Bei der Frage nach der ersten Gotteserfahrung sagen
manche, sie hätten erst allmählich erkannt, dass der Gott, von dem sie in
Büchern, Liedern oder durch andere Menschen gehört hätten, wirklich und für sie
persönlich erfahrbar sei. Andere hingegen schlugen heftig und voller Skepsis
gegen die Himmelstür (als der Himmel für sie nur hypothetisch existierte) und
verlangten eine Antwort auf die Frage, ob ein Himmel existiert. Ihre
kompromisslos rationale Haltung veranlasste sie, Gott so in die Ecke zu
treiben, dass sie als Antwort eigentlich eher mit einem Blitzschlag hätten
rechnen müssen als mit göttlichem Segen. Ihre Forderung nach Zeugnissen und
Beweisen wurde nur selten wunschgemäss erfüllt, doch irgendwann einmal stellten
sie erstaunt fest, dass sie mit einem realen Wesen rangen, mit einem Wesen, das
nicht in menschliche Worte gefasst oder mit menschlichen Massstäben gemessen
werden konnte, und dass es sich nicht um eine Vorstellung oder eine Abstraktion
handelte. Dieser Gott stand ausserhalb ihrer Kontrolle und entsprach nicht dem
Bild, das sie sich von ihm gemacht hatten; er war nicht jemand, den man
"auf seine Seite bringen" und zum eigenen Vorteil nutzen konnte,
"kein gezähmter Löwe", wie sich C.S. Lewis in seinem Chronicles of
Narnia ausdrückte. Unabhängig davon, wie schwach oder stark ihre Hoffnungen
oder Zweifel gewesen waren, unabhängig auch davon, für wie stark sie ihren
Glauben bis dahin gehalten hatten, diese Erkenntnis traf sie wie ein Schlag.
Wie auch immer die erste Begegnung aussah, allen Berichten
zufolge erwies sich die daraus entstehende Beziehung über die Erwartungen
hinaus als fordernd, lohnend und bisweilen auch beunruhigend. Alle Befragten
bezeugen, dass sie an Wendepunkten in ihrem Leben, wo die menschliche
Voraussicht und menschliches Wissen nicht mehr ausreichten, Gott um seine
führende Hand baten und diese auch erhielten; wie sich herausstellte, wurden
alle durch Gottes Führung absolut zum richtigen Ziel gelenkt, wenn auch
vielleicht nicht in die Richtung, die man sich gewünscht hatte. Einige gingen
Risiken ein, die sie allein niemals auf sich genommen hätten, setzten sich
unglaublich hohe Ziele und erreichten diese auch. Einigen half Gott in
unerwarteter Weise über Schwierigkeiten und extreme Notlagen hinweg; andere
führte er durch die Hölle auf Erden und befreite sie wieder daraus; einigen
nahm er in Situationen alle Angst, wo sämtliche Gründe dafür sprachen,
ängstlich zu sein. Gott liess Menschen abrupt innehalten, obwohl sie dies gar
nicht wollten, als sie im Begriff waren, einen schweren Fehler zu begehen. Gott
hat Menschen in einer Weise verändert, wie sie es aus eigener Kraft nie
vermocht hätten, auch wenn sie sich sämtlichen Psychotherapien unterzogen hätten.
Gott ermöglicht es ihnen, die nicht Liebenswerten zu lieben, das Unverzeihliche
zu vergeben. Und Gott hat auch ihnen das Unverzeihliche vergeben, so dass sie
sich selbst vergeben konnten.
War all das "spirituelle" Hilfe? Nach diesen
Aussagen zu urteilen nicht. Gott ist ein mächtiger und handelnder Gott, der
eingreift, wo, wann und über welchen Weg es ihm gefällt. Der Ausdruck
"Hinterlist Gottes" stammt von einer Bischöfin. Gottes Eingreifen ist
nicht immer nett, freundlich und angenehm. Er hält sich nicht an die
menschlichen Regeln und geht nicht auf unseren Wunsch ein, die Dinge
vorauszuplanen. Manchmal scheint Gott eine ausgeprägte Vorliebe für Rettungen
in allerletzter Minute zu haben. Gott tritt nicht immer auf den Plan, wenn wir
ihn rufen, er gibt uns nicht immer das, was wir brauchen, ja er schützt uns
nicht einmal immer vor schrecklichem Schmerz und Kummer. Gott setzt höhere
Massstäbe als der Mensch, und er ist streng in seiner Gnade, doch seine
Versöhnlichkeit und Liebe sind unbegrenzt.
Der beste Beweis ist nicht ein Wunder, sicher auch
nicht Erfolg, Glück oder das sichere Gefühl, dass meine Gebete so erhört
werden, wie es mir passt. Es ist vielmehr der aussergewöhnliche, alles auf den
Kopf stellende, faszinierende Kurs, den mein Leben eingeschlagen hat, seit ich
mich auf diesen Dialog mit Gott eingelassen habe - dem man, hat man ihn einmal
begonnen, praktisch nicht mehr entrinnen kann.
Kelly Ferguson
Kelly Ferguson
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