UN-Bericht Mossul: Angriffe der US-geführten Koalition für jeden 4. toten Zivilisten verantwortlich

UN-Bericht Mossul: Angriffe der US-geführten Koalition für jeden 4. toten Zivilisten verantwortlich
Bildquelle: File Photo © Ahmad Al-Rubaye
Jeder vierte Zivilist, der bei den Kämpfen im lange vom IS besetzten Mossul starb, wurde durch Luftangriffe der US-geführten Koalition getötet, besagt ein UN-Bericht. Der UN-Menschenrechtskommissar fordert eine Untersuchung und Entschädigungen für die Opfer. 
 
Mindestens 2.521 Zivilisten starben bei der Offensive der US-geführten Koalition gegen den IS in Mossul, dazu kamen 1.673 Verwundete. Die Operation dauerte neun Monate an. Die Todeszahlen stellten das "absolute Minimum" dar, heißt es in einem neuen Bericht über die Befreiung Mossuls, den der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und die UN-Hilfsmission für den Irak (UNAMI) am Donnerstag präsentierten.


Die internationale Gemeinschaft sollte "alle Vorfälle, die mutmaßlich zivile Opfer forderten und an denen die internationale Gemeinschaft beteiligt war, gründlich untersuchen und die Ergebnisse der Untersuchungen veröffentlichen", heißt es in dem Bericht. Die UN-Gremien haben jedoch keinen Mechanismus zur Untersuchung der gemeldeten Luftangriffe festgelegt oder eine internationale Organisation dazu angeregt, dies zu tun.

US-geführte Kräfte ließen Todesfälle von Al-Jadida auch selbst untersuchen

Unabhängig von der Notwendigkeit einer Untersuchung forderte UNAMI/OHCHR die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Angehörigen derjenigen, die bei den bestätigten Luftangriffen ums Leben kamen oder verletzt wurden, eine Entschädigung zu zahlen.
Angehörigen von getöteten Zivilisten und Zivilisten, die bei Luftangriffen verletzt wurden, bei denen Zivilopfer nachweislich zu beklagen waren, wie zum Beispiel in der Nachbarschaft Al-Jadida im westlichen Mossul am 17. März, sollten Entschädigungen gezahlt werden", erklärte der Bericht und verwies auf einen Koalitionsluftschlag, im Zuge dessen mindestens 105 getötete Zivilisten beklagt werden.
Laut UNAMI/OHCHR bargen Einsatzkräfte 162 Leichen am Ort des Luftangriffs. Diese konnten jedoch nicht eindeutig feststellen, ob die Todesfälle das Ergebnis des Luftangriffs am 17. März waren oder weiterer Luftangriffe, die an anderen Tagen stattfanden. Aufgrund der enormen Anzahl an Toten war der Vorfall Gegenstand einer Sonderuntersuchung der US-geführten Koalition, die Ende Mai ihre Ergebnisse veröffentlichte.

 
Die Koalition kam kurzerhand zum Schluss, dass der "Islamische Staat" die Schuld an den zahlreichen Todesfällen und Zerstörungen trug. Die Koalition behauptete, dass die Opfer durch "sekundäre Explosionen" von terroristischer Munition verursacht wurden, die angeblich am Standort gelagert wurden. Inzwischen steht jedoch fest, dass Koalitionsflugzeuge die Angriffe gezielt durchführten. Sie nahmen zwei IS-Scharfschützen ins Visier, die auf irakische Truppen vom Dach eines Gebäudes aus schossen.

Auf Jagd nach zwei Scharfschützen ein gesamtes Gebäude vernichtet

Der Umstand, dass sich "zwei Scharfschützen" auf dem Dach eines Gebäudes voller Zivilisten aufhielten, war offenbar Rechtfertigung genug für die US-geführte Koalition, das Gebäude insgesamt mit schweren Waffen anzugreifen. Das löste Vorwürfe aus, dass die USA unverhältnismäßige Gewalt rechtfertigen.

Die US-Armee wird von der irakischen Bevölkerung nicht als Sicherheitsgarant gesehen.

US-Verteidigungsminister James Mattis verteidigte die Herangehensweise der Koalition. Er argumentierte, die Vernichtung des IS hätte absolute Priorität, während zivile Opfer unter solchen Umständen eine "Realität des Lebens" wären.

Im Juli hat ein Bericht der bekannten NGO Amnesty International die US-geführte Koalition wegen, wie es hieß, unpräziser und unverhältnismäßiger Luftangriffe scharf kritisiert und den Vorfall vom 17. März als Beispiel für ein solches Verhalten angeführt. Die dort zur Sprache gekommenen Völkerrechtsverletzungen durch US-geführte Koalitionsjets und die irakischen Streitkräfte könnten "könnten Kriegsverbrechen darstellen", so Amnesty.

Der UN-Bericht appellierte an die irakische Regierung, der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs beizutreten und Gesetze zu ändern, um auch "internationale Verbrechen", die IS-Kämpfer begangen wurden, wirksam verfolgen zu können. Die dort zur Verfügung stehenden Verfahrenseinrichtungen ließen sich auch gegen alle andere Parteien nutzen, die Verbrechen verübten.

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