"China ist kein Feind" – Offener Brief an US-Präsident Donald Trump

"China ist kein Feind" – Offener Brief an US-Präsident Donald Trump
In einem offenen Brief wenden sich mehr als 90 hochrangige US-amerikanische Regierungsmitglieder und Akademiker, aber auch Botschafter und Militärs an US-Präsident Donald Trump. Sie unterbreiten ihm ihre Sicht der Dinge auf seine Sanktionspolitik gegen China. 
 
Die Unterzeichner des offenen Briefes an US-Präsident Donald Trump legen in sieben Punkten eine Analyse der gegenwärtigen Situation mit dem größten Handelspartner der USA dar und machen Vorschläge für eine weitere Vorgehensweise. Im Wortlaut wird zwar nicht auf die übliche Kritik an der chinesischen Innenpolitik verzichtet, die Verfasser weisen aber darauf hin, dass im US-Kongress angeblich zu keinem Zeitpunkt ein Konsens darüber bestanden habe, eine "kontroverse Haltung gegenüber China" einzunehmen.

USA und China einigen sich auf Wiederaufnahme der Handelsgespräche

Während seiner Präsidentschaftskampagne im Jahr 2016 hatte Trump auf eine scharfe Rhetorik gegen China gesetzt, um Unterstützer für seine Wahlkampagne zu gewinnen, und ist dieser Haltung als Präsident treu geblieben. Insofern kann das Papier zwar als wohlgemeinte Geste gegenüber China gewertet werden – der Verdacht, dass es sich um einen Versuch handelt, Donald Trump innenpolitisch weiter zu isolieren, steht aber im Raum.

Der Brief skizziert sieben Vorschläge, wie die USA moderate Kräfte in China fördern und die Zusammenarbeit mit Washingtons Partner in Fernost verbessern könnte.

Die Unterzeichner des Schreibens argumentieren, dass Peking "kein wirtschaftlicher Feind oder eine existenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit" sei und dass die Bemühungen der USA, sich von China wirtschaftlich zu lösen, Washingtons internationale Rolle und Ansehen schädige.
Außerdem seien die Befürchtungen, China könne die USA als Weltmarktführer ablösen, "übertrieben", da nicht klar sei, ob Peking eine solche Position überhaupt erreichen wolle – oder könne. Chinas autoritäre Regierung sei, so ein Fazit aus dem Schreiben, nicht in der Lage, "breite internationale Unterstützung zu erhalten".
Die Vereinigten Staaten können den Aufstieg Chinas nicht wesentlich bremsen, ohne sich selbst zu schaden. (...) Die Bemühungen, China zu isolieren, werden die chinesische Absicht, eine humanere und tolerantere Gesellschaft zu entwickeln, nur schwächen.
Diese Aussage eröffnet aber den Blick auf den Balanceakt, den die US-Regierung losgelöst von Trumps Präsidentschaft hinsichtlich China vollführen muß. Während man in den vorgeblich unbeliebten Sanktionen gegen China eine Gefahr für die eigene Wirtschaft sieht, stellen diese aus Sicht einiger US-Strategen aber auch eine Chance für einen vermeintlichen sanften Regimewechsel in Peking dar.


Die derzeitige Handelspolitik wird von den Strategen als eine Möglichkeit zur Schwächung des amtierenden chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping wahrgenommen, der bei vielen Repräsentanten der US-Regierung unbeliebt ist. Die Sanktionen, so die Überlegungen der Analysten, könnten potenziell gemäßigtere und den USA eher geneigte Kräfte innerhalb des chinesischen Regierungsapparates an die Oberfläche bringen. In dem Papier wird die gegenwärtige Situation so zusammengefasst:
China hat nicht gewonnen, aber auch nicht verloren.
Diese Aussage könnte sich aber durchaus auch auf Donald Trump beziehen, der sich für das Jahr 2020 zur Wiederwahl stellen will. Da seine Handelspolitik mit China ein zentraler Baustein im Fundament seiner Präsidentschaft ist, kann der nun veröffentlichte Brief auch – und vielleicht gerade – als innenpolitisches Manöver oppositioneller Kräfte in den USA gewertet werden.

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