Nach Trump-Ankündigung: Jerusalem zwischen Euphorie und Resignation - Hamas droht mit Intifada

Nach Trump-Ankündigung: Jerusalem zwischen Euphorie und Resignation - Hamas droht mit Intifada
Blick auf Jerusalems Altstadt, Israel, 4. Dezember 2017.
Der US-Präsident will Jerusalem durch einen Umzug der US-Botschaft als Hauptstadt Israels anerkennen. Die Hamas verspricht einen Tag des Zorns am kommenden Freitag und ein Aufbegehren der Palästinenser gegen die "israelischen Besatzer". 
 
Viele seiner Vorgänger hatten es versprochen, doch Trump will ernst machen mit dem Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv-Jaffa nach Jerusalem. In einem Telefongespräch teilte er dem Palästinenserführer Mahmoud Abbas und Jordaniens König Abdullah seine Pläne mit. Der Palästinenserführer bat daraufhin ausländische Regierungsführer um Hilfe, Trump von seiner Idee abzuhalten. Ein genaues Umzugsdatum steht noch nicht fest.

Am Mittwoch erklärte Trump dann detaillierter seine Pläne in einer Rede und kündigte einen umgehenden Beginn der Verlegung an. Aufgrund der schwierigen Logistik könnte der Umzug jedoch voraussichtlich erst nach einem halben Jahr realisiert werden. Andere Regierungsvertreter sprechen von Jahren. Trump könnte auch durch präsidiale Anordnungen den Umzug hinauszögern. Kein Land unterhält bisher eine Botschaft in Jerusalem, das Israel bereits 1950 zu seiner Hauptstadt erklärt hat. Regierungsführer warnten den amerikanischen Präsidenten vor der Symbolhaftigkeit einer solchen Botschaftsverlegung.

Auch die EU äußerte sich im Vorfeld kritisch zu Donald Trumps Plänen. Frederica Mogherini sagte, eine Veränderung des Status Jerusalems muss "unbedingt verhindert werden". Wenn sich hier etwas ändert, müssten die USA den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt eines palästinensischen Staats anerkennen:
Verhandlungen müssen einen Weg finden, um den Status Jerusalems als künftige Hauptstadt beider Staaten zu ermöglichen. 

Sie warnte vor den Gefahren der amerikanischen Pläne und dass Trumps Mission den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern unterbinde. Deutschland, Frankreich und die Türkei folgten den Sorgen der EU. Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einer "sehr gefährlichen Entwicklung", die den Konflikt "noch mal anheizt".

Die Arabische Liga fürchtet "Fanatismus und Gewalt" als Reaktion und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan droht, die Beziehungen zu Israel zu kappen.

Die israelische Regierung sieht Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt an. Die Aufteilung und der Status der Stadt sind ein zentrales Streitthema in einer Lösung zum palästinensisch-israelischen Konflikt. Im Jahr 1967 besetzte Israel infolge des Sechstagekrieges den zuvor von Jordanien annektierten Ostteil der Stadt und annektierte diesen selbst 1980. Die internationale Staatengemeinschaft erkennt die Annexion nicht an.

Das Weiße Haus gab an, der Status quo der heiligen Stätten Jerusalems werde beibehalten.
Washington betonte, dass der Präsident lediglich eine Realität bestätige, denn Jerusalem habe eine jüdische Vergangenheit und Gegenwart. Mit der Aufgabe der Konfliktlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt beschäftigt sich weiterhin ein US-amerikanisches Team, geführt durch Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Auch Kushner befürwortet den Umzug der amerikanischen Botschaftsvertretung nach Jerusalem.

Im Gazastreifen protestieren wütende Einwohner gegen die Entscheidung des US-Präsidenten.

Angesichts der Spannungen veröffentlichten die USA eine Reisewarnung für Reisen nach Jerusalem. Seit 1995, als der Kongress eine Verlegung der Botschaft beschlossen hatte, entscheiden die US-amerikanischen Präsidenten alle sechs Monate, ob diese Verlegung vertagt wird. Dies geschah seither immer. Auch Trump hatte schon einem Aufschub stattgegeben. Die radikal-islamistische Hamas droht mit einer neuen Intifada. Der Chef der Terrororganisation, Ismail Hanija, bezeichnete die Verlegung der US-Botschaft als "rote Linie". Der Sprecher des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, sagte gegenüber AFP:
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels zerstört den Friedensprozess.
Er führte aus:
Es lässt die Region in die Instabilität abrutschen. 

Jerusalem als geteilte Stadt zwischen Euphorie und Resignation 

Wenige Stunden nach der Erklärung Trumps zog es einige Palästinenser auf die Straßen. In der Altstadt Jerusalems wurden indes die amerikanische und die israelische Flagge auf die Mauern projiziert. Gleichzeitig erloschen die Lichter am Felsendom infolge eines Stromausfalls. Die linksgerichtete israelische Tageszeitung Haaretz schrieb, dass "die Erwartungshaltung bei den Palästinensern schon im Voraus so niedrig" gewesen seien, dass sie nichts mehr schocken konnte.
Während Regierungsführer der Welt warnten, wurden Journalisten bei der Suche nach O-Tönen im Ostteil der Stadt enttäuscht und wurden mit Kommentaren konfrontiert wie:
Nichts wird sich ändern, es ist uns egal, wir wollen nur leben. [...] Warum sollten die Leute Chaos wollen und eine Intifada starten, damit ihre Kinder sterben? 
Die Euphorie auf der israelischen Seite traf auf der palästinensischen auf Resignation. Vereinzelt machten Bilder die Runde von brennenden israelischen und amerikanischen Flaggen. Viel mehr an Hass könnte sich unterdessen im Ausland entladen. Für den kommenden Freitag sind auch in Malaysia Proteste der muslimischen Parteien Umno und PAS vor der US-amerikanischen Botschaft in Kuala Lumpur angekündigt worden. Auch in Istanbul kam es zu Protesten vor der amerikanischen Botschaft.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu forderte die anderen Länder in einer Videobotschaft auf, dem Beispiel der US-Regierung zu folgen. "Dies ist ein historischer Tag", sagte er.
Jerusalem ist die Hauptstadt Israels seit fast 70 Jahren. Jerusalem ist die Hauptstadt des jüdischen Volkes seit 3000 Jahren gewesen.
Die Tschechische Republik hat bereits angekündigt, den Schritt der USA nachvollziehen zu wollen. Auch der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat israelischen Quellen zufolge seinen Wunsch geäußert, die diplomatische Vertretung seines Landes in Israel nach Jerusalem zu verlegen.

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