrorismusexperte Thomas Joscelyn vom Politik-Institut Foundation for Defense of Democracies (FDD). Sein Kollege Bill Roggio ergänzt: „Das Material wird uns für Jahre beschäftigen.“

Nicht nur Videos mit Lebenstipps, Häkelanleitungen sowie eine Porno-Sammlung befinden sich in dem von der CIA veröffentlichten Archiv. Dieses lasse auch Rückschlüsse auf die Zusammenhänge in der islamistischen Szene zu, so die Experten um Joscelyn, die die Materialsammlung bereits vorab einsehen durften.

Vor dem Militärgericht auf dem US-Stützpunkt in Guantanamo beginnen die Voranhörungen zum 9/11-Prozess. Zwischenzeitlich waren dort fast 800 Personen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen inhaftiert.

Diese würde ihren Angaben zufolge erstmals beweisen, dass Osama bin Laden auch in seinen letzten Lebensjahren noch als Anführer der Terrororganisation fungierte. Er habe mit Untergebenen auf der ganzen Welt kommuniziert. Wie bin Laden aus dem abgeschiedenen Abbottabad das globale Terrornetzwerk unbemerkt dirigiert haben soll, bleibt offen. Joscelyn ergänzte jedoch, die Dokumente bewiesen eindeutig, dass eine Verbindung zwischen dem Iran, der Terrormiliz Islamischer Staat und der Al-Kaida-Führung besteht.

Laut einem "zuvor unbekannten" 19-seitigen Dokument eines unbekannten Verfassers habe der Iran nach den 9/11-Anschlägen Al-Kaida-Mitgliedern Zuflucht gewährt, diese mit Waffen und Geldern versorgt und ihnen eine Ausbildung in einem Trainingscamp der Hisbollah im Libanon zugute kommen lassen - im Austausch für "Angriffe auf amerikanische Interessen in Saudi-Arabien und in der Golfregion".

Diese Aussage lässt den Wahrheitsgehalt der Expertenansicht beziehungsweise die Authentizität der gesichteten Dokumente äußerst fraglich erscheinen. Nicht nur, weil der Iran Anfang 2002 nach Angaben der Washington Post 16 mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder an Saudi-Arabien ausgeliefert hatte. Vielmehr sind der schiitische Iran und die sunnitisch-wahhabitische Terrororganisation Erzfeinde.

In den Augen der Glaubenskrieger von Al-Kaida gibt es kaum etwas verabscheuungswürdigeres, als ein „gottloser“ Schiit zu sein. Ob in Syrien, im Irak oder im Jemen: Al-Kaida und der „Islamische Staat“ stellen täglich mit Terroranschlägen, die sich gegen vom Iran unterstützte Kräfte richten, unter Beweis, dass es sich bei der proklamierten Verbindung der verfeindeten Kräfte wohl um kaum mehr handelt, als eine für die US-Interessen politisch nützliche Verschwörungstheorie.   (rt deutsch/dpa)

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